Die Organisation polska.lu und die polnische Botschaft feiern: Seit 100 Jahren bestehen offizielle Beziehungen zwischen Luxemburg und Polen – zum Jubiläum gibt es eine öffentliche Fotoausstellung auf der Place de Strasbourg und ein Internetprojekt. Marcin Wierzbicki, Vorsitzender von polska.lu, spricht im Interview über Volksfeste und Europapolitik.
woxx: Marcin Wierzbicki, die öffentliche Fotoausstellung „Les polonais au Luxembourg“ gibt Einblicke in die polnische Migrationsgeschichte in Luxemburg, die in den 1920er-Jahren besonders stark war. Wie sichtbar ist die polnische Bevölkerung hierzulande?
Marcin Wierzbicki: Es ist wichtig anzumerken, dass die polnische Gemeinschaft sich in Luxemburg gut angepasst hat. Das geht auch aus dem Internetprojekt „polacy.lu/polonais.lu“ hervor, das die Fotoausstellung „Les polonais au Luxembourg“ im öffentlichen Raum ergänzt: Einerseits gestalten polnische Architekt*innen die Häuser der Luxemburger, polnische Künstler*innen schaffen ihre Werke für Luxemburg und zusammen mit luxemburgischen Kolleg*innen, polnische Sportler*innen spielen in luxemburgischen Mannschaften und gewinnen Auszeichnungen für Luxemburg, polnische Journalist*innen schreiben Artikel für luxemburgische Zeitungen und so weiter – andererseits ist die polnische Gemeinschaft hierzulande auch intern gut organisiert.
Woran machen Sie das fest?
Es gibt eine polnische Schule und ein gutes Dutzend polnische Vereine für Kultur-, Sport-, Literatur-, Kinder- und Jugendaktivitäten. Seit über zehn Jahren findet das Kulturfestival „Festival polonais“ statt und in Vianden befindet sich das inzwischen weltweit bekannte polnische Kulturcafé „Ancien Cinéma“. Darüber hinaus gibt es polnische Gewerbe, wie etwa die Epicerie Fine Osada und andere. Doch auch anlässlich der bekanntesten luxemburgischen Veranstaltungen werden polnische Akzente gesetzt: Es gibt sowohl einen polnischen Stand auf dem Bazar International als auch auf dem Festival des Migrations/Salon du livre. Außerdem nimmt ein polnisches Team am „Relais pour la vie“ teil, die polnische Gemeinschaft ist bei der jährlichen Marienwallfahrt in der Hauptstadt und bei traditionellen Volksfesten in ganz Luxemburg vertreten.
Gibt es in Sachen Integration Unterschiede zwischen den Generationen?
Die Frage lässt sich nicht in wenigen Sätzen beantworten. Die polnische Migrationsgeschichte in Luxemburg reicht fast 200 Jahre zurück. In diesen 200 Jahren gab es ein paar große Emigrationswellen und alle wurden von verschiedenen Zielen, Erwartungen, tausenden individuellen Lebensgeschichten getrieben. Heute wohnen im Großherzogtum etwa 5.000 Bürger*innen polnischer Staatsangehörigkeit. Meinen Essay zum Thema, ein Teil des Projekts „polacy.lu/polonais.lu“, können Sie online nachlesen.
Zurzeit läuft ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die polnische Regierung und die Fronten zur Europäischen Kommission sind verhärtet. Wirkt sich das auf den Alltag der polnischen Gemeinschaft in Luxemburg aus?
Wie in allen Gemeinschaften – auch innerhalb der polnischen Gesellschaft in Luxemburg und in der Heimat – sind sich die Menschen politisch uneins. Das trifft, meiner Meinung nach, auch auf die Teilnehmer*innen des Projekts zu: Diese Menschen liefern keine stimmige, politische Position, weil es für die Organisatoren des Projekts höchste Priorität hatte, das Projekt fern von Politik zu halten.
Inwiefern?
Die politischen Ansichten der Persönlichkeiten spielten bei der Auswahl keine Rolle. Doch sind – meiner Meinung nach – die große Mehrheit der Pol*innen in Luxemburg Europa-Fans.