Iranischer Meister trifft Niederländer
Manche west-östlichen Kooperationen sind arg gekünstelt. Hier haben wir aber eine wirklich gelungene Aufnahme. Das niederländische Rembrandt Trio hatte bereits 2019 eine starke CD mit dem iranischen Kamantsche-Meister Kayhan Kalhor vorgestellt und hat jetzt eine Aufnahme mit der anderen unbestrittenen iranischen Größe, Hossein Alizadeh, auf den Markt gebracht. Alizadeh beherrscht die traditionellen persischen Lauten Tar und Setar und glänzt auf dieser Aufnahme mit einer Kombination aus beiden, der Shurangiz. Im niederländischen Trio finden sich erfahrene, freie Geister, die keine Kategorien brauchen. Rembrandt Frerichs spielt den Nachbau eines alten Pianoforte, Tony Overwater die sechssaitige Violone, den Vorläufer des Kontrabasses, und Vinsent Planjer fügt genau das an Perkussion hinzu, was die Kompositionen brauchen. Im Zentrum von Same Self, Same Silence stehen Alizadeh und die Musik des Iran. Das europäische Trio spürt dem nach, indem es einfühlsam dessen Berührungspunkte mit Jazz und europäischer Klassik aufzeigt, ohne die klare Verortung im Persischen zu verlieren. Da haben sich vier Spitzenmusiker getroffen.
Hossein Alizadeh, Rembrandt Trio – Same Self, Same Silence – Just Listen Records
Femi Kutis originaler Afrobeat
Femi Kuti ist – neben seinem Bruder Seun – der führende Vertreter des zeitgenössischen nigerianischen Afrobeat, den sein Vater Fela zusammen mit Tony Allen populär gemacht hat. Diese Verbindung von nigerianischen Wurzeln mit Funk und Jazz inspiriert bis heute Musiker*innen weltweit, aber an die Authentizität der nigerianischen Vorbilder kommen die musikalisch oft nicht heran. Jetzt hat Femi Kuti das Album Stop the Hate herausgebracht, auf dem der heiße Polyrhythmus der Drums zunächst vom Keyboard besänftigt und dann von der Bläsersektion erneut angeheizt wird. Natürlich hält Kuti politisch nicht den Mund. Es geht unter anderem um Armut, Korruption und Landraub. Die Platte ist nur digital einzeln erhältlich, als CD nur im Doppelpack mit einem feinen, modernen Afrobeatalbum von Femi Kutis Sohn Made – beide dann zusammen unter dem Titel Legacy +. Der stärkste Afrobeat ist der aus Nigeria – so, wie auf dieser Scheibe.
Femi Kuti – Stop the Hate – Partisan Records
Knalliger Finnen-Folk
Es dürfte sich mittlerweile herumgesprochen haben, dass viele finnische Folkbands keine Angst vor Experimenten haben. Das beste Beispiel dafür ist das Quartett Suistamon Sähkö, das auch auf seiner dritten Platte karelische Wurzeln mit Elektronik und heftiger Spiellaune verbindet. Anne-Mari Kivimäki spielt wieder das minimalistisch groovende Akkordeon und Eero Grundström ist für die synthetischen Sounds verantwortlich. Die neue Scheibe Varokaa! Hengenvaara (Achtung! Gefahr) warnt vor privaten und politischen Risiken, ist musikalisch gewohnt provokant und optisch schräg. Der Finno-Rap von Reeta-Kaisa Iles und Tuomas Juntunen trifft auf eingängige, ansteckende Chormelodien, die zum Mitsingen reizen – wenn man doch nur Finnisch könnt … Da muss man aber keine albernen, flachen Partygesänge befürchten, denn dafür ist das alles viel zu anspruchsvoll. Die Band nennt das Ethno-Techno. Das kann man auch Electro-Karelia-Punk nennen, mit einem Schuss Kraftwerk. Kivimäkis hypnotisches Stakkato-Akkordeon lässt aber nie einen Zweifel daran aufkommen, dass das hier Finnland ist. Im besten Sinne!
Suistamon Sähkö – Varokaa! Hengenvaara – Nordic Notes
April – Top 20
1. Warsaw Village Band / Kapela ze Wsi Warszawa · Waterduction / Uwodzenie · Karrot Kommando
2. Omar Sosa · An East African Journey · Otá
3. Christine Salem · Mersi · Blue Fanal
4. Ballake Sissoko · Djourou · Nø Førmat!
5. San Salvador · La Grande Folie · La Grande Folie / Pagans / MDC
6. Hossein Alizadeh & Rembrandt Frerichs Trio · Same Self, Same Silence · Just Listen
7. Jupiter & Okwess · Na Kozonga · Zamora Label
8. Antonis Antoniou · Kkismettin · Ajabu!
9. Femi Kuti & Made Kuti · Legacy + · Partisan
10. Urban Village · Udondolo · Nø Førmat!
11. V.A. · Zanzibara
10: First Modern, Taarab Vibes from Mombasa & Tanga, 1970-1990 · Buda Musique
12. David Walters, Vincent Ségal, Ballaké Sissoko, Roger Raspail · Nocturne · Heavenly Sweetness / Six Degrees
13. Mariza · Mariza Canta Amália · Taberna da Música / Warner Music Portugal
14. Dom La Nena · Tempo · Six Degrees
15. Sakili · Creole Sounds from the Indian Ocean · ARC Music
16. L’Alba · A Principiu · Buda Musique
17. Katerina Papadopoulou & Anastatica · Anástasis · Saphrane
18. Altın Gün · Yol · Glitterbeat
19. Anansy Cissé · Anoura · Riverboat / World Music Network
20. Transglobal Underground · A Gathering of Strangers 2021 · Mule 20
Die TWMC TOP 20/40 bei: http://www.transglobalwmc.com/ und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und www.woxx.lu/author/Klopottek.