Willis Tipps: August 2020

Amparo Sánchez – Schwere Zeiten

Amparo Sánchez ist eine der starken Frauen der spanischen Musikszene. Viele kennen die Aufnahmen ihrer Gruppe Amparanoia und ihre Soloplatten. Sie stammt eigentlich aus Grenada, hat aber lange in Barcelona gelebt. Grob gesprochen, konnte man sie in die dortige rockige Mestizo-Szene einordnen. Sie hatte aber immer ihren speziellen Sound, der sie aus der Masse heraushob. Es ist vor allem ihre ausdrucksstarke Stimme, die man sofort wiedererkennt. Auf ihren Soloalben streckte sie ihre Fühler auch nach Mexikanischem aus und arbeitete mit Calexico zusammen, der Gruppe aus Arizona. 2014 veröffentlichte sie einen autobiografischen Roman, in dem sie unter anderem ihre schlimmen Erfahrungen mit Gewalt in der Ehe verarbeitet hat. Ihr neues Album La niña y el lobo Vol. 1 setzt diese Erfahrungen in Musik um. Fast alle Stücke sind Coverversionen, inklusive Violeta Parras „Gracias a la vida“. Die große Überraschung: hier gibt es keine Rocksounds, sondern zwei erfahrene Flamenco-Gitarristen begleiten sie. Das ist sehr privat, sehr berührend und auch wenn man den Roman nicht gelesen hat, geht ihre einzigartige Stimme unter die Haut.

Amparo Sanchez – B.S.O. La niña y el lobo Vol. 1 (Mamita Records)


Orientalische Beziehungen

Zahlreiche Musiken des Orients sind eng miteinander verwoben; unter anderem auch wegen der langen Zugehörigkeit vieler der heutigen Staaten zum historischen Osmanischen Reich. Die Sängerin Lamia Yared erkundet diese Beziehungen zusammen mit einer Reihe von Musiker*innen, die überwiegend ihre Wurzeln in dieser Region haben. Sie selbst stammt aus dem Libanon und lebt heute in Kanada. Im Vordergrund steht Lamias glasklare Stimme. Sie wird begleitet von traditionellen Instrumenten wie die Ghaychak-Geige, die Kanun-Zither, die Oud, die Tar-Laute, traditionelle Perkussion, sowie von Cello und Kontrabass. Der Titel des Albums Chants des Trois Cours bezieht sich auf die drei historischen Reiche Konstantinopel, Täbriz und Samarkand. Folglich hört man auf der CD Musik mit osmanischen, persischen und arabischen Wurzeln. Wer in diese musikalischen Welten und ihre Verknüpfungen eintauchen will, wird mit dieser Platte bestens bedient.

Lamia Yared & Invités – Chants des Trois Cours (Lamia Yared)


Mongolische Leckerbissen

Mongolische Musik, wie auch die aus der benachbarten russischen Republik Tuwa, verbindet auf faszinierende Weise Fremdartigkeit und melodische Eingängigkeit. Das findet man auch auf dem ersten international veröffentlichen Album der Gruppe Khusugtun, einem Sextett, von dem einige Mitglieder einen Fuß in der großen mongolischen Community in Deutschland haben. Auf Jangar hört man die bekannte Pferdekopfgeige, verschiedene Lauten, die Wölbbrettzither Yatga, die Maultrommel und natürlich den ultratiefen Kehlkopfgesang und die flötenartigen Obertöne. Auch nichtasiatische Instrumente kommen gelegentlich zum Einsatz, wie die Djembe-Trommel, das Cello und die Gitarre. Schön, dass die Yatga-Spielerin auch singt, denn Frauenstimmen sind in mongolischer Musik selten. Was mich stört, ist die Aufnahme einer in der Mongolei weit verbreiteten Ode an Dschingis Khan, der ja bekanntlich ein gewalttätiger Eroberer war, sowie das martialische Coverbild. Musikalisch ist diese Platte aber erstklassig und fesselnd.


Khusugtun – Jangar (Buda Musique)


August – Top 20

 

1. Bab L’ Bluz · Nayda! · Real World (Marokko/F)
2. Danyèl Waro · Tinn Tout · Buda Musique (La Réunion)
3. Damir Imamovic · Singer of Tales · Wrasse (Bosnien-Herzegowina)
4. Mahsa Vahdat · Enlighten the Night · Kirkelig Kulturverksted (Iran)
5. Trio Tekke · Strovilos · Riverboat / World Music Network (Zypern/UK)
6. Ghalia Benali & Romina Lischka · Call to Prayer · Fuga Libera (Tunesien/Schweiz)
7. Oumou Sangaré · Acoustic · Nø Førmat! (Mali)
8. TootArd · Migrant Birds · Glitterbeat (Golan Höhen)
9. Mulatu Astatke & Black Jesus Experience · To Know Without Knowing · Agogo (Äthiopien/Australian)
10. Matthieu Saglio · El Camino de los Vientos · ACT Music (Spanien)
11. Shiran · Glsah Sanaanea with Shiran · Batov (Israel)
12. Joseph Tawadros · Live at the Sydney Opera House · ABC Classics (Australien)
13. Tony Allen & Hugh Masekela · Rejoice · World Circuit (Nigeria/Südafrika)
14. Transglobal Underground · Walls Have Ears · Mule Satellite (UK)
15. Wu Fei & Abigail Washburn · Wu Fei & Abigail Washburn · Smithsonian Folkways Recordings (China/USA)
16. Santrofi · Alewa · Outhere (Ghana)
17. Bamba Wassoulou Groove · Dankélé · Lusafrica (Mali)
18. Mehmet Polat · The Promise · Aftab (Türkei/NL)
19. Nihiloxica · Kaloli · Crammed Discs (Uganda)
20. Dembo Konte & Kausu Kuyateh · Kairaba Jabi · Ghosts From The Basement (Gambia/Senegal)

Die TWMC TOP 20/40 bei: http://www.transglobalwmc.com/ und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und www.woxx.lu/author/Klopottek.


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