Entwicklungshilfe entwicklungsfähig

Mit 48 Ja-Stimmen und 11 Enthaltungen verabschiedete die Abgeordnetenkammer die Novelle zum Entwicklungshilfegesetzes aus dem Jahre 1985 bzw. 1996 im Anschluss an die mehr als fünfstündige Debatte zum Budgetdefizit am Donnerstag vergangener Woche. Eigentlich war die Reform überfällig, denn schon 2009 hatten die sozialistischen Abgeordneten Lydie Err und Marc Angel eine Anpassung der Luxemburger Entwicklungshilfe an den raschen Wandel, den die internationale Zusammenarbeit in zwei Jahrzehnten erfahren hatte, in Form einer „proposition de loi“ angemahnt. Normalerweise herrscht in Sachen Nord-Süd-Solidarität, wenn man einmal von den regelmäßigen Attacken des ADR-Frontmannes Kartheiser gegen die Zivilgesellschaft absieht, eher Einstimmigkeit. Dass es dennoch zu 11 Enthaltungen gekommen ist, hat wohl vor allem mit der eher reservierten Haltung der Entwicklungshilfeorganisationen (ONGD) zu tun, denen die Gesetzesreform nicht weit genug geht. Als das Gesetz Anfang 2011 von der zuständigen Ministerin deponiert wurde, geschah dies, ohne dass die ONGD im Vorfeld in die Ausarbeitung mit einbezogen worden waren. Ihre im Anschluss daran verständlicherweise heftige Reaktion auf einige Ungereimtheiten im Gesetz wäre wohl überhört worden, wenn nicht der Staatsrat in seinem Gutachten im Frühjahr 2011 in wesentlichen Punkten eine ähnliche Position eingenommen hätte. Hauptkritikpunkt war damals der fehlende Verweis auf die Kohärenz der Luxemburger Politik als Ganzes, bezüglich der im Gesetz formulierten Ziele der Entwicklungshilfe. Was hilft es, lautete ein Beispiel, wenn Luxemburg in einem bestimmten Land sich an Anpassungsprogrammen zum Klimawandel beteiligt, dafür aber seine Hausaufgaben vernachlässigt und den Ausstoß der Klimagase nur halbherzig reduziert? Zwar fand nach der Kritik die Kohärenz Einlass ins Gesetz, doch soll sie jetzt von einem interministeriellen Komitee überwacht werden. Der Staatsrat hatte dagegen betont, dass es die Aufgabe der MinisterInnen sei, Interessenskonflikte dieser Art auf Augenhöhe notfalls im Regierungsrat zu lösen. Ein mit Beamten beschicktes Komitee, das zudem nur beratenden Charakter hat, erscheint dem Staatsrat und den ONGD kaum als das richtige Instrument. Das Gesetz erwähnt ebenfalls nicht die Gemeinden als mögliche Akteure der Luxemburger Kooperation, obwohl seit vielen Jahren auf lokaler Ebene eine stetig wachsende Zahl von Partnerschaften mit Drittländern entstanden sind.


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