WAHLAUSGANG: New Deal

Wer hat gewonnen, wer verloren? Darüber streiten noch die Parteien, während über Land bereits die ersten Koalitionen stehen. Die woxx behält kühlen Kopf und bietet einige Tage nach der Wahl einen kritischen Blick auf das Abschneiden sämtlicher angetretenen Parteien.

WECHSEL IN DER HAUPTSTADT
Kein Plebiszit
Richard Graf
Paul Helminger wirft das Handtuch und will damit dem Wählerwillen gerecht werden. Doch bewirkt er damit das Gegenteil.

 

Es sind 514 Stimmen, die Xavier Bettel am vergangenen Sonntag mehr auf sich vereinen konnte als der bisherige Bürgermeister Paul Helminger. Da auf jeden Kandidaten eine oder zwei Stimmen abgegeben werden können, ist davon auszugehen, dass es am Ende 257 WählerInnen waren, die den Ausschlag für Helmingers Rücktritt gaben. Das ist nicht einmal ein Prozent der 32.538 in Luxemburg-Stadt eingeschriebenen WählerInnen.

Die DP musste zwar insgesamt Stimmenverluste hinnehmen, was auch den Verlust eines Sitzes zur Folge hatte, doch eine Ablösung durch die CSV oder gar die LSAP – die beide ebenfalls Stimmen eingebüßt haben – steht nicht ins Haus. Angesichts auch im eigenen politischen Lager umstrittener Dossiers, wie Tram, Verkehrs- und Bautenpolitik, sicherlich ein anständiges Ergebnis, das logischerweise zur Fortsetzung der blau-grünen Koalition führen wird.

Dieser relative Erfolg wurde erreicht, obwohl mit Colette Flesch und Anne Brasseur zwei wichtige DP-Figuren nicht mehr antraten. Da zudem der Spitzenkandidat Paul Helminger gegenüber den Wahlen von 2005 gut ein Fünftel persönlicher Stimmen einbüßte, erklärt sich das DP-Ergebnis vor allem durch eines: einen Zuwachs an Listenstimmen. Tatsächlich hatten die Liberalen, die als traditionelle „Notablen“-Partei ihre Resultate eher durch Personenstimmen erreichen, beim Urnengang am vergangenem Sonntag einen Zuwachs bei den Listenstimmen um 7,4 Prozent zu verzeichnen.

Wenn die Annahme richtig ist, dass Listenstimmen, die ja als eine Stimme für jeden auf der Liste aufgeführten KandidatInnen gewertet werden, vor allem ein Ausdruck dafür sind, dass die WählerInnen sich mit dem Programm und der Personalaufstellung – also auch dem von der Parteisektion aufgestellten Spitzenkandidaten – insgesamt einverstanden erklären, dann dürften am Sonntag weit mehr DP-Wähler für Paul Helminger als für seinen Kontrahenten votiert haben. Sogar die gut 3.000 persönlichen Stimmen, die Helminger im Vergleich zu 2005 verloren hat, muss man relativieren: 2005 erhielt Helminger viele Stimmen aus dem Nicht-DP-Lager, die eine Rückkehr Lydie Polfers als Stadtbürgermeisterin verhindern wollten. Eine entsprechende Losung war diesmal nicht ausgegeben worden, obwohl mit einem Erfolg Bettels, der ja bei den Parlamentswahlen 2009 weit vor Helminger lag, zu rechnen war. Doch Bettel hielt sich im Hintergrund und versuchte – anders als vor vier Jahren Polfer ? nicht, eine Kampagne gegen Helminger zu starten. Entsprechende Umfrageergebnisse dürften den Parteien zwar bekannt gewesen sein, doch mussten sie, so kurz vor den Wahlen unter Verschluss bleiben.

Die Aussage des Wahlergebnisses vom Sonntag war wohl eher diese: Wir haben einen Bürgermeister, der eine Koalition eher erfolgreich durch einen heftig geführten Wahlkampf gebracht hat. Und wir haben einen Thronfolger, der in sechs Jahren als Spitzenkandidat ins Rennen gehen wird. In Vorbereitung darauf könnte man, etwa in der Mitte der Amtsperiode, einen Wachwechsel vornehmen. Mit dieser Lösung wären sogar die Anhänger Helmingers einverstanden gewesen. Doch jetzt haben viele für ein Modell gestimmt, das erst gar nicht zustande kommt.

