Am 15. Oktober wird sich herausstellen, ob Transportminister Lucien Lux als Schienenvernichter in die Geschichte eingeht. Ein Treffen mit der Initiative „Fir en attraktiven Schinnenverkéier an der Nordstad“ soll klären, ob der ehemalige Eisenbahner das kürzlich vorgestellte Verkehrskonzept für die Nordstad in aller Konsequenz mitträgt.
Gleich fünf Planungsbüros hatten die Nordstad-Protagonisten damit beauftragt, sich Gedanken über die urbanistische und verkehrstechnische Nutzung des Gebietes zwischen den Bahnhöfen Ettelbrück und Diekirch zu machen. Anlässlich der „semaine de la mobilité“ ließen die Minister für Landesplanung, Bauten und Verkehr sowie die Bürgermeister der „Nordstad“-Gemeinden die Katze aus dem Sack: Alle Studien seien zum Schluss gekommen, die Schienenverbindung zwischen den beiden Nordgemeinden solle einem neuen Verkehrskonzept weichen. Vorgeschlagen wird, zunächst auf effiziente Busverbindungen und später – wenn denn die nötige kritische Masse erreicht würde – auf eine Tramverbindung zu setzen.
Auch wenn Verkehrsminister Lucien Lux sich nicht eindeutig hinter dieses Konzept stellt – es sei falsch zu behaupten, er sei für eine solche Lösung, so der Minister – so gab er doch zu verstehen, sich einem von der politischen Mehrheit geforderten Konzept nicht widersetzen zu wollen. Bevor er eine „vorschnelle“ Entscheidung treffe, wolle er noch einmal mit allen Akteuren Rücksprache halten.
Den Anfang macht die von diversen Vereinigungen und den beiden Eisenbahnergewerkschaften getragene Initiative „Fir en attraktiven Schinneverkéier an der Nordstad“, die sich resolut für den Erhalt der Bahnverbindung zwischen Ettelbrück und Diekirch einsetzt. Einerseits widersprechen die Schienen-Anhänger der Feststellung, die Verbindung zwischen den beiden Nordgemeinden wäre schlecht frequentiert. „Wenn die Zählungen ergeben, dass im Schnitt nur 20 Passagiere die Bahn zwischen Ettelbruck und Diekirch nutzen, so sagt das noch nichts über die Schwankungen aus“, sagt dazu der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft FNCTTFEL Nico Wennmacher. Wie attraktiv die Strecke tatsächlich ist, zeige sich in den Spitzenstunden und vor allem bei den Verbindungen die direkt von Diekirch in die Hauptstadt führen: „Da können es auch schon mal dreistellige NutzerInnen-Zahlen sein.“
Bestehenden Korridor nutzen
Statt die Schienenverbindung ersatzlos abzubauen, setzen sich die Eisenbahnanhänger für eine Verbesserung des Taktes und die Einführung zusätzlicher Haltepunkte ein. Für Maurice Losch, Mitglied der Denkfabrik „Nordstad“ und Mitbegründer der „Nordstad Tram a.s.b.l.“ ist die aktuelle Eisenbahntrasse durchaus mit dem weiterführenden Konzept eines Train-Tram, der später auch die bestehende Nordstrecke befahren könnte, vereinbar. Eine erste Etappe wäre die Widerbelebung der noch bestehenden Eisenbahnlinie bis Bissen, später könnte dann auch wieder bis Gilsdorf gefahren werden, womit der gesamte zentrale Korridor der zukünftigen „Nordstad“ von einem modernen, angepassten Transportsystem bedient würde.
Die stattdessen vorgeschlagene Lösung eines intensiven Bussystems stößt bei der Schienen-Initiative auf wenig Gegenliebe: Solange es den bestehenden „boulevard urbain“ zwischen Ettelbrück und Diekirch nicht gebe, sei an einen attraktiven Busdienst nicht zu denken. Es sei geradezu absurd, so Wennmacher, andauernd neue Busverbindungen zu schaffen, da wo Züge fahren: „Laut IVL sollen die Schienenverbindungen das Rückgrat des öffentlichen Verkehrssystems darstellen, den Bussen kommt dabei eine Zubringerrolle zu.“ Dass die Studien einstimmig zu Ungunsten einer Schienenlösung ausfallen, wundert Wennmacher kaum: Die Auftraggeber bekommen in der Regel das Ergebnis, was sie sich wünschen. Ein Verdacht, den ein Blick in das Lastenheft bestätigt: eine „Neustrukturierung“ des bestehenden Schienenareals und der „Zugang zu potenziellen Baugrundreserven“ sind da schon als gegeben vorausgesetzt.