WOODY ALLEN: Sechster Sinn?

„Magic in the Moonlight“ ist eine verspielte Sommer-Komödie im Stile von Woody Allens frühen Filmen. Eine Hommage an schöne Frauen wie Emma Stone und nicht zuletzt an Woody Allens eigentliches Genre.

Ob Hellseherin oder Rotzgöre. – Sophie (Emma Stone) weiß Stanley (Colin Firth) zu verzaubern.

Woody Allens Filmpallette ist alles andere als monoton. Wirklich politisch wird er aber immer nur dann, wenn es darum geht, den Schein der Glamourwelt der Schönen und Reichen zu entlarven, wie etwa in „Celebrity“ (1998). War sein letzter Film „Blue Jasmine“ (2013) noch ein schweres Sozialdrama diesen Schlages, so kehrt der Altmeister nun zu seinem ureigenen Genre, der Komödie, zurück. So ist „Magic in the Moonlight“ eine leichte Komödie mit dem typischen Allen-Humor geworden und erinnert vor allem durch die beschwingte Jazzmusik stark an seine frühen Filme.

Die goldenen 1920er Jahre sind nicht nur in Berlin eine Zeit des ausufernden Feierns und der Jazz- und Swing-Rhythmen. Der berühmte Magier Stanley (Colin Firth), auf der Bühne ein chinesischer Zauberkünstler, der schon mal einen Elefanten verschwinden lässt, hinter den Kulissen aber ein überheblicher Misanthrop, reist nach Südfrankreich, wo er auf die entzückende, mysteriöse Sophie (Emma Stone) trifft. Sie gibt vor, Hellseherin zu sein und ihr werden überirdische Kräfte zugeschrieben. Für den Meister ist die potenzielle Konkurrentin in jeder Hinsicht eine Herausforderung, je länger er sie ansieht, desto ratloser wird er. Denn Stanley ist ein durch und durch rationaler Mensch, der sich die Welt ganz mit seinem Verstand erklärt. „Es gibt fünf Sinne. Ich glaube an keinen sechsten“, erklärt er anfangs im Brustton der Überzeugung. Und obwohl er dem „Wunderkind“ zunächst mit offenem Spott entgegentritt, lässt die Begegnung mit der rothaarigen Sophie den prinzipientreuen Mann von Welt mehr und mehr an sich zweifeln. Und auch Sophie, die sich lolitahaft am Pool räkelt, kokett auf der Gartenschaukel sitzt, sich permanent etwas zum Naschen in den Mund schiebt und gelangweilt die Bemühungen ihres reichen Verehrers Brice hinnimmt, der, an ihre Fersen geheftet, vollkommen schmerzfrei Liebeslieder auf einer Ukulele klimpert – fühlt sich von Stanley herausgefordert. Bei einer Spritztour zu Stanleys Tante in die Provence haben die beiden eine Autopanne und landen, von einem Regenschauer überrascht, vollkommen durchnässt in einem versteckten Planetarium, von wo aus sie den Sternenhimmel bewundern. Ein romantischer Schlüsselmoment, nach dem zumindest für Sophie nichts mehr ist, wie es war. Stanley hingegen will sich seine Gefühle für Sophie lange nicht eingestehen. Bis der ganze Schwindel auffliegt, Sophies hellseherische Fähigkeiten sich als Farce entpuppen und Stanley, der der Presse feierlich die Entdeckung eines echten Wunderkindes verkündet hatte, als Trottel dasteht.

Dabei hat sein Weltbild längst Risse bekommen, und irgendwann ist auch ihm klar, dass er Sophies Charme schon lange verfallen ist. Das Happy End ist bei so einer Romanze eigentlich vorprogrammiert, doch letztlich zweitrangig. Eindrucksvoll ist vor allem die Besetzung. Emma Stone ist in der Rolle der geheimnisvollen, verführerischen Sophie einfach hinreißend, wenn sie die Geister beschwört und dabei melodramatisch die Augen verdreht, und Colin Firth gibt eindrucksvoll den distinguierten Mann von Welt und blasierten Upper-Class-Engländer – ein Charakter, der in seiner Selbstironie nur allzu gut an den jungen Woody Allen erinnert. Ob beim Zwiegespräch mit Gott ertappt, oder wenn er haarsträubende Komplimente drechselt – des Altmeisters Alter ego?

Wer meint, im Alter verlören Filmemacher ihre Kreativität, liegt im Falle Allens jedenfalls falsch. „Magic in the Moonlight“ ist eine sorgfältig durchkomponierte romantische Komödie, die in trügerischer Figurenkonstellation, Wortwitz und dem Clou am Ende einen fast schon an die Dramen Shakespeares erinnert. Seinen feinen Humor weiß Allen wohl zu dosieren. Keine Schenkelklopfer, sondern kluge Wortspiele, machen die eineinhalbstündige Komödie so zu einem – freilich kurz währendem – Vergnügen.

Im Utopia


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