Dass Helminger nun im neugewählten Gemeinderat überhaupt nicht antritt, wird ironischerweise von vielen, die seinen Rücktritt als Bürgermeister begrüßen, fast als Verrat hingestellt. Helminger sagt von sich selbst, dass er keine halben Sachen macht, und will für das Verlangen nach einer Verjüngung der Partei in der Hauptstadt, das er in dem Wahlergebnis zu erkennen glaubt, seinen Platz frei machen. Dieser zweite Gedankengang ist zwar konsequent, doch macht er den eigentlichen Trugschluss aus dem WählerInnenvotum nicht wett.

 

DÉI GRÉNG
Et maintenant ?
Raymond Klein
Considérés généralement comme vainqueurs, les Verts ont indéniablement obtenu des résultats formidables. Ils continueront à explorer les possibilités et les limites de la participation au pouvoir quand on est – un peu – différent des autres partis.

 

Les Verts sont-ils, à l’issue des élections communales, devenus la troisième force politique du pays, comme l’avance le Wort dans son éditorial de lundi ? Pas encore, car ils sont absents d’un certain nombre de communes et ne sont leaders nulle part où l’on vote à la proportionnelle. Le DP, traditionnellement établi comme troisième parti, a présenté une liste presque partout, remporte le meilleur score dans neuf communes, et occupe plusieurs postes de bourgmestres, notamment à Luxembourg et à Differdange. Mais il est vrai que les Verts ont continué à rattraper leur retard sur les bleus, et que dans un certain nombre de communes, ils jouent le rôle d’arbitre typique pour une « troisième force ».

« Déi Gréng, vainqueur évident des élections », c’est ce que proclame le communiqué du parti publié mercredi. Ce n’est pas faux, même s’il est difficile de mesurer exactement le degré de succès de chaque parti. Ainsi, si l’on considère l’accroissement relatif du nombre d’élus, le KP et « Déi Lénk » devancent les Verts. Voilà sans doute la raison pour laquelle le parti a concocté un graphique représentant « les gains des partis dans les communes à scrutin proportionnel ». Les chiffres utilisés ne présentent aucun intérêt statistique – ils font notamment abstraction des pertes, importantes pour les trois grands partis. Mais ils ont l’avantage de faire apparaître les Verts en tête de peloton…

Il n’empêche que par rapport aux attentes modestes, le parti « Déi Gréng » a obtenu un résultat excellent – qui lui vaut à nos yeux le titre de vainqueur ex aequo avec « Déi Lénk » et le KPL. En effet, ses scores varient entre 8,5 et 33,5 %. Ce dernier niveau a été atteint à Remich, tandis qu’ils ont obtenu 31,5 % et 28,9 % à Betzdorf et à Mersch. Dans les deux premières communes, cela leur permet de talonner un CSV qui a moins d’un point de pour cent d’avance. En outre, et contrairement à ce qu’on attendait, les Verts ont amélioré leur score dans les trois grandes villes où ils gouvernaient déjà : Luxembourg, Esch et Differdange. Rares sont les communes où ils essuient des pertes en pourcentages, et Diekirch est la seule commune où ils cèdent un mandat.

Pourtant, le parti s’était imposé certains « handicaps ». D’une part, ses listes étaient en principe composées de manière paritaire d’hommes et de femmes – avec quelques aménagements, puisque seulement 46 % des candidats étaient féminins, et la plupart des têtes de liste masculines. D’autre part, les Verts avaient 60 étrangers sur leurs listes, ce qui en fait le parti le plus ouvert en nombre absolu.

Contrairement aux partis établis, la démarche et le succès de la gauche radicale sont aussi pris en considération par « Déi Gréng ». La présidente Sam Tanson, citée par le Quotidien, estime que « l’hypercapitalisme fait peur aux gens » et que les Verts partagent certaines idées de cette gauche, mais ne le communiquent pas assez bien. Les négociations sur les accords de coalition à Luxembourg, Esch et Differdange fourniront une première occasion de remédier à cela. En effet, dans la capitale, le rapport de force est désormais de 1 à 2, et le nombre de dossiers épineux, notamment au sujet des caméras de surveillance et de la création de comités de quartier. Le zèle avec lequel les Verts défendront certains points de leur programme au niveau communal donnera une première idée de ce qui restera des idéaux verts lors d’une hypothétique participation gouvernementale.

