Ob in Büchern, Videospielen oder Filmserien: Immer wieder tauchen menschenähnliche Wesen auf, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sind. Wer sich für sie interessiert, wird bei den folgenden Kulturtipps fündig.
Wie ähnlich sind wir uns?
KURZGESCHICHTE (mes) – Ein KI-Programm namens „HUN“ wacht in einem menschlichen Körper auf. Auf seine Bitte hin hat die Besatzung des Raumschiffes, auf dem es sich befindet, seine Daten in ein menschliches Gehirn übertragen – HUN kann sich jedoch weder daran erinnern, warum es dies wollte, noch versteht es, warum der Rest der Crew ihm gegenüber wachsam ist. Während das Schiff wegen eines Notfalls auf Jupiters Mond Titan seinen Kurs verlässt, sind die Passagiere auf die Erinnerung der KI angewiesen, um ihre Mission zu erfüllen. Doch an Bord des engen Schiffes nehmen Hass und Gewalt schnell überhand. Woher kommt diese Angst vor nichtmenschlichen intelligenten Wesen? Und inwiefern ist Menschsein erstrebenswert? Die Fragen stehen im Mittelpunkt der hervorragenden Kurzgeschichte der Autorin Kim Bo-Young, die unter anderem Bong Joon-ho für die Verfilmung von „Snowpiercer“ als Drehbuchberaterin zur Seite stand. Dank der Ich-Perspektive HUNs sind Leser*innen während der Erzählung meist genauso ratlos wie das KI-Programm. Die Antworten offenbaren sich nur nach und nach in einer unerwarteten Wendung. Mit einer gut dosierten Prise an Naivität und Humor und einem kritischen Blick auf zwischenmenschliche Beziehungen dringt Kim Bo-Young ein in die Gedankenwelt der KI und schafft eine spannende Mischung zwischen Sci-Fi-Fiktion und Krimi-Novelle. Gelingt die Zusammenarbeit zwischen der menschlichen und der künstlichen Intelligenz?
„Wie ähnlich sind wir uns“, von Bo-Young Kim, 2017. Die Geschichte wurde 2019 auf Englisch übersetzt und ist frei im „Clarkesworld Magazine“ erhältlich: www.clarkesworldmagazine.com/bo-young_10_19
Detroit: Become human
SPIEL (mc) – Vier Jahre bevor ChatGPT auf den Markt kam, ging das französische Entwicklerstudio Quantic Dream mit Detroit: Become Human bereits einen Schritt weiter. Die Handlung spielt 2038 in einer dystopischen Zukunft, in der Androiden als perfekte menschliche Kopien diese in diversen beruflichen und gesellschaftlichen Bereichen ersetzen. Diese Koexistenz bleibt nicht ohne Folgen: Während die Androiden auf der einen Seite emotionales und intellektuelles Bewusstsein entwickeln, schüren bei den Menschen Angst und Ablehnung Hass gegen die neue Lebensform. Die Spielenden schlüpfen abwechselnd in die Rollen der Androiden Kara, Markus und Connor und erleben die „Menschwerdung“ aus verschiedenen Perspektiven. Quantic Dream ist für ihr Genre des interaktiven Films bekannt, in dem Entscheidungen den Verlauf und das Ende der Geschichte prägen. Das Spiel behandelt eine Vielzahl von komplexen und tiefgründigen Themen, darunter Menschlichkeit, Rassismus, soziale Gerechtig-keit und Moral und stellt den Spielenden vor emotionale Entscheidungen. Durch das einfache Gameplay ist es auch für Einsteiger*innen geeignet. Ein besonderes High-light ist die Androidin-Assistentin Chloe, die durch das Hauptmenü führt, und im Lau-fe des Spiels selbst ein Bewusstsein erlangt. Gegen Ende stellt sie dann auch die entscheidende Frage: „Willst du mich freilassen?“ Die Antwort beeinflusst den Spiel-verlauf zwar nicht, hinterlässt aber eine starke emotionale Wirkung.
