Drohender Lehrerstreik: Muskelspiele

Mit der Aussicht auf einen möglichen Streik im September erhöhen Claude Meisch und die Lehrergewerkschaften den Druck. Die Situation ist festgefahren.

1325EditoInternetWenn es bis Schulschluss Mitte Juli nicht zu einer Einigung zwischen Minister und Gewerkschaften kommen sollte, könnte pünktlich zur „Rentrée“ ein Streik des Lehrpersonals ins Haus stehen.

Wenn er Schulen besuche, treffe er immer wieder auf LehrerInnen, die sich nicht von den Gewerkschaften repräsentiert fühlen, erklärte Claude Meisch bei seiner letzten Pressekonferenz zum Thema. Man müsse sich nun Gedanken darüber machen, wie man direkt in Kontakt mit den Lehrkräften treten könnte. Den Anfang hierzu hatte Meisch, im Vorfeld der Abstimmung über den im Mai erzielten Kompromiss- vorschlag, mit einem an alle LehrerInnen gerichteten Brief gemacht.

Angesichts der Resultate der Abstimmung unter den Lehrkräften erscheinen Meischs Aussagen allerdings eher als ein kläglicher Versuch, den Druck auf die Gewerkschaften zu erhöhen. Denn drei Viertel der Lehrerschaft haben an der Befragung teilgenommen, von denen fast 94 Prozent das Verhandlungsresultat abgelehnt und somit die Wahlempfehlung der „Intersyndicale“ befolgt haben. Mangelnde Zustimmung für die Gewerkschaften sieht anders aus.

Wenn die Lehrergewerkschaften ein Legitimationsproblem haben sollten, dann eher in die andere Richtung: Zeitweise konnte es so aussehen, als seien die Gewerkschaften bereit, sich auf einen Kompromiss mit dem Minister einzulassen. Verhindert wurde das aber immer wieder durch den Druck der Basis, allen voran der Lehrerkomitees.

Überhaupt scheinen die Lehrerkomitees seit Anfang des Konflikts eine Führungsrolle wahrzunehmen. Sie waren es, die eine erste Einigung zwischen Meisch und den Gewerkschaften im Dezember mit einem Aufruf zum Examensboykott verhinderten. Sie dürften es auch gewesen sein, die beim letzten Kompromissvorschlag dafür gesorgt haben, dass die Gewerkschaften den Schwenk von einer vorsichtig zustimmenden hin zu einer dezidiert ablehnenden Position vollzogen.

Dass beide Seiten nun im Hinblick auf eine eventuelle Arbeitsniederlegung versuchen, den Druck zu erhöhen, erscheint verständlich. Es muss aber bezweifelt werden, dass Claude Meischs forsches Auftreten gegenüber den LehrerInnen und ihren Gewerkschaften Früchte tragen wird.

Der Minister beteuert immer wieder, ihm gehe es nicht bloß um Einsparungen, sondern vor allem um eine Modernisierung des Bildungswesens. Dass das Bildungswesen einer grundlegenden Reform bedarf, steht außer Frage. Eine solche aber gegen die Lehrerschaft – die in Luxemburg relativ großes Gewicht hat – durchzusetzen, dürfte schwierig werden. Eine Beteiligung der LehrerInnen scheint also unumgänglich, das gibt auch Claude Meisch zu.

Claude Meischs Muskelspiele gegenüber den Gewerkschaften werden nichts zur Entspannung der Situation beitragen.

Wer den Lehrkräfte Zugeständnisse abverlangen will, gleichzeitig aber die Debatte mit einem Frontalangriff auf die „privilegierten“ LehrerInnen eröffnet, darf sich nicht wundern, wenn das Vorhaben auf Ablehnung trifft. Xavier Bettels Aussage bei seiner Rede zum Budgetentwurf für 2015, man werde künftig „nur noch die Stunden bezahlen, die auch geleistet wurden“, wurde von einem großen Teil der Lehrerschaft als persönlicher Affront gewertet.

Claude Meischs Muskelspiele gegenüber den Gewerkschaften werden nichts zur Entspannung der Situation beitragen. Im Gegenteil: Man könnte fast den Eindruck gewinnen, dass er es auf einen Streik ankommen lassen will. Das würde auch die Drohung erklären, die Regierung sei im Falle einer Arbeitsniederlegung „bereit, ihre Verantwortung zu übernehmen“.

Aus der geschwächten Position nach dem Referendum heraus auch noch einen Lehrerstreik zu riskieren, kann eigentlich nicht im Sinne der Regierung sein. Viel mehr müsste ihr daran liegen, schnellstens einen Ausweg aus der verfahrenen Situation im Bildungswesen zu finden. Nach Schülerstreik, Debatte um den Werteunterricht, Aufruhr im Grundschulbereich und School-Leaks und im Hinblick auf einen möglichen Streik der Lehrkräfte dürfte langsam klar sein: Mit einer Politik der harten Hand kommt man im Bildungsministerium nicht voran.


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