 

LSAP
Durchwachsen
Richard Graf
Besser als die CSV! Dieses Wahlziel hat die LSAP erreicht. Doch Sieger sehen anders aus.

 

Auch wenn die LSAP die Mandate der unter ihrer Führung angetretenen „freien Listen“ zu den ihrigen hinzurechnen muss, um auf insgesamt 177 Sitze zu kommen, so kann sie doch mit Fug behaupten, landesweit stärker als die CSV geblieben zu sein.

Natürlich profitierten die Sozialisten von ihrer relativen Stärke in den Südgemeinden, die wegen der hohen Einwohnerzahlen viele Mandate aufweisen. Umgekehrt sieht die CSV, die in keiner der großen Gemeinden mehr führend ist, mit nur 171 Sitzen schwächer aus, als sie es in der breiten Fläche tatsächlich ist.

Im Vergleich zu den Landeswahlen 2009, bei denen die CSV ihnen dank Juncker-Effekt einen Sitz abnehmen konnte, haben sich die Sozialisten im Süden also wieder etwas stabilisieren können.

Doch die Sitzzahl sagt nicht alles. Besonders die grüne Konkurrenz hat in einigen Fällen dazu beigetragen, dass absolute Mehrheiten der LSAP gebrochen wurden. Zumindest in Bettemburg scheint dieser relative Rückgang auch mit einem absoluten Machtverlust verbunden zu sein. In Steinfort ist der Stimmenverlust zwar nicht den Grünen anzulasten, die dort gar nicht antraten, doch verliert die LSAP auch hier nicht nur die absolute Mehrheit, sondern fliegt auch aus dem Schöffenrat. Immerhin: In Monnerich holte Bürgermeister Dan Kersch eine absolute Mehrheit und konnte den Koalitionspartner CSV abschütteln.

In der Stadt des Parteipräsidenten Alex Bodry zeigt der Trend zwar nach unten, und die LSAP muss einen Sitz an „déi Lénk“ abgeben. Doch mit 10 Mandaten behält sie deutlich die absolute Mehrheit gegenüber einer Vier-Parteien-Opposition, die zusammen auf sieben Sitze kommt.

Durchwachsen sind auch die Ergebnisse im Zentrum. In der Hauptstadt konnte LSAP-Spitzenkandidat Marc Angel zwar ein beachtliches persönliches Ergebnis erzielen – doch insgesamt schwächelte die Liste und ist von einem Machtwechsel weiter entfernt denn je.

Fragwürdig ist der Ausgang in Strassen. Zwar konnte die LSAP ihr Ergebnis verbessern, aber die vor Jahren in die Opposition gezwungene DP gewann ebenfalls hinzu. Trotzdem soll sie, auf dem Wege einer Dreier-Koalition LSAP-CSV-Gréng, an der Machtübernahme gehindert werden. Dabei hatte sich Parteipräsident Bodry am Wahlabend über solche gegen die LSAP gerichteten Dreier-Koalitionen, die sich in deren Hochburgen anbahnten oder zumindest in Erwägung gezogen wurden, noch beschwert.

Insgesamt spielten die Sozialisten im Zentrum, mit Ausnahme von Steinsel, nur eine Nebenrolle. Ähnlich wie im Osten, wo sie nur in Mertert dominierten.

Der Norden dürfte den Sozialisten wohl die größte Genugtuung verschafft haben: In Wiltz konnte die absolute Mehrheit, trotz der Berufung des ehemaligen Bürgermeisters Romain Schneider in die Regierung, behauptet werden, und in Diekirch schaffte es Oppositionsführer Claude Haagen, eine absolute Majorität einzufahren und die CSV-Déi Gréng Koalition, die 2005 „gegen den Wählerwillen“ zusammengeschmiedet worden war, aus dem Amt zu jagen.

