ROCK: Spokes: Der Ninja des Post-Rock

Es ist ein interessanter Zufall, dass Spokes, eine fünfköpfige Post-Rock/Folk/Slowcore Band aus Nordengland, bei Ninja Tunes unter Vertrag ist. Nicht, weil dieses Label eher für seine elektronisch ausgerichteten Acts bekannt ist, sondern, weil die Band einem Ninja nicht unähnlich ist: Spokes ist eine unauffällige Band, deren Musik einem manchmal das Herz gefrieren lässt.

Die fünf Musiker – Owain Davies, Liam Morley, John-Michael Hedley, Ruth Ilgunas und Matthew Baty – fanden 2006 durch Freund- und Verwandtschaften zusammen und haben neben den klassischen Rockband-Instrumenten durch Ruth auch eine Violinistin als festes Mitglied. 2008 veröffentlichten sie ihre erste EP, „People Like People Like You“, in Eigenarbeit. Diese war schnell ausverkauft und brachte den Stein ins Rollen: Sie wurden zu verschiedenen Festivals eingeladen, wo sie unter anderem mit „Razorlight“ und „The View“ auftraten, und machten so auch das Ninja Tunes Sub-Label Counter Records auf sich aufmerksam, das 2009 ihre Debut-EP wiederveröffentlichte.

Für die Veröffentlichung ihres Debutalbums, „Everyone I Ever Met“, im Januar 2011, zog sich die Band in ein Haus im Nordosten Englands zurück, dieses Mal mit dem Bestreben, ein Album in voller Länge zu produzieren.

Das Ergebnis bekam euphorische Kritiken in den britischen Musikmedien, und das nicht zu Unrecht. Das Album ist ein in sich geschlossenes Werk, in dem jeder Song für sich alleine stehen kann. Denn Spokes orientiert sich nicht an konventionellen Songstrukturen, sondern baut Spannungen auf, lässt diese mit einem gewaltigen Widerhall zusammenstürzen, um dann wieder in ganz sanfter Weise zur Melodie zurückzufinden. So wirkt das Album wie ein episches Werk mit zahlreichen Höhe- und Ruhepunkten.

Ein gutes Beispiel hierfür ist die Single „We Can Make It Out“, die mit einer von der Geige getragenen Melodie beginnt, die ihrerseits von Bass und Schlagzeug vorangetrieben wird, bis der choralische Gesang einsetzt und die Hauptrolle übernimmt. Kurz darauf bricht diese Klangwelle, um wieder der Geige das Feld zu überlassen und dem Song eine gewisse atmosphärische Ruhe zu gönnen, nur um dann wieder zu einem kraftvollen Ensemble zurückzufinden.

Dieses Spannungsverhältnis wird auch gut im dazugehörigen Video von Regisseur Dan Lowe wiedergegeben, in dem plätschernde Bäche sich mit windgefegten Heidelandschaften, der Ruhe eines Waldes und dem tosenden Meer abwechseln. Sowohl die Wahl der Instrumente als auch das Spielen mit emotionalen Höhen und Tiefen in „We Can Make It Out“ erinnert an Arcade Fire, ohne aber als deren billiger Abklatsch dazustehen.

Trotz der aufwendigen Songstrukturen ist die Art und Weise, die Gruppe ihre Stücke erschafft, unkompliziert und demokratisch. Mal schreiben Liam Morley und Owain Davies das Basisstück, zu dem die anderen Bandmitglieder ihre Instrumente so arrangieren, wie sie es wünschen, mal entstehen ganze Songs aus spontanen Jam-Sessions.

Genauso homogen funktioniert die Band auch auf der Bühne, wo die Musiker sich gegenseitig Raum lassen, um jedes der Instrumente in den Vordergrund zu rücken oder als Teil eines orchestralen Ensembles wirken zu lassen. Und so ist es auch nicht erstaunlich, dass sie manchmal, wenn sie durch den Sog der Musik in der Mitte der Bühne zusammenfinden und dann wieder ausfächern, um sich auf ihren jeweiligen Teil am Ganzen zu konzentrieren – tatsächlich wie die Speichen an einem Rad wirken, die der Band ihren Namen geben.

Am 30. Juli im Exit07.


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