ÜBERLANDBUSSE: 3 Euro pro Fahrgast

Ab 1. Mai treten Fahrplanänderungen im Bereich der RGTR-Busse in Kraft. Ein „comité des usagers“ soll in Zukunft Verbesserungsvorschläge zum Angebot im öffentlichen Transport unterbreiten.

Als Jean-Claude Juncker am 7. Mai 2010 anlässlich seiner Rede zur Lage der Nation umfangreiche Sparmaßnahmen ankündigte, blieb auch der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) nicht verschont. Dem Premier waren leerfahrende Busse ein Dorn im Auge. Hieß das, dass nach Jahren des Ausbaus der öffentlichen Verkehrsmittel nun wieder auf die Bremse getreten würde?

Der Minister für nachhaltige Entwicklung und Infrastrukturen, Claude Wiseler (CSV), musste sich damals heftiger Proteste aus den Reihen der Umweltverbände erwehren. Es gehe nicht darum, einfach nur den Rotstift anzusetzen, sondern den bestehenden Fuhrpark effizienter einzusetzen, wandte er ein. Ein Jahr später kann der Minister nun mit ersten Ergebnissen aufwarten: Aus dem Fahrplanheft der RGTR-Buslinien – also der Überlandlinien ohne die regional betriebenen Busse der AVL und des TICE – werden ab dem 1. Mai fünf Verbindungen gestrichen.

Die ÖPNV-NutzerInnen dürfen aber beruhigt sein – gleichzeitig mit diesen Kürzungen werden eine ganze Reihe Angebotsverbesserungen vorgenommen: Statt mit 111 Millionen wie im Jahre 2010 wird der RGTR-Dienst 2011 mit 121 Millionen Euro bezuschusst. Dieser Batzen Geld muss freilich in seinem Verhältnis zu einem logistischen Angebot betrachtet werden, das es in sich hat: 298 RGTR-Linien bedienen 572 Ortschaften in Luxemburg und 67 im nahen Grenzgebiet. 640 Busse sind täglich im Einsatz. 2010 fuhren sie insgesamt 41,8 Millionen Streckenkilometer ab und beförderten rund 43 Millionen Passagiere. Demnach legt der Staat pro Fahrt schätzungsweise fast 3 Euro drauf.

Doch langfristig dürfte diese Zuzahlung sich rentieren. Durch die Angebotsverbesserung nimmt nicht nur die Zahl der NutzerInnen zu, die Nachfrage verlagert sich auch immer mehr auf Fahrten außerhalb der Spitzenstunden und verbessert auch in diesen Zeitspannen den Nutzungsgrad. Mehr Busse führen so zu mehr Flexibilität und machen den Verzicht auf das Auto für neue KundInnen um so einfacher.

Trotzdem bleibt in Sachen Benutzerfreundlichkeit noch immer viel zu tun. Gerade die Information für spontane NutzerInnen lässt sehr zu wünschen übrig. Ein flächendeckendes Informationsleitsystem, wird in naher Zukunft aber nicht realisiert werden können. Minister Wiseler machte auf den hohen organisatorischen Aufwand aufmerksam: 4.800 Haltestellen und 32 verschiedene Busunternehmen machten die Sache um einiges komplizierter als in der Hauptstadt.

Eine Verbesserung soll es aber ab Herbst 2011 geben: Dann wird endlich das „comité des usagers“ eingesetzt, in das zwölf repräsentative, aber unabhängige ÖPNV-NutzerInnen jeweils für drei Jahre berufen werden. Sie sollen anhand eigener Erfahrungen, aber auch auf Basis der täglich eingehenden Beschwerden, Verbesserungen vorschlagen.

Ein erster Versuch mit einem solchen Komitee war 2007, noch unter Transportminister Lucien Lux (LSAP), gemacht worden. Damals setzte sich das Gremium aus Vertretern diverser, im ÖPNV aktiver Vereine und Verbände zusammen. Schnell stellte sich allerdings heraus, dass sich hier dieselben Leute zusammenfanden, die schon in anderen Planungs-Gremien tätig waren, dass authentische, unabhängige Stimmen aber weitgehend fehlten.

Über eine Medienkampagne und die Homepage des Verkehrsverbundes werden nun ab Juni interessierte BürgerInnen aufgerufen, sich zu melden. Die Teilnahme ist ehrenamtlich, doch wird dem Komitee ein Sekretariat und ein Moderator zur Seite gestellt.

Auch wenn damit endlich eine alte Forderung des Méco umgesetzt wird, so bedauert Laure Simon, ÖPNV-Sprecherin der Umweltgewerkschaft, doch, dass die Verbände in letzter Zeit nicht enger in die Planungsvorhaben des Nachhaltigkeitsministeriums miteinbezogen wurden. Um das nötige politische Gewicht für den Wandel zu einer anderen Verkehrspolitik zusammenzubekommen, würden in der Debatte auch weiterhin privilegierte Verhandlungspartner gebraucht. Es sei unschön, dass sie die jetzt beschlossenen Änderungen erst aus der Presse erfahren habe.


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