Auch wenn die erstarkte Linke der LSAP keinen unmittelbaren Schaden zugefügt hat, etwa durch Torpedierung bestehender Mehrheiten, so könnte bei einem nächsten Urnengang mit weiteren linken Listen ein solcher Effekt durchaus eintreten. Der allgemeine Linksrutsch beschert der LSAP – zum Beispiel in Sassenheim oder in Esch – sogar die Möglichkeit, die Linke als Koalitionspartnerin ins Spiel zu bringen. Wohl zum Ärger der Grünen, die ihrerseits dazu beitrugen, LSAP Hochburgen, wie etwa Bettemburg, Roeser und Schifflingen, einzunehmen.

Den nach Diekirch symbolträchtigsten Sieg errangen die Sozialisten in Käerjeng: CSV-Parteipräsident Wolter muss das Bürgermeisteramt an den jungen LSAP-Mann Yves Cruchten abgeben.

Insgesamt zeigt sich das LSAP-Resultat durchwachsen: Die Partei hat gegenüber einer eher schwachen CSV zwar immer noch die Nase vorn, doch die Distanz schrumpft. Dieses Verhältnis könnte beim nächsten Mal kippen, vorausgesetzt, die Grünen treiben ihren strukturellen Ausbau weiter voran und die wiedererstarkte Linke schafft es, ihre Listenzahl zu multiplizieren. Da hat es die CSV mit einer insgesamt rückläufigen ADR doch fraglos eindeutig leichter.

 

CSV
Auf hohem Niveau gescheitert
Raymond Klein
Wahlsieger sind sie nicht geworden, die Christlich-Sozialen. Große Misserfolge gab es auch kaum, doch ein paar kleinere Niederlagen legen die Schwächen der Partei bloß.

 

War die eine der beiden großen Tageszeitungen am Montag verzweifelt bemüht, die Sozialisten als Sieger der Gemeindewahlen darzustellen, gab sich die andere zurückhaltend: „Die Grünen starten durch“, titelte das Wort. Um dann in der nächsten Zeile eine Halbwahrheit anzubringen: „CSV stärkste Kraft in den Proporzgemeinden.“ Das stimmt nämlich nur, wenn man die Mandate der zwei LSAP-nahen „Bürgerlisten“ nicht mitrechnet (siehe S. 8). Realistischer war da schon die Einschätzung des CSV-Präsidenten Michel Wolter, noch nie sei das Ergebnis der CSV so nahe an dem der LSAP gewesen. Beide aber gehen geschwächt aus den Wahlen hervor. Dabei konnten die Christlich-Sozialen nicht wirklich von den Niederlagen des Regierungspartners profitieren: In Schifflingen, Kayl und Roeser, wo die LSAP die absolute Majorität einbüßte, stagnierte oder verlor die CSV, nur in Bettemburg verbuchte sie einen Erfolg.

Strategisch betrachtet sind die Christlich-Sozialen bei diesen Gemeindewahlen gescheitert. Zwar sind sie weiterhin, wie die Sozialisten, fast flächendeckend in allen Gemeinden vertreten. Doch in den vier großen Stadtgemeinden ? Luxemburg, Esch, Differdingen und Düdelingen – wird die Partei es wieder nicht in den Schöffenrat schaffen und verzeichnet ausnahmslos Stimmenverluste. Darüber tröstet weder die absolute Mehrheit in der Landgemeinde Hobscheid noch das insgesamt gute Ergebnis von Hesperingen, Petingen, Bettemburg, Steinfort und Sandweiler hinweg. Trost liegt hierin umso weniger, als die CSV in vielen Gemeinden empfindliche Niederlagen einstecken musste, insbesondere in Diekirch, Käerjeng, Monnerich und Sassenheim.

