FOTOGRAFIE: Vor der Linse

Menschen am Strand: Einer raucht, ein anderer liest oder betrachtet das Meer, ein dritter taucht in die Wellen ein, Kinder spielen mit einem Ball, eine Gruppe unterhält sich. Auf den riesigen, gestochen scharfen Strandbildern des 1944 in Como geborenen Fotografen Massimo Vitali entdeckt das Auge immer wieder neue Details. Vitali nimmt seine Landsleute ins Visier und drückt auf den Auslöser wenn er hinreichend komplexe Situationen vorfindet, ein visuelles Rauschen entsteht – ein Abbild der Freizeit- und Konsumgesellschaft. Auch wenn ihm die einzelne Person wichtig ist, so zählt dennoch letztlich vor allem der Kontext, in dem gerade etwas passiert.

Die Herangehensweise von Vitali ist denn auch nur eine unter vielen – wie die zurzeit vom Centre National de l’Audiovisuel (CNA) organisierte Ausstellung dokumentiert. Unter dem Titel „Kaléidoscope d’Italie“ sind hier die FotografInnen von den 50er Jahren bis heute zu entdecken, die in der fotografischen Entwicklung wegweisend waren. Neben den mannigfaltigen Sujets zeugt „Kaléidoscope d’Italie“ von der Vielfalt der Herangehensweisen – von der mehr künstlerischen bis zur eher dokumentarischen – und somit auch von der Bandbreite der technischen Möglichkeiten derer sich einzelne FotografInnen bedienen, um ihren Blick auf die Welt zu vermitteln. So benutzen die ausgestellten KünstlerInnen neben verschiedenen teils altmodischen Herstellungsverfahren wie Silberverbindungen denn auch unterschiedliche Trägermaterialien und Formate für ihre Fotos. 2009 etwa experimentierte Sergio Scabar in seinen aufwändig produzierten Einzelbildern mit Silbersalzen: Das Resultat sind dunkle Stillleben. Während es Scabar vor allem um die Materialität seiner Bilder geht, konzentrieren sich andere Fotografen eher auf ihr Sujet. Besonders ausgeprägt ist dies bei den so genannten Paparazzi ? jenen sensationsgierigen Pressefotografen, die Prominenten nachstellen. Zu den ausgestellten Medienfotografen, zählt der Autodidakt Pierluigi Praturlon, der viele Scoops von Stars wie Greta
Garbo oder Sophia Loren landete. Ganz anders dagegen die Fotos von Paolo Venturas: Statt die vorgefundene Realität einzufangen, konstruiert und inszeniert Venturas seine Sujets. In seiner Serie „Winter Stories“ von 2008 erscheinen Zirkus- oder Märchenwesen in einem realen Kontext.

„Kaléidoscope d’Italie“ gibt somit einen kleinen Einblick in das vielfältige Schaffen ausgewählter italienischer FotografInnen und reflektiert ihre Arbeit vor dem Hintergrund ihres Jahrzehnts, der Entwicklungen der Kunst und der Medien. Zwar bekommen die BesucherInnen so eine gute Übersicht über die vielfältigen Techniken ? allerdings erfahren sie nicht, inwiefern die italienische Fotografie eine eigene Herangehensweise pflegt, die sie von der Entwicklung in anderen Ländern unterscheiden würde. Auch kommen spezifisch italienische Themen ebenfalls zu kurz, zum Beispiel fehlen die Aufnahmen einer Letizia Battaglia. Die sizilianische Fotografin wurde vor allem durch ihre politischen Bilder von Mafiamorden und -anschlägen bekannt.

„Kaléidoscope d’Italie“, bis zum 29. November im CNA und bis zum 5. Dezember im Centre d’Art Dominique Lang in Dudelingen.


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