Agrarpolitik: Zwischen Protektionismus und Gigantismus

In vielen Ländern Europas gehen Landwirt*innen auf die Straße, obwohl die EU-Kommission ihnen Zugeständnisse gemacht hat. Auch in Luxemburg gab es trotz einer zuvorkommenden Regierung eine Protestaktion.

Foto: milesz/Pixabay

Am vergangenen Mittwoch blockierten Mitglieder der „Lëtzebuerger Landjugend a Jongbaueren“ gemeinsam mit ihren Berufskolleg*innen aus Deutschland und Frankreich die Moselbrücke in Schengen. 200 Traktoren sollen laut RTL an der Aktion beteiligt gewesen sein. Die Landjugend wollte damit ihren Unmut über die europäische Agrarpolitik ausdrücken. Im Vorfeld hatte sie ein Statement des „Europäischen Rats der Junglandwirte“ unterzeichnet. Darin wurden die Proteste der Landwirt*innen als „legitimer Ausdruck einer Langzeitfrustration“ bezeichnet. Niedrige Preise, wachsender administrativer Aufwand sowie unfaire Handelspraktiken verursachten eine Krise in der Landwirtschaft.

Auch Déi Lénk sorgen sich um das Wohl der Landwirt*innen und deren Existenzängste. „Die Gründe dafür sind aber nicht in der Umweltpolitik zu suchen, sondern im Konkurrenzdruck zwischen Ländern, Regionen und Betrieben sowie einem deregulierten Markt, der auf Gigantismus setzt und kleine und mittlere Bauernbetriebe ruiniert“, so die Partei in einer Pressemitteilung. Sie kritisiert die Entscheidung der EU-Kommission – und die ihr zustimmende Haltung der luxemburgischen Regierung – zu brachliegenden Flächen.

Die Regelung, dass vier Prozent der landwirtschaftlichen Flächen aus ökologischen Gründen brachliegen sollen, war im Zuge des Ukraine-Kriegs ausgesetzt worden, dies soll nun ein weiteres Jahr gelten. Laut Déi Lénk sei dieser Produktivismus jedoch wirtschaftlich unsinnig, da es durch höhere Importe aus der Ukraine zu einem Preisverfall gekommen sei. Die Oppositionspartei fordert eine Wiedereinführung von Produktionsquoten und höhere Subventionen für Produktionsweisen, die Biodiversität und Klima schützen.

Die Forderung nach Quoten dürften dem „Fräie Lëtzebuerger Bauereverband“ (FLB) und der „Baueren-Allianz“ nicht schmecken. In einer gemeinsamen Mitteilung sprachen sich beide Verbände zwar auch gegen „Dumping-Importe aus Drittländern“ aus, monierten jedoch ebenfalls zunehmende Bürokratie und „Einschränkungen der Produktion“. Möglicherweise sind mit Letzterem nicht die Brachflächen, sondern der Einsatz von Pestiziden gemeint. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte am Dienstag an, die geplante Regelung, die eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 vorsah, zurückzunehmen.

Regierung auf Kuhkuschelkurs

Die Luxemburger Regierung gibt sich der Landwirtschaft gegenüber äußerst zuvorkommend. Landwirtschaftsministerin Martine Hansen (CSV) traf sich mit verschiedensten Organisationen des Sektors – zum Beispiel mit den Schweinezüchter*innen, deren ökonomische Situation besonders schwierig ist – und versprach, ihre Vorschläge in eine Überarbeitung des Agrargesetzes aufzunehmen. Im Regierungsprogramm von CSV und DP ist eine Überprüfung des Gesetzes in zwei Jahren vorgesehen. Doch womöglich kommt die – oder andere, spezielle Maßnahmen – früher. Am Donnerstag trafen Premier Luc Frieden, Umweltminister Serge Wilmes und Landwirtschaftsministerin Hansen (alle drei CSV) kurzfristig Vertreter*innen des Agrarsektors. Durch diese Gespräche seien Protestaktionen in Luxemburg „absurd“, so das Schreiben der FLB und Baueren-Allianz.

Die Perspektive der Biolandwirtschaft fehle aktuell im öffentlichen Diskurs, so die „Vereenegung Biolandwirtschaft Lëtzebuerg“ in einer Pressemitteilung am vergangenen Montag. „Großunternehmen aus Landwirtschaft, Lebensmittelwirtschaft und Handel“ dirigierten Politik und Gesellschaft, ohne auf ethische Grundsätze zu achten, heißt es darin. Das, gemeinsam mit steigenden Ansprüchen, erzeuge Druck. Es sei legitim, dass Landwirt*innen „aufstehen und sich gegen diesen Druck wehren“, allerdings dürfte die Forderung nicht lauten, den Schutz der natürlichen Ressourcen zurückzuschrauben. Die Biolandwirtschaft biete Chancen, die Lebensmittelversorgung „zukünftig umweltverträglich und resilient zu gestalten“.

 


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