THEATER: Lëtzebuerger Bauernposse

Eva Paulins Inszenierung von Raoul Biltgens „De Wollef kënnt heem“ im Bettemburger Schloss ist ein urtümliches Stück und Dank alter Hasen der Luxemburger Schauspielszene und der nötigen Ironie eine Parodie auf das Bauerntheater.

„De Wollef kennt heem“ spielt mit den Codes des Bauerntheaters, ist aber eine bitterböse Satire auf luxemburgische Kleingeistigkeit.

In einem kleinen beschaulichen Dorf in der Luxemburger Provinz plätschert das Leben vor sich hin und alles geht seinen gewohnten Gang – bis eines Tages „de Wollef“ in Gestalt Emils (Philippe Noesen) heimkommt und die Idylle jäh zerstört. Denn der einstige Dorfbewohner Emil – „e Lëtzebuerger aus dem Ausland oder Timbuktu“ säht mit großmännisch-arroganter Attitüde Zwietracht unter den Bewohnern, die im Grunde nur in Ruhe leben wollen, seufzen, lamentieren und klatschen. Stereotype Rollenbilder gehören dazu: Die Frauen backen Kuchen und kokettieren, die Männer packen als echte Kerle an und schnäpseln.

Dabei hat Emil, der Wolf im Schafspelz, vordergründig hehre Ziele. Er hat einen verwahrlosten Hof, „den Pimeschhaff“, aufgekauft, möchte ihn unter Denkmalschutz stellen lassen, die Dorfwirtschaft und die Schule in ein Hotel mit Restaurant aufmotzen und das ganze Dorf in ein Wellnesscenter umwandeln. – Liberale großvisionäre Projekte durch ausländische Investoren? So politisch sind weder Raoul Biltgen, der mit „De Wollef kënnt heem“ sein luxemburgisches Theater-Debut gibt, noch Eva Paulin mit ihrer Inszenierung dann doch nicht. Sie belassen es bei einer parabelhaften Inszenierung, in der der Wortwitz und alte Luxemburger Ausdrücke wie „Siwe Schëppe Schaïssdreck“ und das schauspielerische Können der alten Hasen wie Jean-Paul Maes, Marc Olinger und Philippe Noesen im Vordergrund stehen und vor allem alt-eingessene Luxemburger auf ihre Kosten kommen dürften. „Wat de Bauer net kennt, dat frësst en net. A wat en net frësst, brengt en net ëm“ lautet die Devise, denn am Ende rächen sich die Dorfbewohner an dem Aufschneider. Wenngleich der Humor mitunter hart an der Grenze zum Stammtischniveau ist, etwa wenn Mady Durrer bezeugt, dass Emils „Krinnchen“ ihr zu klein wäre oder es heißt: „Du guckst zu viel preisesche Fernseh!“, blitzt immer die nötige (Selbst-)ironie auf. Einzelne Dialoge sind klug angelegt. „Bist Du Historiker?“ heißt es an einer Stelle etwa. „Wenn etwas nur lang genug behauptet wird, dann ist es so“, lautet die lakonische Antwort des Bauern. Mit Eva Paulins gewitzter Inszenierung vor einer schlichten Kulisse (eine bunte Lichterkette; ein Hirschgeweih) wird Raoul Biltgen sicher nicht zum Erneuerer des Volksstücks werden, trotzdem erinnert „De Wollef kënnt heem“ an die frühen Stücke Ödon von Horvàths. Der Eindringling Emil fungiert als Spiegelbild der Dorfgesellschaft – er hält den Lëtzebuergern ihre Kleingeistigkeit und Beschränktheit vor und am Ende siegt doch die Bauernschläue: Emil, der Nestbeschmutzer, muss dran glauben, weil das Leben im dörflichen Mikrokosmos einer ganz simplen Logik folgt: „Mach et wi d’Leit, da geet et der wi de Leit“.

Am 21., 22. und 23. Mai um 20h und am 25. Mai um 17h30 im Bettemburger Schloss.


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