Detroit: Become Human verfügbar für Playstation4 und Steam
Klara and the Sun
BUCH (ja) – Klara ist keine „Artificial Intelligence“, sondern ein „Artificial Friend“, kurz AF. In Kazuo Ishiguros Roman „Klara and the Sun“ suchen sich Kinder, sobald sie das Teenageralter erreichen, eine*n AF aus, die sie beim Lernen und vor allem bei der Entwicklung ihrer sozialen Fähigkeiten unterstützt. Klara lebt die ersten Monate ihrer Existenz in einem Geschäft für AFs und beobachtet die Menschen auf der anderen Seite des Schaufensters, bevor sie von Josie ausgesucht wird. Diese ist gesundheitlich angeschlagen und lebt zurückgezogen mit ihrer Mutter und einer Haushälterin auf dem Land. Die Beziehung zu ihrem einzigen Nachbarn und Freund Rick ist angespannt, weil er – anders als Josie – keine genetische Behandlung erhalten hat, die seine akademischen Fähigkeiten verbessert. Mit anderen Kindern, die sie zur Förderung ihrer sozialen Fähigkeiten trifft, kommt Josie noch viel weniger zurecht, was auch ihrer Krankheit geschuldet ist. Klara beginnt langsam zu realisieren, dass sie womöglich zu einem ganz anderen Zweck als gedacht angeschafft wurde. Ishiguros Roman ist gänzlich aus Klaras Perspektive geschrieben: Die AF hat zwar einerseits eine sehr scharfe Beobachtungsgabe, andererseits jedoch ein sehr naives Verständnis der Welt. Das zeigt sich zum Beispiel in ihrem sehr innigen, beinahe religiösen Verhältnis zur Sonne, was daher rührt, dass AFs mit Fotovoltaik betrieben werden. Anders als viele andere fiktive Androiden hat Klara kein technisches Verständnis von sich selbst, sie erlebt Bugs oder niedrigen Akkustand wie ein Mensch Halluzinationen oder Müdigkeit. Der Plot und die spezielle Erzählweise macht „Klara and the Sun“ zu einer lohnenden und zur Abwechslung sehr hoffnungsvollen Dystopie.
Kazuo Ishiguro: Klara and the Sun, Faber and Faber.
Ancillary Justice
BUCH (ja) – Rein äußerlich ist Breq ein Mensch, eventuell ein Cyborg. Doch eigentlich ist sie die KI eines Raumschiffs. Oder: war, denn das Raumschiff „Justice of Toren“ wurde bereits vor Jahren zerstört. Breq ist der letzte „Ancillary“ – von Raumschiff-KIs gesteuerte menschliche Körper –, der der KI noch übriggeblieben ist. Auf einem Eisplaneten trifft sie auf eine ehemalige Offizierin und deckt eine Verschwörung auf, die das gesamte Imperium, dem sie dient, auf den Kopf stellen könnte. Ann Leckies Erstlingswerk wurde mit Sci-Fi-Preisen überschüttet. Völlig zurecht, denn sie hat es geschafft, die Sicht der KI, die einerseits ein Raumschiff und andererseits tausende „menschliche“ Körper bewohnt, glaubhaft darzustellen. So ganz nebenbei beschäftigt sich der Roman auch mit den Themen Sprache und Geschlecht: Die Sprache des „Radch“-Imperiums kennt kein Geschlecht, weswegen alle Protagonist*innen mit dem Pronomen „sie“ bezeichnet werden. Wenn Hauptfigur Breq andere, gegenderte Sprachen sprechen muss, hat sie dabei oft ziemlich Probleme, die „richtigen“ Pronomen für ihr Gegenüber zu erraten. Temporeich, spannend und humorvoll entführt „Ancillary Justice“ in ein aufregendes Science-Fiction-Universum.
Ann Leckie: Ancillary Justice, Orbit Books.
Black Mirror
SÉRIE (ts) – Parfois, la fiction anticipe la réalité et conforte nos pires angoisses. La série britannique dystopique Black Mirror est de celle-là ! Créée par Charles Brooker et diffusée pour la première fois en 2011, elle explore les conséquences potentielles que pourraient avoir les nouvelles technologies dans un futur proche. Le titre fait d’ailleurs référence à tous ces écrans qui nous entourent et sur lesquels nos visages se reflètent à longueur de journée. Plusieurs épisodes parmi les 27 que comprend la série sondent la problématique de l’intelligence artificielle, notamment « Rachel, Jack and Ashley Too » (S05, E03), qui met en scène une poupée robotisée alimentée par l’IA ; « Joan is Awful » (S06, E01), dans lequel une plateforme de streaming se sert de l’IA pour lancer une adaptation télévisée de la vie de l’une de ses abonnées ; ou encore « Be right back » (S02, E01). Dans cet épisode, Martha perd son petit ami Ash, tué dans un accident de voiture. Une amie lui fait découvrir un service en ligne permettant de communiquer avec une IA imitant Ash à partir des traces numériques que ce dernier avait laissées sur internet ainsi que des vidéos fournies par Martha. Mais si l’avatar de Ash apprend de chacune de ses interactions avec Martha, parviendra-t-il à l’aider à faire son deuil ? Black Mirror est une série sombre et intelligente, susceptible de procurer un sentiment d’étrangeté, voire de malaise, parce qu’elle nous pousse à nous questionner sur notre rapport à ces technologies ainsi que sur ce qui définit notre humanité. Captivant !