„25 Joer droe Friichten“ – mit einem stolzen Slogan blicken Méco und Oekofonds auf (fast) ein Vierteljahrhundert Oekofoire zurück. Ob es nochmals 25 Jahre werden, ist allerdings nicht so sicher.
Es war der sozialistische Umweltminister Robert Krieps, der der Umweltmesse in Luxemburg, deren Idee im Umweltjahr 1987 geboren wurde, auf die Sprünge half. Mit einer einmaligen Anschubfinanzierung machte er es den damaligen ProtagonistInnen möglich eine erste Messe vorzubereiten. 1988 war es dann soweit: An etwa 35 Ständen, von denen die Hälfte von Mouvement Ecologique und Oekofonds selber gestellt wurden, konnten sich so drei bis viertausend BesucherInnen, in der beschaulichen Victor-Hugo-Halle auf Limpertsberg, erstmals ein Bild über das damals noch recht überschaubare Angebot an ökologischen Produkten machen. Aufmerksame LeserInnen werden es gemerkt haben: Es ist die Idee, die ihren 25. feiert, nicht die Messe selbst.
Der Erfolg zwang die OrganisatorInnen zu einem damals von manchen – darunter auch dem woxx-Vorgänger GréngeSpoun – mit einigem Naserümpfen registrierten Kompromiss: Schon die zweite Oekofoire wurde in den Ausstellungshallen der „Société des Foires internationales de Luxembourg“ – heute Luxexpo – auf Kirchberg abgehalten. Eine „ökologische“ Messe ausgerechnet im Konsumtempel par excellence? Der offiziellen Erklärung, die Victor-Hugo-Halle sei wegen der Ausstellung zum 150. Jubiläum der Luxemburger Unabhängigkeit auf Monate ausgebucht, folgte eine pragmatischere Feststellung: Nur die Foire habe logistisch die Mittel, ein Event wie die Oekofoire über die Bühne zu bringen. So kam es, dass seither die ungeliebten stickigen, lauten und nicht gerade billigen Kirchberger Hallen die Heimstatt der mittlerweile größten Umweltmesse in der Großregion sind. Und da ein Foire-Neubau nicht mehr auf der Prioritätenliste des Sparministers Frieden aufgeführt wird, dürfte dies sich in nächster Zeit nicht ändern.
Dank steigender Aussteller- und Besucherzahlen gelang es Méco und Oekofonds in den Folgejahren auch ohne staatliche Zuschüsse, die Oekofoire auf wirtschaftlich tragfähige, wenn auch immer etwas prekäre Beine zu stellen. Ermöglicht wurde das durch Selbstausbeutung der, damals als „Müsliszene“ verspotteten, Méco-Anhängerschaft. Die zahlreichen Informationsstände, die verschiedenen Konferenz- und Animationsangebote bis hin zur gastronomischen Versorgung wurden (und werden noch immer) durchweg von ehrenamtlichen Mitgliedern des Méco und nahestehender Organisationen unterhalten.
„Rentabel“ ist die Oekofoire auch nur deshalb, weil die Vorbereitungs- und Koordinationsarbeiten von den hauptamtlichen MitarbeiterInnen der Trägerorganisationen erledigt, aber nicht in vollem Umfang bei den Teilnahmegebühren verrechnet werden. Es sind also die Spenden und Mitgliedsbeiträge derselben „Müslis“, die sich an drei Tagen abmühen, die das Event Oekofoire überhaupt möglich machen.
Bei inzwischen fast 200 AusstellerInnen und an die 14.000 BesucherInnen liegt der Gedanke nahe, dass es nunmehr an der Zeit sei, die Oekofoire flügge werden zu lassen. Auf die Frage der woxx, ob die Oekofoire nicht zu viele Energien – der Mitglieder, aber auch des Sekretariats – binde, fällt der Präsidentin des Mouvement écologique die Antwort nicht leicht: „Wir haben uns diese Frage vor ein paar Jahren gestellt, als die Organisation uns über den Kopf zu wachsen drohte, doch wir haben uns entschieden weiterzumachen.“
Kommerzieller und nachhaltig
Blanche Weber nennt zwei Gründe: Zum einen den von den TrägerInnen erarbeiteten Kriterienkatalog, zum anderen das Rahmenprogramm. Strenge Kriterien und ein ausgiebiges Informationsangebot – beides würde im Falle einer rein auf Wirtschaftlichkeit ausgerichteten autonomen Oekofoire wohl irgendwann wegfallen. „Die Kriterien wurden in den vergangenen Jahren immer wieder den Gegebenheiten angepasst und verschärft; das gefällt nicht allen Ausstellern, ist aber wichtig für die Entwicklung im Umweltbereich insgesamt“, unterstreicht die Präsidentin, die am kommenden Freitag sogar den Großherzog zur Eröffnung begrüßen darf. Beim obligaten Rundgang wird das Staatsoberhaupt sich das eine oder andere Angebot genauer ansehen können. Womöglich gelingt es dem einen oder anderen Bioschreiner oder grünen Stromlieferanten fortan seinen Stand, neben dem obligaten Oeko-Label, zusätzlich mit dem „Fournisseur de la Cour“-Wappen zu küren.
