SICHERHEITSKULTUR: Wirrwarr der Verantwortung

Die Gewerkschaft des Gemeindepersonals verlangt nach dem Urteil im Fall Luca vom Innenministerium und dem Syvicol mehr Engagement.

Vor rund vier Jahren starb der sechsjährige Luca in der Maison relais in Steinsel durch einen tragischen Unglücksfall: Er wurde von einem umstürzenden Schrank erschlagen. Das Gericht hat kürzlich die Urteile gesprochen. Verurteilt wurden die frühere Vorsitzende der Maison relais und der Gemeindebeamte für Sicherheit zu jeweils 12 Monaten Gefängnis auf Bewährung und zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro. Zwei Erzieher kamen mit 10 Monaten auf Bewährung und 5.000 Euro etwas glimpflicher davon.

Der tragische Tod des kleinen Jungen ist ein Fall, der das Thema Aufsicht, Sicherheit und Verantwortlichkeit in öffentlichen Institutionen mit Nachdruck auf die Tagesordnung bringt. Mehrere Akteure haben sich zu Wort gemeldet und jeder sieht die Verantwortung woanders. Gefordert werden aber von allen klarere Zuständigkeiten, und damit ein höheres Maß an Rechtssicherheit. So kritisieren die „Association Profesionelle des Educateurs Gradués“ (Apeg) und die „Association des Educateurs“ (Apel) in einem Communiqué, dass das Gericht die Hauptschuld an dem Vorfall dem Erziehungspersonal gegeben hat, obwohl die Sicherheitsmaßnahmen für die Infrastruktur gemäß dem Artikel 18 des Règlement grand-ducal zur Organisaton der Maisons relais im Zuständigkeitsbereich des Trägers – in diesem Falle der Gemeindeverwaltung – lagen. Die Gewerkschaft des Gemeindepersonals (FGFC) ihrerseits spricht in einer in dieser Woche abgehaltenen Pressekonferenz von der politischen Verantwortlichkeit: Die FGFC respektiere den Urteilsspruch des Gerichts, doch verlange sie auch einen stärkeren Einsatz der Politiker für eine bessere Sicherheitskultur. Denn, so Daniel Cardarelli, FGFC-Präsident: „Viele Dossiers sind seit Jahren bei unseren öffentlichen Arbeitgebern auf taube Ohren gestossen und oft nur müde belächelt worden.“ Auch gehe es nicht an, dass die diversen Regierungsvertreter und das Patronatssyndikat Syvicol sich hinter diesem Urteil in der Hoffnung verstecken, dass das Unglück ein Einzelfall bleibt. Die Sicherheitsverantwortlichkeiten in den Gemeinden müssten klarer definiert werden, fordert die FGFC.

Hier fehlt vor allem eine klare Arbeitsbeschreibung und eine Weiterbildung der Sicherheitsbeauftragten. Dies gilt jedoch nicht nur für diese – auch andere Akteure auf Gemeindeniveau, Erzieher, Schwimmeister, Feuerwehrleute und Busfahrer haben einen dringenden Bedarf an solchen Maßnahmen. Sie agieren oft in einem rechtlichen Vakuum und können somit bei einem Vorfall belangt werden. „Auch hier wird einfach die Verantwortung an das schwächste Glied der Kette weitergegeben“, kritisiert Generalsekretär Marco Thomé. „Jeder Einzelne muss in jedem Moment wissen, wofür er verantwortlich ist und welche Risiken er eingeht, wenn er diesen Verantwortlichkeiten nicht gerecht wird“. Deshalb sollten das Innenministerium und der Syicol alle Kritikpunkte auf die Tagesordnung der Zentralkommission setzen. Auch der Staat – so die Kritik weiter – erfüllt nicht gerade eine Beispielfunktion, wenn er etwa den „Service National de la Sécurité“ mit gerade einmal zwei Inspektoren ausstattet, die für den gesamten Staatsapparat plus die Gemeinden zuständig sind. Weiter moniert die FGFC, dass die zweitägige Weiterbildung, die zum Sicherheitsdelegierten auf Gemeindeebene qualifiziert, nicht ausreicht. Zudem müsse auch eine ausreichende Arbeitszeit gewährleistet sein: Der FGFC fordert für eine mittlere Gemeinde mindestens eine Halbtagsstelle für diese Aufgabe. Aber auch grundsätzlichere Fragen seien bis heute ungeklärt ? zum Beispiel, wie die gesetzlichen Verantwortlichkeiten in puncto Sicherheit zwischen Bürgermeister, Schöffenrat und Personal eigentlich verteilt sind.


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