Einst vom Deutschlandfunk als leiseste Big Band der Welt bezeichnet, beißen sich Lambchop seit über 20 Jahren im Musikbusiness durch.
Lambchop aus Nashville sind längst eine Art Dinosaurier in ihrem Element – nur eben kein blutrünstiger Tyrannosaurus Rex, sondern eher ein ruhiger, unauffälliger Diplodocus. Mit dem Album „Nixon“ hatten sie im Jahr 2000 ihren ersten kommerziellen Erfolg und spätestens seit dem Nachfolger „Is A Woman“, das hervorragende Kritiken in der ganzen Welt erntete, sind Lambchop auch in Europa auf ihre leise, unauffällige Art berühmt.
„Bedächtig“ ist wohl das treffendste Wort für Lambchop, ihre Karriere und ihre Musik. Sänger und Songwriter Kurt Wagner ist der Dreh- und Angelpunkt, der den Großteil der Songs schreibt und komponiert. Seine langsamen Balladen, die er mit orchestralen Kompositionen ausschmückt, haben immer Wagners speziellen, leicht krächzenden Gesang als musikalischen Mittel- und Ruhepunkt. Obwohl weithin als Alternative-Country-Band bekannt, hat Lambchops Musik mittlerweile kaum noch musikalische Elemente des für ihre Heimatstadt Nashville so wichtigen Country. Dieser ist eher zu einer geistigen Inspiration geworden, die sich in Wagners Texten über die simplen Freuden und Leiden des Lebens zeigt.
Trotz ihrer die Jahrzehnte überspannenden Bandgeschichte haben Lambchop nie die öffentliche Aufmerksamkeit bekommen, die anderen alternativen Bands zumindest zeitweise zuteil wird. Ein Grund dafür mag die nüchtern-realistische Denkweise Kurt Wagners sein. Er sieht seine Musik, die durchaus emotional und ergreifend sein kann, nicht als irgendeine Art von Botschaft an die Menschheit oder gar als Mittel, seine eigenen Probleme zu verarbeiten. Für ihn ist die Musik die Frucht seiner Arbeit, er selbst sieht sich als Arbeiter, nicht als Künstler. Und so ist auch die Band von ganz banalen Dingen wie Budgets beeinflusst. Das ungefähr fünfzehnköpfige Lineup, aus „Nixon“-Zeiten, ist heute aus finanziellen Gründen nicht mehr tragbar und so auf sechs Kernmitglieder zusammengeschrumpft. Und auch lange nachdem die Band Alben herausbrachte und verkaufte, arbeitete Wagner noch als Verleger von Holzböden.
Lambchop haben Anfang des Jahres ihr elftes Album, „Mr. M“, veröffentlicht. Es ist dem Musiker und Freund der Band Vic Chesnutt gewidmet. Seine Musik zeichnete sich ebenfalls durch eine individuelle Herangehensweise an traditionelle amerikanische Musik aus. Und mehr noch als Wagner, der vor einigen Jahren an Prostatakrebs litt, hatte Chesnutt mit gesundheitlichen Problemen, den Folgen eines schweren Autounfalls in den 1980er Jahren, sowie mit den einhergehenden finanziellen Belastungen zu kämpfen, bis er 2009 an einer Überdosis Muskelrelaxans starb.
Obwohl diese Vorkommnisse „Mr. M“ vorangehen, stellt das Album sie keineswegs zur Schau – gerade um dem Andenken Chesnutts gerecht zu werden, dessen Musik und Leben alles andere als banal und gradlinig waren. Auch dieses Album stützt sich auf wunderschöne, mit einer leichten Prise Unstimmigkeit gewürzte Arrangements. Neu ist diesmal die Kombination der Musik mit Wagners ursprünglichem Metier, der Malerei. Jedem Lied des Albums steht ein Bild gegenüber – schwarz-weiße Interpretationen gesammelter Fotos und Zeitungsausschnitte, denen er mithilfe dichter Schichten aus Ölfarbe Tiefe verleiht. Über Lieblingskünstler wie Gerhard Richter sagte Wagner einmal, ihr größter Einfluss auf seine Kunst sei ihr Sinn für Wahrheit und ihre Überzeugung, dass die Idee, die Kunst und das Leben miteinander verbunden und letztendlich ein und dasselbe seien. Am kommenden Freitag kann man sich von Wagners eigener Interpretation dieses Gleichnisses im Kulturzentrum opderschmelz überzeugen.
Am 26. Oktober im Kulturzentrum ppderschmelz, Dudelange.