Der kontinuierlichen Verschärfung der Kriterien sind bereits ganze Ausstellergruppen zum Opfer gefallen, zum Beispiel die Regionalparks, die zwar im eigenen Umland, aber nicht unbedingt ökologisch produzieren. Auch anerkannte Ökobetriebe dürfen bestimmte Produkte nicht oder nicht mehr feilbieten, weil diese dem ständig aktualisierten Kriterienkatalog nicht genügen. Und längst sind es nicht mehr nur Umweltaspekte, die in die Beurteilung der Produkte einfließen. Soziale Kriterien – soweit fassbar – werden inzwischen ebenfalls einbezogen. Klassisches Beispiel ist die Schokolade, die neben dem Bio- auch das Transfairlabel aufweisen muss.
Es genügt mittlerweile nicht mehr für ein Produkt, einfach nur sparsamer zu sein oder dem einen oder anderen ökologischen Aspekt gerecht zu werden. Der Kriterienkatalog betrachtet das Gesamtprodukt, von der Herstellung bis zur Entsorgung. So musste in diesem Jahr ein an sich interessantes Isolationsmaterial, das auf recycelten Jeans-Hosen basiert, abgelehnt werden, da ein zwar geringer, aber dennoch messbarer Anteil eines Fungizids in dem Produkt enthalten war. Da sich eine Unbedenklichkeit dieser geringen Menge aus der Fachliteratur nicht belegen ließ, wurde das Material nicht zugelassen.
Weil umgekehrt die Oekofoire für viele Betriebe, besonders im Bio-Bau-Bereich, wirtschaftlich zu einem bedeutenden Faktor geworden ist – einige Aussteller geben an, gut die Hälfte ihres Jahresaufträge anlässlich der Oekofoire abzuschließen – muss die Ausarbeitung der Kriterien und die Kontrolle der Produkte bei unabhängigen und objektiv urteilenden Instanzen bleiben. Mit aufgeweichten Kriterien wäre die Oekofoire sicherlich größer und wohl auch gewinnbringender. Ein nur auf kommerziellen Erfolg ausgerichteter Organisator würde sich schwer tun auf das Standgeld eines Ausstellers verzichten, nur weil es keine eindeutige Sicherheit gibt.
Anders die Oekofoire: Hier müssen auch altgediente Aussteller jedes Jahr erneut dokumentieren, woher ihre Produkte stammen und wie sie hergestellt wurden. Das, so Blanche Weber, sei wichtig für die Besucher-Innen, denn die wollen sich darauf verlassen können, dass sie nur Produkte vorfinden, die nach dem aktuellsten Stand der Technik und gemäß letzten Erkenntnissen nachhaltig, ökologisch unbedenklich und sozial verträglich sind. Es ist erklärtes Ziel der Oekofoire, dem sogenannten „greenwashing“ entgegenzuwirken und der Überschwemmung mit Pseudo-Labels und fragwürdigen Produkten Einhalt zu gebieten.
Als der Meco 1987 beschloss, die erste Oekofoire zu veranstalten, stimmte die Mehrheit des Verwaltungsrates nur deshalb zu, weil parallel dazu ein Informationsprogramm durchgeführt wurde. Dieser Beschluss, der von der 1989 verstorbenen Thers Bodé durchgesetzt worden war, hat bis heute Gültigkeit, wenn auch das Rahmenprogramm wegen der technischen Unzulänglichkeiten der Foire-Hallen nicht immer optimal funktioniert.
Vorträge werden entweder fernab in einem Seitenflügel oder in teuren, speziell zu errichtenden Konferenzkabinen gehalten. Die schlechte Akkustik in den großen Hallen beschränkt die Kommunikationsmöglichkeiten auf Durchsagen zu falsch parkenden Autos und verlorengegangenen Kindern, erlaubt aber kaum, BesucherInnen zum Besuch des einen oder anderen Vortrags zu animieren.