Zwar hatte die CSV eine angemessene Zielvorgabe formuliert: ihren Vertrauensbonus als größte Regierungspartei in einen Stimmengewinn in den urbanen Zentren umzumünzen. Aber man darf bezweifeln, dass sie alles getan hat, dieses Ziel auch zu erreichen. Die Zusammensetzung ihrer Listen in den Ballungszentren war wenig überzeugend, die Programme zeigten wenig Profil. Hinzu kam der Schicksalsschlag des Todes von Lucien Thiel, der in der Hauptstadt das Zugpferd sein sollte. Hausgemacht ist allerdings das Debakel in Roeser, wo die oppositionelle CSV keinen Nutzen aus dem Einbruch der LSAP ziehen konnte, sondern sogar noch mehr Stimmen verlor als diese. Robert Weber, und mit ihm die CSV-Liste, wurde abgestraft für seine Bloßstellung in der Proactif-Affäre, die vermutlich in der schwarzen Parteizentrale eingefädelt worden war.

Die CSV-Spitze dürfte die Gesamtbilanz als durchwachsen ansehen, doch das Scheitern in den vier größten Gemeinden und die Krise des LCGB verheißt für die Zukunft nichts Gutes. Dem Image eines weltoffenen Konservatismus, das ihr mittlerweile anhaftet, kann sie an der Basis nicht überall gerecht werden: Von allen angetretenen Parteien hatte sie proportional die wenigsten Ausländer auf ihren Listen. Mit knappem Personal und ohne Gewerkschaft an ihrer Seite ist die Partei für die Verteidigung ihrer Hegemonie auf Landesebene mehr denn je auf Jean-Claude Junker angewiesen.

Doch gibt es auch Lichtblicke. So wird vermutlich in vier bis sechs Gemeinden eine schwarz-grüne Koalition zustande kommen, zum Teil mit einem dritten Partner. In Bettemburg, Strassen und Grevenmacher ist das beschlossene Sache, in Remich gilt es als wahrscheinlich, und in Petingen und Roeser werden zumindest Gespräche mit diesem Ziel geführt. Ob das wohl Vorbereitungen auf eine künftige Koalition auf Landesebene sind? Derartiges wird schon gemunkelt, seit in den Neunzigern ein solches Bündnis den Grünen in Petingen zu ihrem ersten Schöffen in einer Proporzgemeinde verhalf. CSV und „Gréng“ können miteinander, das hat sich mittlerweile gezeigt, und sie können auch, wie man in Diekirch gesehen hat, miteinander untergehen.

 

DÉI LÉNK UND KPL
Konjunktur für Links
Renée Wagener
Die Resultate zeigen: Auch in Luxemburg verhilft die Krise linker Kritik zum Aufschwung. Das dürfte nicht nur die LSAP nachdenklich stimmen.

 

Freudige Mienen gab es am Wahlabend in der Escher „Maison du peuple“, als die Wahlresultate der großen Proporzgemeinden eintrudelten. „Déi Lénk“ hatten sich zwar im Vorfeld optimistisch gezeigt, in eine Reihe von Gemeinderäten einzuziehen, dennoch waren viele Mitglieder vom Ausgang positiv überrascht. „Nein, dieses Resultat hatten wir nicht erwartet,“ unterstrich eine langjährige Militantin. Bei manchen mischte sich in die Begeisterung wohl auch Erleichterung: André Hoffmann etwa, Stimmenmagnet der Linken, dessen Rückzug aus der Gemeindepolitik von der Basis mit Sorge betrachtet worden war, wirkte sichtlich entspannt. Von den sechs Proporzgemeinden, in denen die Partei angetreten war, ist es nur in Hesperingen nicht gelungen, einen Sitz zu erringen. In zwei Gemeinden konnte sie sogar zwei Sitze einheimsen, nämlich in Luxemburg und in Esch-Alzette (mit dem Künstler Thé’d Johanns als neuem zweiten Mann). Wie es der Escher Spitzenkandidat Marc Baum gegenüber RTL recht flapsig ausdrückte: „Mir hunn ouni Änder e bessert Resultat agefuer wéi mat Änder.“

