Die neue Fleet Foxes Platte „Helplessness Blues” könnte man problemlos mit dem Wort Waldspaziergang beschreiben. Und dies in zweierlei Hinsicht : Zum einen weiß man ganz genau, auf was man sich einlässt, wenn man in einen Wald geht: Vögel zwitschern und man findet Bäume, Laub und Moos vor. So ähnlich ist es mit dieser Band. Aus Seattle stammend, eine Stadt, die vordergründig durch die Grunge-Bewegung in den 1990er Jahren weltbekannt wurde, stehen die Fleet Foxes mit ihrem Mastermind Robin Pecknold schon emblematisch mit dem Holzfällerlook mit Vollbart für die Hinterwäldleratmosphäre des Ostküstenstaates Washington. Man erwartet erstklassigen, pastoral anmutenden Indie Folk, der seine Vorbilder, Crosby, Stills & Nash oder auch Simon & Garfunkel, keineswegs leugnet. Ganz im Gegenteil, während man ihnen noch auf ihrem von Publikum und Kritik hochgelobten Debüt vorwerfen konnte, sie würden auf einer Art Retrowelle reiten, so muss zugeben dass sich „Helplessness Blues“ locker mit „Bridge Over Troubled Water“ sowie Crosby, Stills & Nash auf der gleichen Wellenlänge befindet.
Wobei wir zum zweiten Punkt kommen bei dem man dieses Album mit dem Wald vergleichen kann: Jedes Mal wenn man dort eintritt, hat sich der Wald verändert, zwar nur fast unbemerkbar, aber er tut es. Man muss nur genau hinsehen. Wenn man dagegen bei den Fleet Foxes genau hinhört, dann erkennt man tatsächlich sehr subtile Neuerungen, aber die führen immer zu einem angenehmen Aha-Effekt, wenn man sie schlussendlich wahrnimmt. Wohlgemerkt, die barocke Vielstimmigkeit von Pecknold und Konsorten bleibt weiterhin erhalten, doch die allgemeine Produktion ist rundum trockener. Den Fleet Foxes vorzuwerfen, sie hätten das gleiche Album noch einmal aufgenommen ist genau so absurd, als würde man sagen, Galaxie 500 hätten ihres drei mal veröffentlicht. Der aufmerksame Hörer ist gefragt. Eines ist sicher, bei ähnlichen Bands sucht man eine derart melodiöse Raffinesse vergeblich. Die Frage die man sich selbst stellen muss ist die, ob man regelmäßiger Waldbesucher ist oder ob man sich nur ganz selten auf ein solches Unterfangen einlassen will.
Tom Dockal moderiert jeden Freitag von 14 bis 16 Uhr die Sendung „Lost in Music“ auf Radio Ara. An dieser Stelle berichtet er regelmäßig über kuriose und hörenswerte Musik aus seiner Sendung.