Die bisherige Vorgehensweise von Bildungsminister Meisch in der Grundschulpolitik zeugt von wenig Voraussicht. Statt das Problem an der Wurzel zu packen, werden einzig Symptome bekämpft.
Seit der Einführung des dreijährigen Referendariats für angehende Grundschullehrerinnen und -lehrer halten die Probleme an. Obwohl Bildungsminister Meisch auf Druck des SEW-OGBL und der Gewerkschaft SNE-CGFP das Arbeitspensum mittlerweile drastisch reduziert hat, scheint das Praktikum immer noch eine abschreckende Wirkung auf eine Vielzahl an Interessierten zu haben. Im vergangenen Sommer hatten sich 50 Prozent weniger Kandidat*innen für den „Concours“ eingeschrieben. Die Zahl der Absolvent*innen der Universität Luxemburg lag bei nur 70. Als Konsequenz davon fehlte es zu Schulbeginn 2017 an 291 Lehrkräften, es konnten deren aber nur 160 rekrutiert werden.
Viele Probleme hätten wahrscheinlich durch eine vorausschauende Planung vermieden werden können.
Das Bildungsministerium kündigte Analysen an, um herauszufinden, wie der Lehrerberuf wieder attraktiver gemacht werden könne. Parallel dazu müssten neue Wege der Rekrutierung gefunden werden.
Vor knapp drei Wochen dann konnten sich Bildungsministerium und SNE auf eine Reihe von Änderungen einigen, die ab Herbst in Kraft treten sollen: Das Referendariat wird von drei auf zwei Jahre reduziert und auch Bachelor-Inhaber*innen eines Fachs, das an der Grundschule unterrichtet wird, dürfen künftig eine Lehrerlaufbahn beschreiten. Bisher war der Beruf einzig Absolvent*innen der Erziehungswissenschaften vorbehalten.
Des Weiteren werden künftig auch Kandidat*innen zum „Concours“ zugelassen, die erst drei Jahre Erziehungswissenschaften absolviert haben. Sie dürfen dann allerdings entweder nur als Vorschullehrende im Zyklus 1 oder nur als Grundschullehrkraft in den Zyklen 2 bis 4 unterrichten.
Diese Maßnahmen haben eine fragwürdige Wirkung: Statt das Studium der Erziehungswissenschaften wieder attraktiver zu gestalten, bemüht sich Meisch nach Kräften den Lehrerberuf für Absolvent*innen anderer Studiengänge zugänglicher zu machen. Von den aktuellen Änderungen profitieren letztendlich nämlich diejenigen am wenigsten, die das erziehungswissenschaftliche Grundstudium gewählt haben.
Dabei sind es doch gerade Studierende der „Sciences de l’éducation“, die von vorneherein in dieser Sparte tätig werden wollen. Meisch könnte diesen auf vielfache Weise entgegenkommen.
Stattdessen wird nun ein vierjähriges Studium mit 600 praktischen Stunden einem dreijährigen theoretischen Bachelor und zusätzlichen 240 Ausbildungsstunden am Lehrerinstitut IFEN gleichgestellt – auch was das Gehalt betrifft. Kein Wunder also, dass sich die Erziehungswissenschaftler*innen veräppelt fühlen.
Viele Probleme hätten wahrscheinlich durch eine vorausschauende Planung vermieden werden können. Die Reduzierung des Pensums und der Dauer des Praktikums erzeugt jedenfalls den Eindruck der Willkürlichkeit. Welchem Maß und welcher Art der Praxiserfahrung bedarf es denn nun, um ausreichend auf den Lehrerberuf vorbereitet zu sein?
Die ständigen Nachbesserungen werfen zudem die Frage auf, inwiefern es bei kurzfristigen Notlösungen bleiben wird. Im schlimmsten Fall werden die Maßnahmen nämlich dafür sorgen, dass sich Interessierte noch weniger oft für ein Studium der Erziehungswissenschaften, und stattdessen eher für den kürzeren, alternativen Ausbildungsweg entscheiden werden. Wählt aber niemand mehr das Lehramtsstudium, wird aus der Notlösung schnell ein Dauerzustand. Vergleicht man die aktuelle Grundschulpolitik mit einem sinkenden Boot, dann repariert Meisch nicht die Lecks, sondern schöpft stattdessen nur das Wasser raus.