Es fällt schwer sich dem Reiz von „Mrs. America“ zu entziehen. Dennoch wäre es wünschenswert gewesen, anti-feministischen Positionen nicht derart viel Gewicht einzuräumen.
Im ersten Moment wirkt es befremdlich: Da wird eine handwerklich einwandfrei produzierte, hervorragend besetzte und realitätsgetreu geschriebene Serie über die US-amerikanische Frauenbewegung der 1970er-Jahre veröffentlicht und unzählige Feminist*innen regen sich darüber auf. Grund dafür ist allerdings nicht so sehr die Darstellung der Gruppierung rund um Gloria Steinem (Rose Byrne) und Betty Friedan (Tracey Ullman): Es ist vielmehr der ausführliche Raum, der Anti-Feminist*innen in „Mrs. America“ gegeben wird, der sauer aufstößt.
Nachdem die von Dahvi Waller geschaffene, neunteilige Serie im April auf FX erschien, kann sie seit Kurzem nun auch in Luxemburg gestreamt werden. Trotz der vielen Kritiken ist es schwer, sich dem Reiz der Serie zu entziehen: Wann wurde der feministischen Bewegung schon einmal so viel Raum in einer Mainstream-Produktion gegeben? Dass die Darstellung auch noch so nuanciert ist und sowohl als Geschichtscrashkurs wie auch als unterhaltsamer Sehgenuss funktioniert, macht sie schlicht zu einem Muss.
Im Laufe der ersten Folge wird der Grund für die negativen Reaktionen sogleich deutlich. Zwar ist jede Folge einer bestimmten historischen Figur gewidmet – „Gloria“, „Shirley“, „Betty“, „Jill“ – doch für den Anfang wurde mit Phyllis Schlafly (Cate Blanchett) ausgerechnet die Person ausgewählt, die maßgeblich dafür verantwortlich war, dass der „Equal Rights Amendment“ (ERA) nicht gestimmt wurde. Dabei handelt es sich um einen Zusatz in der US-amerikanischen Verfassung, der Frauen die gleichen Rechte garantiert wie Männern.
Ebendieser Zusatz liefert den roten Faden der Serie: Die Feminist*innen setzen sich dafür ein, die Anti-Feminist*innen dagegen. Die Macher*innen haben beiden Positionen in der Tat gleichermaßen viel Gewicht gegeben. Dennoch lässt sich argumentieren, dass letztere schlechter davonkommen. Schlaflys Aussage, dass Feminist*innen Spaßbremsen seien, wird zum Beispiel im direkten Kontrast mit Steinem und Co. gezeigt, deren Leben durchaus selbstbestimmter und abwechslungsreicher zu sein scheint als das der Hausfrauen der „Stop ERA“-Bewegung. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass viele zeitgenössische Zuschauer*innen sich mit dem Lebensmodell letzterer identifizieren können. Anders verhält es sich mit Schlaflys Positionen: Anti-Schwangerschaftsabbruch sowie die Verteidigung der traditionellen Familie und der Privilegien weißer, heterosexueller Frauen sind auch heute noch sehr verbreitet. Einer charismatischen, unermüdlichen Macherin wie Schlafly eine derartige, wenn auch fiktionalisierte Plattform zu geben, um diese Ansichten zu verlautbaren, trägt unweigerlich zu deren Normalisierung bei. Vor dem Hintergrund, dass feministische Forderungen zum Teil immer noch dieselben sind wie vor 50 Jahren – der ERA steht immer noch nicht in der Verfassung – und Frauen nach wie vor weltweit diskriminiert werden, hätte man sich eine andere Schwerpunktsetzung gewünscht.