Bislang weniger beachtet als Esch, aber ebenso symptomatisch für die Stärkung der Linksbewegung in den urbanen Zentren, ist die Hauptstadt. Dort konnte sich neben dem woxx-Journalisten David Wagner, der einen Achtungserfolg erzielte, auch der Gewerkschaftler Justin Turpel durchzusetzen. Ob er seinem einstigen FNCTTFEL-Kameraden, dem grünen Schöffen François Bausch, das Leben schwer machen wird, wird sich in den nächsten Tagen zeigen, weil sein Job als Gemeindebeamter mit dem kommunalen Mandat nicht vereinbar ist. An seine Stelle würde wohl der Sekundarschullehrer und SEW-Gewerkschaftler Guy Foetz treten. In Düdelingen und in Differdingen wurden mit Mars Lorenzini und Jeannot Logelin zwei Ex-Grüne auf linken Listen gewählt, was wohl auch den in die politische Mitte gerückten Grünen zu denken geben dürfte. Doch auch in zwei ländlichen Majorzgemeinden konnte die Linke mit Léon Rippinger in Esch-Sauer (von Amts wegen gewählt) und Suzette Serres-Schannel in Bettendorff ihre Sitze verteidigen.

Trotzdem ist für die Linke nicht alles eitel Sonnenschein. Denn die Hoffnung, diese Wahlen würden endlich auch das definitive Verschwinden der KPL herbeiführen, wurde enttäuscht. „Der erste große Wahlerfolg seit über 20 Jahren“ titelte am Dienstag die „Zeitung vum Lëtzebuerger Vollék“ zu den drei neuen kommunistischen Mandaten. Auch wenn die drei älteren Herren ? der Zeitung-Direktor Aly Ruckert in Differdingen, der nationalistisch angehauchte Zénon Bernard in Esch und der pensionierte Koch Edes Peiffer – wohl kaum als Hoffnungsträger für eine erneuerte KPL gelten können, machen die errungenen Mandate doch deutlich, dass es weiterhin ein Reservoir an LinkswählerInnen gibt, die sich dem Arbeitermilieu verpflichtet fühlen und denen „Déi Lénk“ zu intellektuell sind.

Und noch ein Schönheitsfehler ist beim Wahlsieg der Linken nicht zu übersehen: die Abwesenheit von Frauen und NichtluxemburgerInnen unter den Gewählten in den Proporzgemeinden. Dass unter den neu Hinzugekommenen nur Männer sein würden, war freilich zu erwarten. „Déi Lénk“ hat es in den letzten Jahren versäumt, Frauen gezielt zu unterstützen und aufzubauen. Und so festigt sich auch hier die männliche Dominanz in den Parteistrukturen, die es ihrerseits interessierten Frauen in Zukunft immer schwerer machen wird, sich Platz zu verschaffen. Gleiches gilt für die ausländischen Kandidaturen, die wohl wie bei den anderen Parteien nur Alibi-Funktion hatten.

Während „Déi Lénk“ in Esch von Seiten der Wahlgewinnerin LSAP ebenfalls in Koalitionsverhandlungen mit einbezogen wurden, werden sie in den Proporzgemeinden doch vor allem Oppositionsarbeit zu leisten haben – und dabei vor allem LSAP und Grüne unter Zugzwang bringen. Dabei wird sich nun aber auch zeigen, ob sie ihren eigenen Anspruch erfüllen kann, sozialistisches und gewerkschaftliches Engagement mit ökologischem bzw. bürgerrechtlichem Gedankengut zu verbinden.

 

DP
Blaues Auge
Richard Graf
Die Führungsriege der DP sieht sich durch den Wahlausgang gestärkt. Tatsächlich setzt sich der Krebsgang der Liberalen fort.

 

Mit Luxemburg und Differdingen wird die DP auch in Zukunft in zwei der vier größten Städte Luxemburgs den Bürgermeister stellen. Doch ein Blick auf die Gesamtzahl der Sitze, die unter dem Banner der DP errungen wurden, macht deutlich: Die Liberalen haben den Rückgang, den sie seit einem Jahrzehnt auf nationaler Ebene erleiden, keineswegs stoppen können. Zwar wurden mit 107 Sitzen sieben mehr als vor sechs Jahren erreicht, doch war die Gesamtzahl der Mandate (555) diesmal auch um rund 80 höher als bei den letzten Kommunalwahlen. Und: 1999 erhielt die DP – bei nur 420 Sitzen in den Proporzgemeinden – ein gutes Viertel der Sitze (106). 2011 ist es nicht einmal mehr ein Fünftel.

