ISLAM: Auf zum Luxemburger Djihad

Der heilige Krieg gegen den Islamismus breitet sich auch in Luxemburg aus. Statt mit den Waffen von Integration und Toleranz zu kämpfen, verstärkt der Staat sein Arsenal der Ausgrenzung.

Zugegeben, sie wirken etwas exotisch, die Männer mit den Bärten, die sich seit einiger Zeit in einem Bonneweger Lokal versammeln – wenn auch nicht mehr als „Brüder“ anderer Religionsgemeinschaften. Am Montag in der Frühe wurde die „Association des musulmans du Luxembourg“ im Rahmen einer polizeilichen Aktion gegen „Islamistenkreise“ Zielscheibe einer Hausdurchsuchung. Grund: Hinweise auf Bildung einer kriminellen Vereinigung. Und die Polizei, so ihre spätere Pressemitteilung, wurde fündig: Propaganda-Material, das zum Heiligen Krieg aufrufe, sei sichergestellt worden.

In der Presse wurde bislang vor allem über die Übergriffe der Polizei gegenüber „Unschuldigen“ berichtet, die Opfer einer Verwechslung wurden. Die Aktion an sich, die soweit der Öffentlichkeit bekannt, zu recht mageren „Ergebnissen“ führte, wurde dagegen weniger kommentiert. Da wäre einmal die Tatsache, dass Aufwand und Resultat – zwei Tunesier ohne Aufenthaltserlaubnis in Abschiebehaft sowie die Sicherstellung des erwähnten Propagandamaterial auf der einen Seite, rabiates Durchgreifen auf der anderern – nicht gerade in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen. Das Zentrum in Bonneweg wurde weder geschlossen, noch kam es zur Verhaftung von Verantwortlichen.

Es wäre nicht das erste Mal, dass forsche Aktionen von Polizei- und Justizapparat gegen angebliche Islamisten sich als Schlag ins Wasser erweisen. Ein Beispiel, das in Luxemburg wohl für erhöhte Skepsis gegenüber der Subtilität Luxemburger Ermittler gesorgt hat, ist die Ausweisung des Algeriers Ahmed Flidja am 4. Juli 2000. Der Mann sei laut Schengener Informationssystem gefährlich und bewaffnet gewesen, und stehe der Terrorgruppe GIA nahe, hatte damals Justizminister Luc Frieden vor dem Parlament erklärt. Seit einigen Tagen ist Ahmed Flidja ein freier Mann und hat in Frankreich eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Die Annahme, er sei eine Bedrohung für die öffentliche Ordnung, wurde fallengelassen.

Es drängen sich aber auch generellere Fragen zum Umgang des Luxemburger Staates mit der islamischen Bevölkerung auf. Während er auf der einen Seite die Muskeln gegenüber mutmaßlichen Islamisten spielen lässt – mit welcher Berechtigung, muss sich zeigen – erschwert er auf der anderen Seite die Integration der zweitgrößten Religionsgemeinschaft im Land. 1999 stellte das „Centre culturel islamique“ in Mamer einen Antrag auf Konventionierung, wie sie auch schon für die katholische, die jüdische und andere (christliche) Glaubensgemeinschaften gilt. Trotz angeblich positiver Grundhaltung der Regierung ist der Antrag bis heute nicht angenommen.

Was auch immer von diesen Konventionierungen zu halten ist, die den Religionsgemeinschaften in erster Linie zu Staatsknete verhelfen, die heutige Situation trägt nicht dazu bei, das Vertrauen islamischer BürgerInnen in Toleranz und Entgegenkommen der Luxemburger Entscheidungsträger zu stärken. Eine konkrete Konsequenz ist zum Beispiel, dass es keinen islamischen Friedhof in Luxemburg gibt. Fügen wir dem hinzu, dass gerade moslemische Flüchtlinge von Abschiebungen bedroht sind, derweil in Polen und Tschechien nach Arbeitskräften geworben wird. Oder dass Personen nordafrikanischer Herkunft zu jenen Nationalitäten gehören, die bei der Regularisierung am schlechtesten wegkamen. All diese Elemente zusammen bewirken, dass Moslem-Sein in Luxemburg im Alltag immer noch Ausgrenzung bedeutet. Und Aktionen wie die vom Montag vertiefen den Graben zusätzlich. Ein Nährboden für Fundamentalismus.


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