Auch wenn die Oekofoire etliche Ressourcen des Méco und des Oekofonds das ganze Jahr über bindet und sie während der anderthalb Monate vor der Veranstaltung fast vollkommen in Anspruch nimmt, dürfte es also auch in Zukunft bei einer Oekofoire des bekannten Zuschnitts bleiben. Und auch am Termin Mitte September wird sich sobald nichts ändern. Für die BesucherInnen ist das Wochenende vor der „Schoulrentrée“ sicherlich sehr interessant. Nach dem Urlaub begegnet man Freunden und Bekannten und kann sich noch relativ stressfrei umsehen und einkaufen.
Anders sieht die Sache für die OrgansatorInnen und die Aussteller aus: „Ich habe faktisch in den 25 Jahren nie mit meinen Freunden Urlaub machen können“, so Blanche Weber. Und auch für so manchen Aussteller findet der Standaufbau zu einem Zeitpunkt statt, bei dem die eigenen Truppen noch nicht vollzählig sind. Der Versuch, einen anderen Termin zu belegen, scheiterte an der Verfügbarkeit der Hallen. Eine Ankopplung an die „Semaine du Logement“ im Oktober wäre zwar sicherlich sinnvoll, da die potentiellen BaukundInnen und Wohnungssuchenden sich dann auch gleich mit den nötigen ökologischen Fachinformationen und Produkten eindecken könnten. Doch dafür würde die Kapazität der Hallen nicht ausreichen. Dass die einst zu große Lux-expo sich nun als zu klein erweist, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.
Vor ein paar Jahren haben die Oekofoire-Träger die Standverteilung an Luxexpo abgetreten, um so Kräfte für die Kriterien- und Informationsarbeit freizubekommen. Nicht nur deshalb haben sich die Standgebühren für die Aussteller erhöht. Inzwischen kostet der kleinste Stand – gerade mal 12 Quadratmeter groß und versehen mit nackten Wänden – gut 800 Euro. Strom kostet noch einmal etliche hundert Euro extra. Auch wenn für gemeinnützige Organisationen dieser Tarif halbiert wird, ist die Teilnahme finanziell für viele eine große Belastung. So werden dieses Jahr etwa 15 Aussteller weniger präsent sein als im letzten Jahr. Nathalie Schlink und Paul Polfer, die neben Blanche Weber auf einer Presskonferenz die Eckdaten zur diesjährigen Oekofoire präsentierten, sehen das allerdings nicht als Anzeichen einer Krise. Für die Absagen gebe es unterschiedliche Gründe. Dennoch stoßen die OrganisatorInnen an Grenzen, die einen Fortbestand der Oekofoire in der jetzigen Form gefährden könnten.
Erfolgreich und ungeförfert
Das ökologische Bewusstsein und die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten nehmen auch nach 25 Jahren immer noch zu. Die wirtschaftlichen Probleme der Oekofoire haben ihre Ursache also vor allem in der Geringschätzung der überregionalen Messe als wirtschaftlichem Faktor. Pol Polfer moniert: „Wenn Luxemburger Aussteller ihre Produkte im Ausland präsentieren, erhalten sie dafür eine Unterstützung des Wirtschaftsministeriums. Luxemburger Oekofoireteilnehmer aber gehen leer aus.“ Obwohl der ganze Sektor in den vergangenen Jahrzehnten nachweislich Arbeitsplätze geschaffen habe, werde er sich selbst überlassen.
Der Ruf nach einer Bezuschussung der Oekofoire ist dennoch recht verhalten – vielleicht, weil es sich in Krisenzeiten nicht schickt, zu sehr nach Papa Staat zu rufen? Nur etwa drei Prozent der in Luxemburg konsumierten Bionahrungsmittel werden auch hierzulande hergestellt. Die Bereitschaft zu mehr nachhaltigem Konsum ist laut einer TNS-Ilres-Umfrage, die Vorfeld der Oekofoire durchgeführt wurde, gegeben. Doch Verfügbarkeit und Vermarktung hinken weit hinterher.
Gerade weil der nachhaltige Sektor in Luxemburg inzwischen an wirtschaftlichem Gewicht gewonnen hat, sollten die Oekofoire-ProtagonistInnen hier keine falsche Bescheidenheit üben. Auch wenn es dazu keine gesicherten Zahlen gibt, dürfte allein die durch die Verkaufsabschlüsse eingenommene Mehrwertsteuer an den drei Oekofoire-Tagen ein Mehrfaches der Veranstaltungskosten ausmachen. Ein Teil dieser Geschäfte wäre sicherlich auch ohne Oekofoire zustande gekommen, dennoch dürfte klar sein, dass der Staat am Ende ordentlich an der Oekofoire mitverdient. Vielleicht sollte der Umweltminister seinem Kollegen aus dem Wirtschaftsressort einmal ins Gewissen reden, dass man für nachhaltige Arbeitsplätze nicht immer nach Fernost oder in die USA reisen muss.