Fonds de compensation: Renten ohne Zukunft

Eine öffentliche Debatte über die Investitionsstrategie des Rentenfonds ist ein kleiner Sieg für die Zivilgesellschaft. Doch daraus müssen die richtigen Lehren gezogen werden.

ASTM und Greenpeace demonstrierten vor dem Sitz des Rentenfonds, damit die Investitionsstrategie öffentlich diskutiert wird, bevor sie beschlossen wird. Das hatte Erfolg. (Foto: Frédéric Meys)

Am 15. Dezember sollte die neue Investitionsstrategie des luxemburgischen Rentenfonds, dem Fonds de compensation (FDC), von dessen Verwaltungsrat beschlossen werden. Das ist nicht passiert, unter anderem weil die Gewerkschaftsvertreter*innen die Sitzung verlassen haben. Es ist ein kleiner Sieg für die Zivilgesellschaft, dass es nun eine breitere politische Debatte darüber geben wird, wie die rund 26 Milliarden Euro angelegt werden sollen.

Die bisherige Investitionsstrategie läuft Ende des Jahres aus, die neue sollte von 2023 bis 2027 gelten. Nun gibt es aber noch keine, weil der Vorschlag keine Mehrheit im Verwaltungsrat gefunden hat. Das wohl auch, weil verschiedenste Organisationen Druck gemacht haben. So protestierten nicht nur die NGOs Greenpeace und ASTM vor dem Sitz des FDC, auch das Anti-Atom-Bündnis, in dem sämtliche Regierungsparteien Mitglied sind, hat einen offenen Brief geschrieben.

Der zuständige Minister Claude Haagen (LSAP) zündet in der Diskussion viele Nebelkerzen. Im Parlament sprach er am vergangenen Dienstag davon, dass die neue Investitionsstrategie „noch nicht da“ sei. Er wolle sie mit dem Parlament besprechen und habe daher eine Konsultationsdebatte angefragt. Zuvor hatte er auf Radio 100,7 ausgesagt, er habe einen Brief an den Verwaltungsrat geschrieben, in dem er erklärt habe, warum die Strategie angenommen werden sollte – was nicht klingt, als sei Haagen der Input des Parlaments sonderlich wichtig.

Insgesamt muss man sich ohnehin fragen, was es groß zu diskutieren gibt. Wenn es nicht einmal ein staatlicher Rentenfonds schafft, aus fossilen Energien auszusteigen, wofür existiert er dann? Es wird in 50 Jahren keine lebenswerte Zukunft mehr geben, in der irgendjemand seine Rente genießen kann, wenn der FDC seine Investitionsstrategie nicht sehr bald – am besten schon vorgestern – auf das 1,5 Grad-Ziel einstellt. „Wir versuchen, das Pariser Abkommen zu respektieren“, meinte Haagen dazu. So langsam wäre es jedoch an der Zeit, mit dem Versuchen aufzuhören und endlich wirklich etwas zu tun.

So langsam wäre es jedoch an der Zeit, mit dem Versuchen aufzuhören und endlich wirklich etwas zu tun.

Seit Jahren erzählt uns die Regierung, am Finanzplatz Luxemburg floriere das Geschäft mit grünen Produkten. Warum investiert der Rentenfonds nicht einfach dort? Die Antwort liegt auf der Hand: Das ganze „nachhaltige“ Marketing für die Luxemburger Finanzindustrie ist nicht mehr als Greenwashing. Die Regierung muss sich nun fragen, ob dieses Urteil nicht auch für große Teile ihrer Politik gilt.

Über die EU-Taxonomie für nachhaltige Investitionen wurde lange gestritten, seit Anfang 2022 können Investitionen in Gas und Kernkraft ein „grünes“ Label erhalten. Das gefällt der Regierung nicht, sie will gemeinsam mit Österreich dagegen klagen. Sogar aus den Greenwashing-Steuererleichterungen für Fonds, die bereits ab lediglich 50 Prozent „nachhaltigen“ Investitionen beginnen, hat man Gas und Kernkraft ausgeschlossen. Doch schaut man in die Investitionen des Rentenfonds, sieht die Realität ganz anders aus: Über 800 Millionen Euro sind in Firmen investiert, die mit Kernkraft ihre Geschäfte machen, darunter EDF, Engie und Vattenfall.

Es ist gut, dass 2023 im Parlament über die neue Strategie diskutiert werden wird. Es ist aber auch ein Armutszeugnis für das ach-so-nachhaltige Luxemburg, dass diese Diskussion überhaupt nötig ist. Wären wir tatsächlich so sehr auf Nachhaltigkeit bedacht, wie es das Nation Branding gerne behauptet, wäre der FDC schon längst aus fossilen Energien ausgestiegen.

Diese Investitionen sind auch ein finanzielles Risiko, das die Sicherheit der Renten für zukünftige Generationen in Gefahr bringt. Was passiert denn mit den Pensionsgeldern, wenn diese auf einmal in „stranded assets“ wie etwa Aktien von Kohlegruben stecken, die keine Rendite mehr bringen und nicht mehr verkauft werden können?

Es bleibt zu hoffen, dass die Diskussion im Parlament nicht zur reinen Show verkommt, sondern dass konstruktive Lösungen besprochen werden, wie sowohl die finanzielle und die soziale als auch die ökologische Nachhaltigkeit der Luxemburger Rentenreserven gesichert werden können.


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