Dass es nicht zu einem regelrechten Einbruch bei der Sitzzahl gekommen ist, haben die Liberalen den Grünen zu verdanken. Wäre es „Déi Gréng“ gelungen, wie beabsichtigt in allen Proporzgemeinden Listen zu präsentieren, so hätten sie den Liberalen nicht nur einige Sitze abgenommen, sondern sie wahrscheinlich sogar auf Platz vier des allgemeinen Parteienranking verdrängt. Mehrfach hat sich gezeigt: Wo die Grünen ein erstes Mal antreten, erreichen sie aus dem Stand ein zweistelliges Ergebnis, und oft geht dies einher mit einem Rückgang der Liberalen. Auch in den DP-Hochburgen Luxemburg, Differdingen und Bartringen sind die Verluste der DP zum Teil gleichbedeutend mit Gewinnen der Grünen – ungeachtet der Tatsache, dass in den beiden größten Gemeinden die Liberalen mit ihrem Angstgegner koalieren und ihnen in Bartringen jetzt dasselbe bevorsteht. Wie sehr „Déi Gréng“ den Liberalen im Nacken sitzen, verdeutlicht wohl am besten das Ergebnis in Echternach. Zwar holten sich die Grünen je einen Sitz bei allen drei traditionellen Parteien, doch muss die DP nach 2005 ein weiteres Mal einen Sitz abgeben und verliert so jede Aussicht, in ihrer ehemaligen Hochburg noch einmal in die Verantwortung zu kommen.

Eines scheint der DP 2011 allerdings zu gelingen: Viele alte „Platzhirsche“ haben sich aus der (Kommunal-)Politik zurückgezogen, so dass trotz Mandatsschwunds ein Generationenwechsel bei den Gewählten stattfinden konnte. Am symbolträchtigsten war wohl der Wechsel an der Spitze der Gemeinde Luxemburg. Nicht ganz geplant zwar, aber dennoch konsequent: Paul Helminger, der eigentlich angetreten war, die Geschicke der Stadt für eine weitere Mandatsperiode zu leiten, überlässt den Bürgermeisterposten Xavier Bettel, der mit 38 Jahren etwas mehr als halb so alt ist wie Helminger. Da dieser seinen Sitz im Gemeinderat nicht annehmen will, rückt ein junger Kandidat nach. Weil Colette Flesch und Anne Brasseur gar nicht mehr zur Wahl antraten, schafft die DP so zumindest in der Hauptstadt die Runderneuerung, obwohl sie mit einem Sitz weniger als 2005 auskommen muss.

Zwar gibt es in einigen Gemeinden Zuwächse – etwa in Roeser, Ettelbrück oder Mersch. Doch auch hier stehlen ihnen die Grünen die Show. In Roeser musste sich eine vom Ex-Staatssekretär Eugène Berger geführte DP von den Grünen überholen lassen und alle Hoffnung auf den Bürgermeisterposten aufgeben.

Und sogar die Ausnahme-Hochburg Differdingen, geführt vom Parteipräsidenten Claude Meisch, konnte nur wegen des Zugewinns des grünen Koalitionspartners gehalten werden. Mit 8,5 Prozent Stimmenverlust kam der DP ein Mandat abhanden, obwohl es mit 19 zwei Mandate mehr zu verteilen gab als 2009.

Ohnehin tun sich die Liberalen schwer in den großen Südgemeinden – Differdingen ausgenommen. In Düdelingen sind sie gar nicht erst angetreten, und in Esch bleibt es bei einem einzigen Sitz.

Die Liberalen hatten landesweit ihren Wahlkampf auf junge Doppelverdiener-Haushalte ausgerichtet und dabei die Wohnungsproblematik und die Kinderbetreuung für sich entdeckt. Doch die grüne Konkurrenz, wenn nicht sogar „déi Lénk“, gaben wohl die glaubwürdigere Alternative ab. Und auch das demonstrative Bemühen, sich vom wirtschaftsliberalen Habitus der liberalen Schwesterpartei jenseits der Mosel zu distanzieren, scheint nicht gefruchtet zu haben.

 

ADR
A droite toute !
Luc Caregari
Ni vainqueur, ni vraiment perdant de ces élections communales, le navire ADR se met à tanguer dangereusement vers l’extrême droite.

