Fields Todd: In the Bedroom

Überraschender Kassenerfolg in den USA: Mit seinem Regiedebüt „In the Bedroom“ gelang Regisseur Todd Fields ein für Hollywood ungewöhnlich realistisches und einfühlsames Psychodrama.

Der Versuch über den Schmerz zu kommunizieren wird scheitern. Tom Wilkinson und Sissi Spacek in „In the Bedroom“.

Rache, die nicht erlöst

„Welcome to Camden“ steht auf dem Torbogen. Camden ist ein Küstenstädtchen im US-Bundesstaat Maine mit schnuckeligem Hafen und Grillparties, die brave Bürger in gepflegten Vorgärten abhalten.

Ein solches Gartenfest findet auch bei den Fowlers statt. Die Sonne scheint, der Sohn Frank (Nick Stahl) ist in den Semesterferien nach Hause gekommen, man isst, trinkt und scherzt ein bisschen. Typisches US-Mittelklasse-Idyll, wäre da nicht die zehn Jahre ältere Flamme des 21-jährigen Frank. Natalie (Marisa Tomei) hat zwei Kinder und eigentlich auch einen Noch-Ehemann – ein Umstand (mehr), der der biederen Mutter Ruth Fowler (Sissy Spacek) missfällt. Für sie ist die Geliebte ihres Sohnes nicht standesgemäß, zudem fürchtet sie, die Affäre könnte Franks weitere Karriere beeinflussen. Vater Matt (Tom Wilkinson), von Beruf Arzt, lässt den Sohn dagegen gewähren, er ist selbst von der hübschen Natalie angetan.

Dann passiert das Unerwartete. Natalies eifersüchtiger und gewalttätiger Ehemann Richard (William R. Mapother) taucht auf, zunächst auf der Party, ein paar Tage drauf in Natalies Haus. In der Hand hält er eine Pistole. Kurze Zeit später liegt Frank tot auf dem Boden.

Der Film interessiert sich aber nicht weiter für die Bluttat, er konzentriert sich stattdessen auf die Folgen. Mit eindringlichen Bildern zeichnet die Kamera die Gefühle der hinterbliebenen Eltern nach. Für diese ist nach dem Tod ihres einzigen Sohn nichts mehr wie es war. Aufgrund mangelnder Beweise ist der Mörder schon bald wieder auf freiem Fuße – und quält mit seiner Präsenz die verbitterte und erboste Ruth, die ihm in der Stadt begegnet.

Provinzdrama ohne Pathos

„In the Bedroom“ stellt die moralische Frage der Lynchjustiz – ohne den falschen Pathos vieler anderer, amerikanischer Streifen. Mit ruhigen, präzisen Aufnahmen dokumentiert der Film, wie die ungesühnte Tat als Gift in den Herzen der Fowlers fortwirkt. Aus unbefriedigten Rachegelüsten, Ohnmacht und verlorenem Glaube an Gerechtigkeit werden Hass und Rechtlosigkeit, die ihrerseits in Gewalt münden.

Jungregisseur, Fotograf und Schauspieler Todd Fields, einigen vielleicht noch als der Pianist in Stanley Kubricks „Eyes Wide Shut“ in Erinnerung, hält sich dabei mit allzu bewertenden Botschaften zurück. Der Alptraum der Fowlers, deren Hilflosigkeit und Unfähigkeit zur Vergebung, drückt sich besser in der Kulisse aus: tiefnachts, im dunklen Wald kommt es zur Tat, die niemanden erlöst.

Auch den unterschiedlichen Umgang mit Leid fängt der Film mikroskopisch genau ein: die unversöhnliche, verzweifelte Trauer von Ruth Fowler auf der einen Seite, die innerlich emigriert und wie paralysiert ihren Job als Musiklehrerin gegen stummes Fernsehen und Zigaretten eintauscht. Die stumme Flucht ihres Gatten Matt in seinen Beruf und einen Alltag, der ebenfalls plötzlich jeden Sinns beraubt zu sein scheint. Der Arzt versucht zwar zunächst einen anderen, versöhnlicheren Umgang mit dem Verlust, aber sein Versuch, mit seiner Ehefrau über den Schmerz zu kommunizieren, kommt zu spät und scheitert an gegenseitigen, tief sitzenden Schuldvorwürfen.

Und hier ist es, wo das sonst recht genaue Psychodrama etwas schwächelt: Die Komplexität des Trauerprozesses und der hilflosen Abkapselung beider PartnerInnen, die Perversität und die gleichzeitige Überlebens-Notwendigkeit eines Alltags kann wegen des begrenzten zeitlichen Rahmens nur angedeutet werden. Einige Szenen, wie Matts Kartenspiel mit betroffen dreinblickenden Kumpels, wirken in diesem Zeitraffer etwas plakativ.

Nichtsdestotrotz, Fields Spielfilmdebüt, das sich übrigens an der Erzählung „Killings“ des befreundeten, 1999 verstorbenen Schriftstellers André Dubus orientiert, kann sich wirklich sehen lassen und in Anbetracht der schauspielerischen Leistungen hätten vor allem Sissy Spacek und Tom Wilkinson durchaus einen Oscar verdient.

Ines Kurschat

Im Utopia


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