Herzfeld – The Sack

Anhaltender, jahrelanger Protest entspricht nicht unbedingt einer abendländischen Geisteshaltung. Während der arabische Frühling seinem zweiten Sommer entgegentritt, schmelzen die Occupy-Hippies anscheinend von der Erdoberfläche oder verschwinden wenigstens größtenteils aus den Abendnachrichten. Beharrend bleiben Menschen anscheinend einzig und alleine bei der Facebook Dislike-Button Diskussion. Es scheint eines jeden Menschen Grundrecht zu sein, seine Unfreude gegenüber einem Post, einem Profil-Update, etc. zu zeigen.
Malcom Eden, Frontmann der britisch-französischen Kombo Herzfeld hat dieser Diskussion auf dem Cover seiner 1994 erschienenden Mini LP The Sack alles vorweg genommen. Auf stechend gelbem Hintergrund prangen Piktogramme, darunter jenes eines nach unten zeigenden Daumens, die einem sowohl inhaltlich als auch ideologisch die Route vorgeben: Auf The Sack steht man links und hält es minimalistisch. mehr lesen / lire plus

Vintage-Kalkül

Vintage-Kalkül
Es ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, wie es sich anfühlte, als 1968 der Italo-Western „Il buono, il brutto, il cattivo“ die Kino-
leinwände eroberte. Ob die Menschen zu dem Zeitpunkt wussten oder auch nur ahnten, dass sich das Titelthema des italienischen Komponisten Ennio Morricones mit koyoten-ähnlichem Geheul, Kanonenschüssen und Pfiffen in das Langzeitgedächtnis eines jeden Film- und Musikkenners einbrennen würde? Morricone war jedoch nicht der einzige, der ab den 1960er Jahren in Italien etliche B- und C-Movies von so genannten Italo-Western über Giallo- und Poliziotteschi-Filme musikalisch untermalte. Weit weniger bekannt sind Bruno Nicolai, Allesandro Allessandroni, Pierro Piccioni, Luis Bacalov und viele andere. mehr lesen / lire plus

ELEKTRO: Hölle

Wie jedes Jahr fiebert Luxemburgs Party-Elite dem Ende der Philharmonie Saison entgegen: Denn bei der „End of Season“-Party setzt das hohe Haus nicht auf gediegene Töne, sondern auf erstklassigen Elektro.

Wird den Teufel an die Kolonnen der Philharmonie malen: DJ Hell.

Diesen Freitag ist es mal wieder so weit. Die Philharmonie feiert mit der „End of Season“-Party die Musik, das Ende der Saison und vor allem sich selbst. Bei den vergangenen Ausgaben gaben sich sehr glamouröse Acts in der Vorhalle dieser Kulturinstitution die Ehre: DJ Kool Herc, Etienne de Crécy, 2 Many DJs und Marino Berardi.

Wäre die Akustik dieser Vorhalle so gut wie die alljährliche Auswahl der DJs, dann wären dies wohl auch perfekte Partynächte. mehr lesen / lire plus

Gloss Drop

Vor nunmehr vier Jahren erschien das wohl spektakulärste Debütalbum des 21. Jahrhunderts. Bei „Mirrored“ der New Yorker Band Battles waren sich Kritiker einig: Rock ist endlich in der Jetztzeit angekommen. Klaustrophobisch stampfend und sehr beängstigend brach die Musik wie eine Lawine über den Hörer herab. Man hatte zum ersten Mal das Gefühl, eine Band hätte es geschafft, mit klassischer Instrumentierung Computermusik zu machen. Seitdem hat Tyondai Braxton, vermeintlicher musikalischer Kopf die Band verlassen um sich auf eigene Projekte zu konzentrieren und die ganze Post-Rock-Welt stand Kopf. Was soll nun passieren? Battles ohne Braxton dürfen sich nicht mehr Battles nennen! Man erinnerte sich an die Diskussionen um Pink Floyd als Waters entschied seinen eigenen Weg zu gehen. mehr lesen / lire plus

Gil Scott-Heron. Ein Nachruf

(td) – Wir erinnern uns: Vor nicht allzu langer Zeit wurde in Ägypten ein Diktator gestürzt. Dieser Umstand wurde jedem bewusst als Al Jazeera begann aus der Vogelperspektive vom Tahrir-Platz zu berichten und man plötzlich die Möglichkeit hatte in Echtzeit Zeuge einer vermeintlichen Revolution zu werden.
Für diese kurze Zeit des Aufruhrs wagte man es doch tatsächlich, an den Worten eines großen Künstlers zu zweifeln: „The revolution will not be televised“. Hatte dieser Mann schlussendlich vielleicht Unrecht?
Dieser Künstler, mit bürgerlichem Namen Gilbert Scott-Heron, verstarb am letzten Freitag im Alter von nur 62 Jahren. Dieser Satz mag wohl arg abgedroschen klingen, aber das Vermächtnis, das Scott-Heron hinterlässt, ist wahrlich groß. mehr lesen / lire plus

