Guy Helminger : Die Lehmbauten des Lichts

Vor etwas mehr als zehn Jahren reiste der luxemburgische Autor Guy Helminger im Rahmen einer Autorenresidenz in den Jemen. Sein Buch gibt Eindrücke über ein inzwischen völlig zerstörtes Land.

Für viele ist der Jemen erst in den letzten Jahren auf der Landkarte erschienen – als bombardiertes Land am Zipfel der arabischen Welt, in dem sich die regionalen und internationalen Großmächte einen blutigen Stellvertreterkrieg mit westlichen Waffen liefern. Aber der Jemen ist viel mehr: Eine Zivilisation, die als Wiege der arabischen und muslimischen Kultur gilt, die eine komplexe rezente Geschichte aufzuweisen hat (sozialistische Experimente inklusive) und deren Vielfältigkeit und Komplexität in der Region einzigartig sind – beziehungsweise waren.

Helmingers Reise und das daraus hervorgegangene Buch haben aber weniger mit Geopolitik zu tun als mit Literatur und den Eindrücken, die der Schriftsteller in Sanaa, Aden und anderen Städten sammeln konnte. Was Helminger sofort auffällt ist die Gastfreundlichkeit der Menschen: Ob reich oder arm, alle sind bereit mit dem Fremden zu konversieren, ihm ihr  Land zu zeigen und sich mit ihm auszutauschen. Dass die Jemenit*innen schon vor zehn Jahren ahnten, dass sich etwas zusammenbraut, und  ihr Land in Gefahr ist, kommt in den Gesprächen immer wieder auf. Vom Austausch profitiert nicht nur der Autor. „Weißt du (…), ich schimpfe viel auf dieses Land, aber wenn jemand wie du kommt und mir seine Augen für ein paar Wochen leiht, dann sehe ich auch wieder Dinge, über die ich nicht schimpfen kann. Komm bald wieder“, sagt ihm einer seiner Bekannten zum Abschied.

Trotzdem schreibt Helminger: „Ich selbst, denke ich, bin in diesem Land so gut und offen empfangen worden, wie das umgekehrt niemals der Fall sein würde. Kein Luxemburger, kein Deutscher würde einen Ausländer auf der Straße ansprechen und ihn fünf Minuten später zu einem Tee oder einem Essen einladen. Aber davon spricht niemand in den Nachrichten.“


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