Jahresbericht zu Missbrauchsfällen in der Kirche

Die Erzdiözese Luxemburg bemüht sich weiterhin um Transparenz in Sachen Missbrauchsfälle: Am Samstag legte die entsprechende Kontaktstelle für Betroffene die Zahlen für das Jahr 2020 vor.

Bildquelle: Vanderlei Longo/Pexels

Die Kontaktstelle für Missbrauchsopfer der Erzdiözese Luxemburg veröffentlichte am letzten Samstag ihren Jahresbericht für 2020. Letztes Jahr haben sich zwei Missbrauchsopfer bei der Anlaufstelle gemeldet. Sie waren zum Zeitpunkt der innerkirchlichen, sexualisierten Gewalttaten minderjährig. Die Vorfälle ereigneten sich zwischen 1960 und 1969. Die Täter: drei Priester, beziehungsweise Ordensmänner sowie eine weitere Person, deren Beruf im Bericht unerwähnt bleibt. Ein drittes Opfer gab bei der Kontaktstelle an, psychisch und emotional von einer Ordensfrau missbraucht worden zu sein. Wann dies geschah und ob es sich dabei ebenfalls um eine minderjährige Person handelte, geht nicht aus dem Bericht hervor. Die Meldungen wurden gemäß den Leitlinien der Erzdiözese Luxemburg für den Umgang mit sexualisierter Gewalt an Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen von Generalvikar Patrick Muller an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet. Wie so oft ist bei Missbrauchsfällen von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da die Opfer nicht immer in der Lage sind, über die Taten zu sprechen.

Der Erzbischof Jean-Claude Hollerich sprach letztes Jahr außerdem ein Verbot aus: Im Zuge eines „im Auftrag der römischen Kongregation für die Glaubenslehre geführten administrativen Strafprozesses“ wurde ein Priester dauerhaft vom öffentlichen priesterlichen Dienst suspendiert. Er darf künftig auch nicht mehr mit Minderjährigen zusammenarbeiten.

Darüber hinaus zahlte die Erzdiözese finanzielle Leistungen an Missbrauchsopfer, die sich 2018 und 2019 an die Kontaktstelle gewandt hatten. 2012 hielt Hollerich Präzisionen zu diesen Leistungen in einem Dekret fest. In einem Artikel des Luxemburger Wort hieß es damals: „In (…) Fällen, in denen Opfer sexuellen Missbrauchs eine materielle Leistung in Anerkennung des Leids beanspruchen, aber wegen der eingetretenen Verjährung kein strafrechtlich durchsetzbarer Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld besteht, kann eine materielle Leistung gewährt werden. Eine derartige Leistung soll der Täter persönlich erbringen. Sollte dieser (…) diese Leistung verweigern, wird die katholische Kirche diese bis zu einem maximalen Betrag in Höhe von 5.000 € erbringen.“ Die katholische Kirche zahlte die Leistungen zwischen 2011 und 2018 in 15 von insgesamt 33 Fällen von innerkirchlichen Gewalttaten an Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen. Das geht aus ihren eigenen Erhebungen hervor. Bis auf drei Ausnahmen, waren die entschädigten Opfer zum Tatzeitpunkt minderjährig. Die meisten Taten ereigneten sich zwischen 1950 und 1969. Sie fanden vorwiegend in Heimen, Internaten, Pfarr- oder Privathäusern statt.

Die Kontaktstelle für Missbrauchsopfer der Erzdiözese Luxemburg veröffentlicht ihren Jahresbericht übrigens erst seit 2019. Im vergangenen Jahr wurden der Anlaufstelle sechs Missbrauchsfälle gemeldet. Seit 2017 leistet das Erzbistum Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt. Die Schulungen in dem Bereich sind für alle Mitarbeiter*innen der Kirche verpflichtend, wurden 2020 aber wegen der Pandemie abgesagt. Seit 2011 verfügt die Erzdiözese Luxemburg außerdem über Leitlinien für den Umgang mit sexualisierter Gewalt an Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen im kirchlichen Bereich. Diese stehen nach Eigenangabe nicht in Konkurrenz mit der Justiz, sondern gelten als selbst verpflichtende und interne Verhaltens- sowie Verfahrensordnung der katholischen Kirche.

Nach einem Gipfel zur Missbrauchsprävention im Vatikan im Februar 2019, veröffentlichte auch die Kongregation für die Glaubenslehre – eigentlich die Inquisition, die dafür zuständig ist die Kirche vor Häresien zu schützen – 2020 einen Leitfaden zum juristischen Umgang mit Missbrauchsfällen. Das Portal katholisch.de berichtet, dass die Verfasser*innen des Leitfadens betonen: Jedem Hinweis muss nachgegangen werden und auch der Besitz von pädo-pornographischem Material fällt unter sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige. Erschreckend, dass das einer Präzision bedarf.

In den vergangenen zehn Jahren sorgte die Bekanntmachung mehrere Missbrauchsfälle im kirchlichen Bereich für Aufruhr und mediale Aufmerksamkeit, auch in Luxemburg. Hier kam es 2018, unter anderem nach Angaben des Lëtzebuerger Land, zur Verurteilung eines Geistlichen aus Belair. Er hatte sich 2008 an einem vierzehnjährigen Jungen vergriffen.

Kontakt für Betroffene: 621 676 349 (Telefon), fir-iech-do cathol.lu (Mail)


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