Fahrradfahren: Sécher mam Vëlo op d’Schaff?

Anfang der Woche begann die alljährliche Aktion „Mam Vëlo op d’Schaff oder an d’Schoul“ (MVOS). Zusätzlich startete das Mobilitätsministerium eine Informationskampagne zum Sicherheitsabstand von anderthalb Metern.

Die Kinderfahrraddemo „Kidical Mass“ in Bertrange scheute nicht, auch problematische Stellen wie diesen Bahnübergang in ihre Tour aufzunehmen. (Foto: Foto: Jochen Schanz)

Seit dem 15. Mai heißt es also wieder „Mam Vëlo op d’Schaff oder an d’Schoul“. Alle Menschen, die in Luxemburg arbeiten oder zur Schule gehen, sind aufgerufen, diesen Weg bis zum 31. Juli möglichst oft mit dem Fahrrad zurückzulegen. Dieses Jahr ist es auch erlaubt, einen Teil der Strecke mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurückzulegen, ganz im Sinne der Multimodalität. Ziel ist es, die individuelle Nutzung des Autos zu reduzieren und Gewohnheiten aufzubauen, die im Idealfall nach dem 31. Juli beibehalten werden sollen.

Um möglichst viele Menschen zum Radfahren zu bringen, lockt das Mobilitätsministerium mit Preisen: In drei Kategorien gibt es Einkaufsgutscheine im Wert von insgesamt 12.000 Euro zu gewinnen. Trotz Wahlkampfjahr ist das Budget für die Gewinne um 1.000 Euro geringer als noch 2022. Preise gibt es für je drei Teams und Einzelpersonen, die per Los gezogen werden. Um teilnahmeberechtigt zu sein, muss man sich auf mvos.lu anmelden und mindestens 15 Tage lang mit dem Rad fahren. Teams können aus zwei bis zehn Personen bestehen. In diesem Fall gibt es eine*n Kapitän*in, der*die die zurückgelegten Kilometer auf der Website einträgt.

Anderthalb Meter für Töchter und Väter

Die dritte Kategorie hat gar nicht so viel mit Radfahren zu tun: Der „Social Media Award“ wird an die drei Fotos mit den meisten Likes auf Instagram vergeben. Die Fotos müssen öffentlich gepostet und mit dem Hashtag #MVOS2023 versehen sein. Wer also bereits viele Follower*innen auf Instagram hat, hat demnach eine Starthilfe. Bedenkt man, dass „Likes“ für relativ wenig Geld gekauft werden können, wirkt die ganze Kategorie wie eine eher unbeholfene Idee, MVOS auf Instagram populärer zu machen.

Radneulinge werden womöglich feststellen, dass die Luxemburger Straßen alles andere als fahrradfreundlich sind. Wo keine separate Infrastruktur besteht, muss man sich die Straße mit vielen Autos teilen. Wenn Autofahrer*innen Radfahrer*innen überholen, müssen sie einen Mindestabstand von 1,5 Meter halten. Diese Regelung gilt seit 2018, in der Praxis wird sie jedoch selten eingehalten und deren Missachtung kaum geahndet, weil der Polizei die „nötigen Hilfsmittel“ fehlen.

Nun soll eine Kampagne unter dem Motto „Gesäis de mech?“ helfen, Autofahrer*innen an die anderthalb Meter zu erinnern. Das Ministerium versucht mit Sprüchen wie „Dës Vëlosfuererin ass engem seng Duechter“ oder „Dëse Vëlosfuerer ass engem säi Papp“, daran zu erinnern, dass Radfahrer*innen Menschen mit Familien sind. Auf Plakaten, Bussen, Bildschirmen, im Radio, Fernsehen und auf sozialen Netzwerken wird die Botschaft verbreitet. Zufälligerweise ist das Ende der Kampagne auch am 31. Juli, wie bei der MVOS-Aktion.

Begeisterte Fahrradfahrer*innen wissen jedoch, dass sie sich nicht auf zeitlich begrenzte Kampagnen verlassen können. Sie brauchen einen langen Atem – nicht nur zur Meisterung von Steigungen, sondern auch im politischen Kampf für bessere Infrastruktur. Eine besonders beliebte Aktionsform ist die „Critical Mass“, eine Fahrraddemo, bei der im Verband eine Strecke abgefahren wird. Am vergangenen Sonntag fand in Bertrange die erste „Kidical Mass“, die familien- bzw. kinderfreundliche Version dieser Raddemo statt.

Ziel ist es, Kindern die Freude am Radfahren zu vermitteln und auf den Bedarf an sicherer Fahrrad- infrastruktur aufmerksam zu machen. Die nächste Veranstaltung dieser Art findet bereits am kommenden Sonntag, dem 20. Mai, in Düdelingen satt. Ab 15 Uhr trifft sich die Organisation „Vëlo Diddeleng“ auf dem Platz „Am Duerf“ zur gemeinsamen Radtour. Wenn die Botschaft ankommt und bessere Fahrradinfrastrukturen gebaut werden, braucht es demnächst vielleicht keine Kampagnen mehr, die darauf aufmerksam machen, dass auf dem Fahrrad Menschen sitzen – und vielleicht auch keinen MVOS mehr.


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