Regisseur Spike Jonze liefert mit „Where the Wild Things Are“ eine berührende Verfilmung des gleichnamigen Kinderbuches von Maurice Sendak, die eine Alternative zu herkömmlichen Kinderfilmen bietet.
Max rennt brüllend aus seinem Zimmer, läuft die Treppe hinunter und stolpert weiter durch den Flur. Als er endlich seinen Hund eingeholt hat, wirft er sich auf ihn. Die ersten Bilder von „Where The Wild Things Are“ bereiten den Zuschauer nicht nur auf das kindliche Rumtollen – das immer wieder im Film vorkommt – sondern auch auf die Lautstärke vor.
Max (Max Records) lebt mit seiner Mutter und seiner älteren Schwester zusammen. Der Junge fühlt sich zunehmend von beiden allein gelassen. Die Aufmerksamkeit, die ihm seine Mutter schenkt, ist vergessen als ihr Freund zum Abendessen kommt. Daraufhin nimmt Max sein Wolf-Kostüm aus dem Schrank, stellt sich trotzig auf den Tisch und beißt seine Mutter bei einer Auseinandersetzung in den Arm. Erschrocken über seine eigene Tat rennt er aus dem Haus. Draußen flieht er in eine Fantasiewelt in der er auf große, haarige Monster trifft die damit drohen, ihn zu aufzufressen. Max erzählt ihnen, er sei ein König der die Wikinger besiegt hat. Die Monster akzeptieren ihn daraufhin sofort als ihr Oberhaupt. Trotz dem Spaß, den alle haben, ist die Stimmung stets nah am Kippen, und die wilden Dinger merken bald, dass ihr König ihren hohen Erwartungen nicht gewachsen ist.
Die Originalversion von „Where the Wild Things Are“, die seit 1963 Kinderherzen in der ganzen Welt erobert, beinhaltet neben sämtlichen Illustrationen nur zehn Sätze Text. Um das Material für einen Spielfilm zu erhalten, hat Spike Jonze mit Autor Dave Eggers zusammengearbeitet, der in seinem, zum Pulitzer Preis nominierten Werk, „A Heartbreaking Work of Staggering Genius“ bereits die harten Seiten des Lebens aus Kinderaugen betrachtet hat. So ist auch „Where the Wild Things Are“ ein Kinderfilm, der weniger die unbeschwerte Seite der Kindheit thematisiert, sondern die Momente, in denen ein Kind zum ersten Mal Einsamkeit und Wut erlebt. Es geht um die unvermeidlichen Tränen, die nach jedem Rumtollen fließen, nicht um das lustige Toben selbst. Die Monster, mit denen Max Freundschaft schließt, stellen dabei geschickt verschiedene Charakterzüge dar, die an den Jungen im wahren Leben erinnern. So ist Carol eifersüchtig und impulsiv, Alexander fühlt sich ignoriert, Judith ist rebellisch und KW hat Schwierigkeiten, ihren Platz in der Familie zu finden. Auch wenn sich das Drehbuch vom Buch entfernt, ist Jonze der Idee und der Ästhetik des Originals treu geblieben. Die atemberaubenden Szenen in Wald, Wüste und am Strand sind wunderschön und durch ihre Farben und Einsamkeit bedrückend zugleich. Die Musik, geschrieben von Karen O (Frontfrau der Yeah Yeah Yeahs) reißt immer wieder dann mit, wenn der Film ein wenig ins Trudeln gerät. Auch der subtile Humor lockert viele Szenen auf, bevor sie zu melancholisch werden. Dies wäre ohne das perfekte Timing der Schauspieler nicht möglich. Hier treffen bekannte Gesichter der Filmwelt wie Catherine Keener, James Gandolfini und Catherine O`Hara auf talentierte Newcomers wie Paul Dano, Lauren Ambrose und Max Records. Vor allem letzterer spielt mit erstaunlichem Fingerspitzengefühl ein Alter, das der Zwölfjährige selbst erst knapp hinter sich hat.
„Where the Wild Things Are“ sollte sich jeder ansehen, der auf einen originellen Kinderfilm ohne Prinzessinnen, Zauberstäbe oder 3D Animationen gewartet hat. Für die Kleinsten ist der Film nicht geeignet – Zuschauer unter sechs sind nicht zugelassen – doch alle anderen werden mit Max und den Monstern mitfiebern.
„Where The Wild Things Are“, im Utopolis und CinéBelval.