Drei Abgeordnete haben sich mit parlamentarischen Anfragen an die Gesundheitsministerin gewandt. Sie befürchten einen Ärztemangel …
In der EU werden bis 2020 mehr als 200.000 Ärzte fehlen, vermelden europäische Medien alarmiert. Und auch in Luxemburg suche man im Osten des Landes händeringend Ärzte, in den Bereitschaftsdiensten der Kliniken fehlt es an Augenärzten und anderen Spezialisten, heißt es. Panikmache oder ein realer Trend, der sich zuspitzt?
Gleich zwei parlamentarische Anfragen – von Gast Gibéryen (ADR) und den CSV-Abgeordneten Nancy Arendt und Léon Gloden -, die einen drohenden Ärztemangel in Luxemburg ausmachen wollen, sind bei Gesundheitsministerin Lydia Mutsch eingegangen. Die gibt sich gelassen, die Befürchtungen der Deputierten teilt sie nicht. Den statistischen Angaben des Gesundheitsministeriums zufolge ist die Anzahl der praktizierenden Ärzte in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Allgemeinmediziner und Zahnärzte hielten sich mit rund 400 im Land die Waage und Fachärzte gebe es mittlerweile rund 1.000, so die Statistiken des Gesundheitsministeriums, die sich allerdings noch auf das Jahr 2012 beziehen. Dem Präsidenten der Patiente Vertriedung, René Pizzaferri, zufolge liegt die Zahl der Ärzte, zähle man die Grenzgänger mit hinzu, mittlerweile sogar bei 1.700. Proportional zur Bevölkerungsdichte sei in den letzten Jahren auch die Ärztedichte gestiegen, konstatiert auch er, und damit stehe Luxemburg im internationalen Vergleich gar nicht so schlecht da.
Überalterung der Ärzteschaft
Doch im Osten des Landes herrscht Ärztemangel, weshalb die Patientenvertretung Anfang des Jahres unlängst forderte, dort eine „maison médicale“ zu errichten. „Die Einstellung der Ärzte hat sich gewandelt“, meint Pizzaferri, sie hätten heute geregeltere Arbeitszeiten; die langen Wartezeiten in den Notaufnahmen führt er auf eine schlechte Organisation der Krankenhaus-Verwaltungen zurück. So stünden wegen internem Gerangels den Patienten hochspezialisierte Geräte nicht immer zur Verfügung. Auch kämen einige Patienten in die Notaufnahmen kommen, um schlicht und einfach ihren Hausarzt dort zu treffen. Es bedürfe besserer Strukturen, um dringende Notfälle von gewöhnlichen Patienten, die zu Kontrollen kommen, zu trennen.
Für Ärzte aus dem Ausland bleibt Luxemburg als Arbeitsplatz freilich noch immer verlockend. Bei den Gehältern liege das Land „an der Spitze Europas“, stellt Pizzaferri fest. Und auch die Ministerin bestätigt die Attraktivität des Standorts. Ein breites Spektrum von innerhalb der EU erworbenen Diplomen werde in Luxemburg anerkannt. Dass ein Großteil der hierzulande praktizierenden Ärzte bereits zwischen 55 und 59 Jahre sei, bedeute nicht zwangsläufig, dass diese bald in Rente gingen. Da es sich meist um eine freiberufliche Tätigkeit handele, gebe es auch keine verbindliche Altersgrenze für den Ruhestand, so Mutsch. Doch wird die Überalterung der Ärzteschaft (zwei Drittel der Luxemburger Ärzte sind über 50) nicht dazu führen, dass sich in zehn bis zwanzig Jahren in Luxemburg der Ärztemangel erst richtig bemerkbar macht?
Aufgrund der relativ langen Ausbildungsdauer fingen Ärzte erst ab 30 an zu arbeiten und hörten auch nicht zwangsläufig mit 65 Jahren auf, rechtfertigt Mutsch die demografische Struktur. Daneben gebe es ausländische Ärzte, die sich erst nach ihrem 40. oder 50. Lebensjahr in Luxemburg niederlassen. Mutsch dreht den Spieß sogar um: Durch die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte könne es bald sogar zu einer Spezialistenschwemme kommen. In jedem Fall könne sich der Zuzug von Spezialisten rasch auf die Ärztedichte auswirken. Um mehr Luxemburger zum „Hierbleiben“ zu motivieren, habe man vor, auf der nächsten Studentenbörse Mitte November die „Gesundheitsberufe“ zum Schwerpunkt zu machen. Das Ministerium werde dort mit einem eigenen Stand vertreten sein, um sich Fragen von Interessenten zu stellen. Dass die sozialistische Ministerin so offen Luxemburger favorisiert, erstaunt denn doch ein wenig. Zumal, wenn man sich vor Augen führt, dass es gerade die unliebsamen Grenzgänger sind, die das Luxemburger Gesundheitssystem mit am Leben erhalten.