Luca Guadagnino
: Der Geschmack von Liebe


von | 21.02.2018

Nach „Io sono l’Amore“ und „A Bigger Splash“ bildet „Call Me by Your Name“ den krönenden Abschluss von Luca Guadagninos „Thematic Desire“-Trilogie. In atmosphärischen Bildern werden die Freuden und Frustrationen der ersten großen Liebe eingefangen.

Beim Begutachten einer antiken Statue kommen Elio und Oliver sich näher. (Fotos: outnow.ch)

Er könnte auch „My Summer of Love“ heißen, so sehr entspricht der rezenteste Film des italienischen Filmregisseurs Luca Guadagnino dieser Prämisse. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von André Aciman, ist „Call Me by Your Name“ eine einzige sinnliche Exploration zweier Männer, die sich ineinander verlieben.

Norditalien im Jahre 1983: Der 17-jährige Elio (Timothée Chalamet), verbringt mit seinen Eltern Annella (Amira Casar)und Mr. Perlman (Michael Stuhlbarg) die Sommermonate auf deren Landsitz in Norditalien. Während er darauf „wartet, dass der Sommer endet“, liest er Bücher, geht schwimmen und spielt Klavier. Für willkommene Abwechslung sorgt Oliver (Armie Hammer), ein Doktorand, der Elios Vater sechs Wochen lang bei dessen Forschungsarbeit assistiert. Von Anfang an ist Elio fasziniert von dem 24-jährigen Amerikaner, versucht dies jedoch zunächst herunterzuspielen. Doch nach und nach nähern sich die beiden einander an und entwickeln ein unstillbares, sowohl emotionales als auch sexuelles Verlangen nach einander.

Einfühlsam werden die Höhen und Tiefen der ersten großen Liebe evoziert: die überwältigenden Gefühle einerseits, die Unsicherheit andererseits. Während Guadagninos Werk „Io sono l’Amore“ (2009) recht klinisch war und die Figuren bis zuletzt unnahbar blieben, füllt der Filmemacher die Welt von „Call Me by Your Name“ noch über den Bildrand hinaus mit Leben. Es ist beeindruckend, wie es dem Regisseur und seinem Team gelingt, noch so subtile Eindrücke und Empfindungen einzufangen. Nicht nur, dass die Dekors und Schauplätze authentisch wirken – wir können den Duft der Wiesen regelrecht riechen, schmecken das Ei, das Oliver beim Frühstück isst, fühlen die sommerliche Hitze. Die Welt, die Guadagnino entwirft, hat etwas paradiesisches, alles wirkt gesteigert: die Aprikosen süßer, das Wasser erfrischender, die Tage entspannter, die Gefühle intensiver als sie es in der regulären Welt jemals sein könnten. Mit jedem Detail vermag es Guadagnino, uns sowohl den Eindruck eines unbeschwerten Sommers, als auch den einer lebensverändernden Begegnung zu vermitteln.

Da so vieles in „Call Me by Your Name“ unausgesprochen bleibt, werden Elios Gefühle anhand seines Körpers zum Ausdruck gebracht. Je nachdem wie Elio sich fühlt, liegt er zusammengekauert auf seinem Bett, flaniert oben ohne durch die Villa, blutet aus der Nase, übergibt sich. So nachvollziehbar seine Faszination für Oliver auch ist, Elio selbst ist die interessantere Figur. Mal ist er scharfsinnig und ungehemmt, dann wieder zögerlich und verletzlich. Es ist schwer vorstellbar, dass es einem anderen Schauspieler als Timothée Chalamet gelungen wäre, den Übergang zwischen Jugendlichem und erwachsenem Mann derart glaubwürdig zu verkörpern. Hammers Spiel ist souverän und kalkuliert; Chalamet aber ist eine wahre Offenbarung. Seine Verkörperung Elios ist derart allumfassend, dass die Figur eine erstaunliche Lebendigkeit annimmt.

So anrührend die Zeit, die Oliver und Elio zusammen haben auch gestaltet ist, die Phase nach Olivers Abreise ist nicht weniger emotional. „Our hearts and our bodies are given to us only once”, erklärt Mr. Perlman seinem Sohn an einer Stelle. Es ist der Aufruf, sich auf andere Menschen einzulassen, Erfahrungen auszukosten, auch wenn es das Risiko birgt, verletzt zu werden.

„Call Me by Your Name“ markiert den Abschluss von Luca Guadagnino „Thematic desire“-Trilogie. Der Film ist nichts weniger als ein Meisterwerk.

In der Cinémathèque.

Bewertung der woxx : XXX

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