Schon gestreamt? Girls

Bei „Girls“ handelt es sich um eine derjenigen Serien, die bis dato wahrscheinlich häufiger kommentiert und kritisiert, als tatsächlich geschaut wurden. Zu Unrecht.

© vulture.com

Zielscheibe der Kritik war meistens die Macherin der Serie, Lena Dunham, vor allem ihr Körper. Dieser ist in der Serie immer wieder in leichtbekleidetem Zustand zu sehen. Im Grunde nichts Ungewöhnliches, vor allem nicht für eine HBO-Serie. In diesem Falle aber schon, entspricht Dunhams Körper nicht der hollywoodüblichen Norm. Plötzlich wurde darüber diskutiert, ob soviel Nacktheit denn wirklich nötig sei – Diskussionen, die eher selten entstehen, wenn es sich um schlanke Schauspielerinnen handelt. Von manchen wurde Dunham zwar für ihr mutiges Auftreten gefeiert, parallel dazu aber wiederum dafür kritisiert, dass sie in der ganzen Serie praktisch die einzige Frau ist, deren Körper nicht einem Schönheitsideal entspricht.

Die Prämisse von „Girls“ ist schnell zusammengefasst: Im Zentrum stehen vier junge, in New York lebende Frauen, Hanna, Marnie, Jessa und Shoshanna. Es geht um ihre Freundschaften, ihre Beziehungen und ihr Berufsleben. Das klingt ein wenig nach „Sex and the City“ (SatC) und der Vergleich ist in der Tat nicht ganz verkehrt. Als SatC Ende der 1990er-Jahre die Fernsehschirme eroberte, hatte man bis dahin in Mainstream-Sendungen noch keine solche Frauenfiguren gesehen. Carrie und Co. waren unabhängig und intelligent – man konnte sie als durch und durch emanzipiert bezeichnen. Von Staffel zu Staffel aber definierten sich die vier Frauen immer stärker in Bezug auf die Männer in ihrem Leben, und sexistische Klischees waren omnipräsent. Aus heutiger Sicht kann man „Sex and the City“ wohl kaum noch als feministische Serie bezeichnen.

Ein wenig scheint es, als sei „Girls“ das für die 2010er-Jahre, was „Sex and the City“ für die 1990er war. Das aber nur auf den ersten Blick: „Girls“ lässt nicht nur mehr körperliche Vielfalt zu. Die Serie geht insgesamt auf viel komplexere Weise auf die Themen Sexualität, Geschlecht, psychische Gesundheit und Zukunftsängste ein.

Doch auch bei „Girls“ wird die Problematik der Prekarität lediglich gestreift und auch hier fragt man sich, woher die jungen Frauen das Geld für ihre geräumigen Wohnungen nehmen. Ein viel weitgehender Vorwurf aber ist die auffällige Dominanz weißer Figuren. Dunhams Rechtfertigung: Sie habe darüber geschrieben, was sie kenne, und sie habe nun mal keine schwarzen Freund*innen. Immer wieder bewies Dunham, dass es ihr schwer zu fallen scheint, über den eigenen Tellerrand zu blicken. In den letzten Jahren geriet sie immer wieder für unangebrachte Aussagen in die Kritik.

Trotz einer gewissen Naivität, sollte man Dunham zugutehalten, dass nicht alle Serienmacher*innen derart streng unter die Lupe genommen werden als sie. So heftig war der Backlash gegenüber „Girls“, dass man nicht umhinkommt, über mögliche Ursachen dafür nachzudenken. Natürlich ist die Serie nicht perfekt: Teilweise wurde auf diskriminierende Stereotype zurückgegriffen und von intersektionellem Feminismus fehlt jede Spur. Doch die HBO-Serie hat viele Tabus gebrochen, hat sich nie gescheut, ungemütliche Themen anzusprechen und auch mit der Form wurde experimentiert. Wird Dunham so streng bewertet, weil sie eine Frau ist? Es ist jedenfalls auffällig, dass andere Serien, deren Macher – im Gegensatz zu Dunham – nie die Intention geäußert haben, eine feministische Serie zu machen, meist wesentlich weniger für die Darstellung ihrer Figuren kritisiert werden.

Diesen Monat ist es ein Jahr her, dass die sechste und letzte Staffel von „Girls“ auf HBO ausgestrahlt wurde. Es waren wieder Folgen, die zum Lachen anregten, schockierten und zumindest ein gewisses Gefühl dafür vermittelten, wie es ist, heute als junge, weiße Frau in New York zu leben.

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