Fleet Foxes – Helplessness Blues

Die neue Fleet Foxes Platte „Helplessness Blues” könnte man problemlos mit dem Wort Waldspaziergang beschreiben. Und dies in zweierlei Hinsicht : Zum einen weiß man ganz genau, auf was man sich einlässt, wenn man in einen Wald geht: Vögel zwitschern und man findet Bäume, Laub und Moos vor. So ähnlich ist es mit dieser Band. Aus Seattle stammend, eine Stadt, die vordergründig durch die Grunge-Bewegung in den 1990er Jahren weltbekannt wurde, stehen die Fleet Foxes mit ihrem Mastermind Robin Pecknold schon emblematisch mit dem Holzfällerlook mit Vollbart für die Hinterwäldleratmosphäre des Ostküstenstaates Washington. Man erwartet erstklassigen, pastoral anmutenden Indie Folk, der seine Vorbilder, Crosby, Stills & Nash oder auch Simon & Garfunkel, keineswegs leugnet. mehr lesen / lire plus

The United States of America – The United States of America

Wir erinnern uns: Vor zwei Monaten verstarb Trish Keenan, Frontfrau der britischen Band Broadcast. In den zahlreichen Nachrufen in der Presse wurde oftmals von Dorothy Moskowitz gesprochen, deren kindlich naiven Gesang sich Keenan angeeignet hatte. Moskowitz war die Sängerin der Band United States of America. Joseph Byrd hatte diese Truppe 1967 mit Filmstudenten (u.a. Moskowitz) gegründet. Byrd studierte Akustik und Psychologie, fühlte sich aber zur psychedelischen und avant-gardistischen Musik hingezogen. Das Leben in einer Kommune und halluzinogene Drogen gehörten auch dazu.
The American Metaphysical Circus, der Titel des ersten Stückes, ist programmatisch für das Album: Infantiler Wahnsinn trifft auf Burleske und das auf allen Ebenen. mehr lesen / lire plus

The King of Limbs

(td) – Montag, der 14. Februar 2011. Aus heiterem Himmel setzt Radiohead das Erscheinen des neuen Albums The King of Limbs auf den darauffolgenden Samstag an. Am Freitag Vormittag entscheidet die Band, die Veröffentlichung um einen Tag vorzuverlegen. Der Hype ist perfekt. Gegen Abend desselben Tages kann man sogar schon verfrühte Rezensionen lesen. Was gibt es zwei Wochen später zur Musik zu sagen? „Open your mouth wide“ schlägt uns Thom Yorke im Opener „Bloom“ vor. Einziges Problem: Beim ersten Hören des 38-minütigen Materials stellt man fest, dass man besser täte, nicht alles sofort einzunehmen, dies könnte Verdauungsprobleme zur Folge haben. Man ist einfach restlos überfordert mit den Unmengen an Ideen. mehr lesen / lire plus

Suicide

(td) – Brüssel, 16. Juni 1978 – Kurz vor Mitternacht muss die Polizei auf den Boulevard Anspach zum Konzertsaal Ancienne Belgique, anrücken um einen randalierenden Mob mit Tränengas zu vertreiben, der kurz zuvor noch die Künstler auf der Bühne anschrie, teilweise auspfiff, bis sie schließlich anfing, Stühle auf die Bühne zu werfen. Doch wer war diese Band? Suicide. Erst wenige Monate vor diesem denkwürdigen Auftritt, dessen Ablauf sich so oder ähnlich in anderen Städten wiederholen sollte, veröffentlichten Suicide, die Band um Sänger Alan Vega und Tastenhauer Martin Rev, ihr Erstlingswerk „Suicide“. Der Name ist Programm. Rev steuert mit einem flirrenden Syntheziser und einer Drummachine, die von einem derart albtraumhaften primitiven Minimalismus zeugt, dass man sie, je nach Gemütszustand, entweder als höllenartiges ballerndes Maschinengewehr oder als Harley-Davidson im Leerlauf wahrnimmt, zur Endzeitstimmung bei. mehr lesen / lire plus

Monks – Black Monk Time

1966: Während die Beatles die Sonne heraufbeschwören und die Beach Boys sich fragen, ob es nicht schöner wäre etwas älter zu sein, sind es fünf amerikanische, in Deutschland stationierte GIs Leid immer die gleichen Beat-Hits zu covern. Mit der Hilfe von zwei Kunst-Studenten wird das Image der Torquays, einer der zahlreichen deutschen Beat-Kapellen, aufpoliert. Es werden Mönchskutten übergezogen, die Haare halb weg rasiert und der Name der Band logischerweise in Monks umgewandelt. Somit beginnt wohl eine der spannendsten Geschichten im Pop. Denn was die Monks auf ihrem einzigen Album, „Black Monk Time“, produzieren, ist tatsächlich ihrer Zeit wenigstens zehn Jahre voraus. mehr lesen / lire plus

ALEXIS DOS SANTOS: Strangers in the Night

Alexis Dos Santos` Film „Unmade Beds“ für und über junge Leute fehlt es zwar an narrativen Höhepunkten, doch ist seine frische Art durchaus sehenswert.

Auch Bohemians brauchen ihre Frühstücksflocken.

Axl hat ein Problem. Immer wenn er betrunken ist – und das passiert ihm ziemlich regelmäßig – dann vergisst er über Nacht, was ihm am Abend zuvor widerfahren ist. Ironischerweise weiß der 20-jährige Spanier jedoch auf die Matratze genau, in wie vielen Betten er seit Reisebeginn in Madrid geschlafen hat. In 20, um genau zu sein. Jetzt ist er am vermeintlichen Ende des eigentlichen Trips, in London nämlich, und kann sich auf die Suche nach seinem englischen Vater machen. mehr lesen / lire plus