 

Le « langage clair » promis par l’ADR dans son programme aux communales n’aura donc pas été entendu par l’électeur. Si le résultat n’est pas aussi désastreux pour le parti que les dernières législatives de 2009, cela ne veut pourtant pas dire que l’ADR soit sorti des eaux troubles. Tout au contraire même, son contingent de strapontins dans les conseils communaux se réduit de cinq à quatre (sans compter les communes à vote majoritaire de Fischbach et de Manternach, où le dinosaure du parti, Robert Mehlen, a réussi à entrer dans le conseil communal), et c’est dans certaines communes où cela fait mal que l’ADR a été prié de plier bagages.

D’abord, la commune d’Esch-sur-Alzette bien sûr, où le duel entre la Biergerlëscht de l’ex-membre du parti Aly Jaerling et la nouvelle liste ADR aura fait deux victimes, puisque aucun des deux n’a été élu, alors que d’un point de vue strictement arithmétique une seule formation aurait pu avoir un siège. La deuxième ville du pays ne disposera donc plus d’un représentant ADR dans son conseil communal, de même que les villes de Mondercange et de Sanem où Michèle Retter et Nico Schroeder ont aussi dû quitter leurs sièges. Pourtant, dans tout cette débandade, il reste quelques bonnes nouvelles pour le parti : son maintien dans la capitale, où Fernand Kartheiser a réussi à sauver la mise, et le retour de Trudy Reiff à Dudelange. Mais la plus grande surprise est sans doute l’élection de Joé Thein dans la commune de Pétange. Effectivement, la campagne très droitière menée par ce jeune homme de 20 ans a porté ses fruits.

Reste la question de savoir si sa conquête rapportera grand chose à son parti. Non seulement devra-t-il bientôt se frotter à la réalité de la politique communale, sans expérience et dans une position isolée, mais ce sont surtout les réactions de la frange « libérale » qui inaugurent mal la période post-communale pour l’ADR. Cette semaine, le comité de son organisation de jeunesse vient de démissionner quasi à l’unanimité, dont son président, Andy Maar. Cinq des sept membres ont quitté l’Adrenalin, et cela pour des raisons qui peuvent apparaître nébuleuses dans leur communiqué, où il est question de dérapages intolérables de certains membres et candidats. Pourtant, si l’on demande de qui et de quoi il s’agit, la réponse d’Andy Maar est claire : « Il s’agit surtout de propos lâchés par Joé Thein aussi bien en public que sur des forums internet qui nous étaient intolérables depuis longtemps déjà. A chaque fois qu’on le rendait attentif au fait qu’il dépassait les bornes, il se taisait pour un court laps de temps, juste pour reprendre de plus belle », explique-t-il. Il faut aussi préciser à cet endroit que Thein a quitté de son plein gré le comité de l’Adrenalin, ce qui laisse déjà supposer l’existence de dèsaccords profonds.

Selon Maar, le ras-le-bol venait aussi des pontes du parti qui promettaient toujours de discipliner ceux qui dérapaient, sans jamais s’y prendre vraiment. A cela s’ajouteraient des propos tenus par le secrétaire général Roy Reding et par le député Fernand Kartheiser – les mentors de Joé Thein par ailleurs -, que l’Adrenalin, ainsi que d’autres membres plus libéraux du parti ne supportaient plus. « Certes, on avait promis un grand débat d’orientation après les communales. Mais dans le comité de l’Adrenalin, on avait l’impression que toutes les décisions avaient déjà été prises à l’avance. Et nous, on est pas d’avis qu’il faut récupérer les gens qui auraient voté Pierre Peters s’il s’était présenté », ajoute Andy Maar.

En somme, ce que Fernand Kartheiser a lâché sur le plateau de RTL dimanche dernier, à savoir que « l’ADR est la seule vraie formation de droite au Luxembourg qui défend les valeurs du pays » est plus que le credo d’un politicien et fin tacticien de cette nouvelle extrême droite feutrée qui a horreur de dire son nom, mais un défi lancé d’abord à son propre parti. Une lutte interne entre la frange libérale et la frange droitière est en train de se préparer, ce qu’Andy Maar a pu nous confirmer aussi. Quoiqu’il en soit, l’ADR reste aussi instable qu’après les élections de 2009.

 


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