Großer Fokus auf Wirtschaftsinteresse und nur punktuelle Umweltmaßnahmen: Nach zwei Jahren vergibt der „Mouvement écologique“ der CSV-DP-Koalition eine schlechte Note.
Vergangenen Donnerstag zog die Umweltorganisation „Mouvement écologique“ (Méco) im Rahmen einer Pressekonferenz ihre Bilanz nach zwei Jahren CSV-DP-Regierung. Diese fiel, wenig überraschend, deutlich kritischer aus als das Eigenlob, das in den letzten Tagen vom Premierminister Luc Frieden (CSV) zu hören war. Laut Méco schwächele die Regierung sogar gemessen an ihren eigenen Versprechen: Von 77 versprochenen Maßnahmen im Nachhaltigkeitsbereich seien 42 noch nicht einmal angefangen worden. Lediglich eine einzige Maßnahme sei in einer fortgeschrittenen Phase der Umsetzung, erfasste die NGO in ihrem „Mecoskop“-Instrument. „Die Regierung setzt das, was sie ihren Wählern versprochen hat, nicht ausreichend um“, urteilte Méco-Präsidentin Blanche Weber.
Der Méco kritisierte auch grundsätzlich: Nicht nur, dass Wirtschaftsinteressen über alles andere gestellt würden, sondern die Regierung rede Umwelt- und Klimaschutz zu oft schlecht. „Die Regierung nimmt die Menschen, entgegen ihrer eigenen Aussagen, nicht mit!“, so Weber, „Sie verpasst es sogar, zu sagen, wohin die Reise eigentlich geht.“ Statt positive Zukunftsbilder zu vermitteln, wie Leben und Wirtschaften innerhalb der Ökosystemgrenzen aussehen könnten, betreibe die CSV-DP-Regierung eine „Vogel-Strauß-Politik“, die rein auf voluntaristische statt auf notwendige strukturelle Maßnahmen setzt.
In zentralen Bereichen fehle ein Dialog mit der Zivilgesellschaft, monierte die Umwelt-NGO weiter. Zudem gäbe es mit einzelnen Ministerien und Verwaltungen zwar positiven und konstruktiven Austausch, doch nicht alle Regierungsmitglieder seien gleichermaßen daran interessiert. Landwirtschaftsministerin Martine Hansen (CSV) habe bei dem ersten und einzigen Treffen angegeben, ihr sei nicht an einem regelmäßigen Austausch gelegen. Auch mit ihrem Parteikollegen, Umweltminister Serge Wilmes, konnte der Méco sich bisher nur zwei Mal treffen. Einzige positive Ausnahme: Energieminister Lex Delles (DP) ist häufig an die Umweltaktivist*innen herangetreten, um sich mit ihnen zu beraten.
Schwaches Umweltministerium
Grundsätzlich sei das Umweltministerium viel zu schwach aufgestellt und ziehe oft den Kürzeren. Dies wäre beispielsweise bei der Reduktion des Pestizideinsatzes bemerkbar, so Weber. „Die Regierungsmitglieder sprechen in der Öffentlichkeit gerne von guter Zusammenarbeit, aber die Fakten zeigen, dass die Realität eine andere ist.“ Wilmes’ Ministerium war zuletzt auch wegen schlechten Arbeitsklimas und Frust beim Personal in den Schlagzeilen. Eine Recherche des „Tageblatt“ sprach davon, dass unliebsame Personen „rausgeekelt“ und durch neue, linientreue Mitarbeiter*innen ersetzt würden.
Die größte Kritik der Umwelt-NGO ist allerdings inhaltlicher Natur: „Nicht nur, dass die Regierung nicht an konkreten Maßnahmen arbeitet, um die nachhaltige Entwicklung zu fördern – sie macht auch Rückschritte.“, so Claire Wolff vom Méco bei der Pressekonferenz am Donnerstag. Unter dem „Deckmantel des Bürokratieabbaus“ erfolge eine Deregulierung auf Kosten der Umwelt. Als Beispiele nannte der Méco einige Initiativen auf EU-Ebene, bei denen die Luxemburger Regierungsmitglieder sich „auf die Seite der Bremser“ stellten. Die Themen Wolfsschutz, Entwaldungsverordnung und Lieferkettengesetz haben gezeigt, dass sich die CSV-DP-Koalition allzu oft gegen nachhaltige Entwicklung stellte.
Ein Paradebeispiel auf nationaler Ebene sei die Reform des Naturschutzgesetzes, die im Rahmen der Regierungsinitiative „Méi a méi séier bauen“ vorgestellt worden war. Der Méco betont, das Naturschutzgesetz sei nicht der Hauptgrund des mangelnden Wohnungsbaus in Luxemburg. Maßnahmen, die es vereinfachen sollen, geschützte Naturflächen zu bebauen, wurden zudem auch vom wissenschaftlichen Begleitgremium der Regierung, dem „Observatoire de l’environnement naturel“ und der Architekturkammer kritisiert.
Die Umwelt-NGO fordert die Regierung auf, dem Umweltministerium ein schärferes Profil zu geben und die Kooperation zwischen den einzelnen Ministerien zu verbessern, wenn es um ökologische Aspekte geht. „Rein wirtschaftliches Denken darf nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher alle politischen Entscheidungen beeinflussen – die Regierung muss lernen, langfristiger zu denken!“, so die Méco-Präsidentin abschließend.

