Lage der Bauern-Nation: Kontroverse Bio-Klausel

Eine Teilumstellung auf Bio könnte für konventionelle Landwirte ein gutes Geschäft sein. Doch durch eine Last-Minute-Änderung in des Premiers Rede wird diese Aussicht verbaut.

Schwarz-Weiß-Malerei allüberall (Wikimedia / Verum / CC BY-SA 3.0)

Grüne Themen standen bei der Erklärung zur Lage der Nation vergangene Woche nicht im Vordergrund. Das liegt daran, dass Déi Gréng in der Koaltion den Juniorpartner stellen – als dritte Partei hinter zwei Seniorpartnern. Dass ihr Einfluss außerhalb der ministeriellen Ressorts gering ist, hat sich bei der Steuerreform bestätigt, wo DP und LSAP ihre Klientel vielfältig bedienen konnten. Die Grünen dagegen mussten sich mit einem Öko-Bonus-Malus bei Firmenwagen zufriedengeben – die dringend erforderliche CO2-Steuer konnten sie nicht durchdrücken.

Teilumstellungswechsel

Doch die Passage zur Umstellung auf Biolandbau in der Erklärung zur Lage der Nation zeigt immerhin, dass die grünen PolitikerInnen nicht ganz und gar zahnlos sind. Rastlos sind sie aber, denn sie haben es geschafft, über Nacht in die Rede des Premiers eine Präzisierung einzufügen, durch die die Bedeutung der ursprünglichen Fassung eingeschränkt wird: Es solle gestattet werden, hieß es noch in der am Dienstag verteilten schriftlichen Fassung, „dass ein Bauer zum Teil auf Bio umstellt und so einen sanfteren Übergang ermöglicht bekommt“. Tags darauf fügte Xavier Bettel jedoch mündlich hinzu: „Dies muss zeitlich begrenzt sein, denn das Ziel ist ja, auf Bio umzustellen.“ Die Wochenzeitung „De Letzeburger Bauer“ warf ihm darauf prompt, vor, „ideologisch“ vorzugehen – es seien einmal mehr „die Ökolobby bzw. die Grünen Abgeordneten, die die Fäden in dieser Sache ziehen“. Der Zusatz, so das Sprachrohr der Bauernzentrale, sei „erst infolge entsprechender Aufforderungen, die aus bestimmten Kreisen per Twitter über Nacht erfolgten, eingefügt worden“.

Was regt die InteressenvertreterInnen der konventionellen Landwirtschaft so auf? Um in den Genuss der Bioprämien für bereits auf Bio umgestellte Bereiche zu kommen, muss sich ein Betrieb gemäß dieser Präzisierung verpflichten, in angemessener Frist alle anderen Bereiche ebenfalls umzustellen. Diese vom Premier vorgenommene Festlegung mache, so der „Bauer“, die Teilumstellung zu einer „Mogelpackung“ und entspreche nicht mehr „dem, was die Mehrheit der Landwirte wollen und brauchen“. Was dieses genau ist, machte Marco Gaasch gegenüber dem „Wort“ klar: Die Teilumstellung biete die Chance, „ins Biogeschäft einzusteigen“. Und zwar mit Eiern, Hühnchen, Obst und Gemüse, weil das, so der Präsident der Landwirtschaftskammer, dafür am interessantesten ist. Die ganze übrige Produktion jedoch soll konventionell bleiben dürfen.

Sollte Bettel mit seiner Biolandbau-Passage die Absicht verfolgt haben, die altmodischen, ländlichen DP-CSV-Wechselwählerschaft zu umgarnen, so hat er dieses Ziel verfehlt und sich tief in die Brennesseln gesetzt. Und den Biobauern ist die Möglichkeit der Teilumstellung, die die konventionellen Landwirte als Entgegenkommen fordern, sowieso grundsätzlich suspekt. Der Kunde werde misstrauisch, „wenn ich auf dem Feld Glyphosat oder Pestizide einsetze und im Stall nebenan Biohühner halte“, so Daniela Noesen gegenüber dem „Wort“. Die Direktorin von Bio-Lëtzebuerg befürchtet, dass „sich jetzt einige Großbetriebe die Rosinen herauspicken und die kleinen Biolandwirte aus dem Geschäft drängen“. Womit klar wird, dass Bettels Aussage auch kaum geeignet war, AnhängerInnen der Grünen oder an „Liewensqualitéit“ interessierte DP-WählerInnen zu begeistern.


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