GEWERKSCHAFTEN: Zum Wohle
des Landes

Der Haushaltsentwurf ist alles andere als sozial gerecht, darin sind sich die Gewerkschaften einig. Doch anstatt gemeinsam gegen ihn vorzugehen, streiten sich LCGB und OGBL.

Patrick Dury hatte förmlich Schaum vor dem Mund, als er am Dienstag vor die Presse tat, um die Position seiner Gewerkschaft zum Haushaltsentwurf darzulegen. „Unfair und asozial“ der Budget-entwurf, „inakzeptabel“ die Kürzungen bei den Familien, „konzeptlos und widersprüchlich“ die Regierungspolitik, ereiferte sich der Präsident des LCGB.

Wie ein Großteil der Maßnahmen der Koalition belaste sowohl die Erhöhung der Mehrwertsteuer als auch die Einführung einer 0,5-Prozent-Abgabe für Kinderbetreuung vor allem Arbeitnehmer und Rentner. Die „allocation de maternité“ sowie die „allocation d’éducation“ abzuschaffen, gehe in eine völlig falsche Richtung, so Dury: „Wir können nicht zulassen, dass Frauen, die entscheiden, bei ihren Kindern zu bleiben, stigmatisiert werden.“ Vielmehr seien neue Arbeitszeitmodelle vonnöten, die es Eltern ermöglichen, halbtags zu arbeiten.

Anstelle wirksamer Maßnahmen gegen die zunehmende Arbeitslosigkeit plane Blau-Rot-Grün, die Leistungen für Arbeitslose herunterzufahren: „Was soll das Geschwafel von Aktivierung?“ fragte Patrick Dury und forderte die Regierung auf, „gegen die Arbeitslosigkeit anstatt gegen Arbeitslose“ vorzugehen.

Scharfe Kritik übte Dury auch an der geplanten Reform des Gesetzes zum innerbetrieblichen Sozialdialog (Gesetzesprojekt 6545). Durch dieses Vorhaben, das der Gewerkschaft, die in einem Betrieb über die Mehrheit verfügt, Vorteile gegenüber den kleineren Gewerkschaften verschafft, werde „per Gesetz“ die „Einheitsgewerkschaft“ eingeführt. Im Gegenzug halte die größte Gewerkschaft des Landes sich mit Kritik an der Regierungspolitik zurück. Von einem „Kuhhandel“ sprach Patrick Dury.

Sehr zurückhaltend war die Stellungnahme des OGBL zum Budgetentwurf dann aber doch nicht: In einem Presseschreiben zeigte sich die Gewerkschaft „skandalisiert“ über das „beängstigende und tendenziöse Bild“, das die Regierung von der finanziellen Lage des Landes zeichne. Die ist laut Pressemitteilung nämlich gar nicht so schlimm wie von der Koalition dargestellt: „Die öffentliche Verwaltung verzeichnet derzeit einen Haushaltsüberschuss (…) Selbst bei unveränderter Politik würde der Haushalt bis 2018 wieder ins Gleichgewicht kommen.“ Auch das Ausmaß der Staatsverschuldung – die sich durch Investitionen in die Zukunft, aber auch durch die Rettung der Banken und die Beteiligung am europäischen Rettungsschirm erklären lasse – sei eigentlich vernünftig.

Mangelnde Dialogbereitschaft

Das Maßnahmenpaket der Regierung sei nicht nur „absurd“, da es die Binnenmarktnachfrage drossle und somit einem wirtschaftlichen Aufschwung im Weg stehe, sondern auch „alles andere als ausgewogen“, so der OGBL, der von Blau-Rot-Grün eine komplette Neuorientierung der angekündigten Haushaltspolitik fordert.

Auch von anderer Seite kommt Kritik: Die Studentenvereinigung Unel wirft der Regierung vor, mit ihrem Maßnahmenkatalog mehr Fragen aufzuwerfen als Antworten zu geben. So ist Pol Reuter, Präsident der Organisation, der Meinung, man könne nicht vorgeben, in die Zukunft des Landes investieren zu wollen, wenn man noch kurz vor dem Sommer die Studienbeihilfen massiv gekürzt habe. Die Unel habe zwar bisher nicht unbedingt geplant, konkret gegen den Sparhaushalt vorzugehen, doch sei man offen für Gespräche mit den Gewerkschaften, so Reuter.

In einem Punkt sind sich bisher fast alle Akteure einig: Der Regierung mangelt es an Dialogbereitschaft. Warum es eigentlich bisher keinen wirklichen Sozialdialog zum Budget gegeben habe und ob sich daran etwas ändern solle, fragte Justin Turpel, Abgeordneter von Déi Lénk, den Premierminister. Angesichts der drängenden Probleme habe die Regierung eben Verantwortung übernehmen und Maßnahmen zum Wohle des Landes ergreifen müssen, so die Antwort Xavier Bettels.


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