Willis Tipps
: August 2022

Malische Wurzeln

Coronabedingt musste man auf sein neues Album fünf Jahre warten. Vieux Farka Touré, Sänger und Gitarrist aus Mali, hat 2006 seine Recording-Karriere begonnen und sich in der Folge als Musiker mit offenen Ohren gezeigt. Er hat unter seinem eigenen Namen wie auch zusammen mit dem israelischen Pianisten Idan Raichel veröffentlicht und unter anderem mit dem Jazzgitarristen John Scofield kooperiert. Wegen seines bisweilen wilden Spiels nannten ihn einige den Hendrix der Sahara. Jetzt geht er zurück zu seinen Wurzeln und folgerichtig heißt sein aktuelles Album Les Racines. Die Platte erinnert stark an den entspannten Stil seines 2006 verstorbenen Vaters Ali Farka Touré, der bis heute als einer der größten Musiker Afrikas gilt. Vieux brauchte den zeitlichen Abstand wohl, um sich an die Form heranzuwagen, die sein Vater in der Welt etabliert hat. Aufgenommen wurde die Platte in dem Studio, das Ali Farka Touré zu seinen Lebzeiten im nordmalischen Niafunké aufgebaut hatte. Die schwierige Situation in Mali hat dazu geführt, dass Frieden und Verständigung wichtige Botschaften Tourés sind. Inhaltlich wie musikalisch ein ausgezeichnetes Album!

Vieux Farka Touré – Les Racines – World Circuit


Zwischen New Orleans und Haiti

Wenig bekannt ist, dass die Musik in New Orleans, wie zum Beispiel die „Mardi Gras“ genannte Form, Elemente aus der Musik Haitis enthält. Das liegt daran, dass leidgeplagte Haitianer*innen die Stadt bereits vor 200 Jahren als Zufluchtsort wählten. Diese enge Verbindung deckt Leyla McCalla die in New Orleans lebt, aber auf Haiti zur Welt kam, auf. Sie singt mit intimer Stimme, spielt Banjo und Cello und hat auf ihrem vierten Studioalbum Breaking the Thermometer mit einem kleinen Ensemble 15 Lieder auf Kreol und Englisch aufgenommen. McCalla präsentiert wieder ihre ganz eigene Mischung aus haitianischer Musik und den Klängen Louisianas, wie zum Beispiel dem Cajun. Angesichts der nicht enden wollenden deprimierenden Verhältnisse auf Haiti, kann es nicht ausbleiben, dass sich die Künstlerin in ihren Texten damit auseinandersetzt. Sie hat sich von Aufnahmen aus dem Archiv vom unabhängigen Radio Haiti inspirieren lassen, dessen Betreiber im Jahre 2000 ermordet wurde. Sie braucht weder Lautstärke noch Studiotricks, um musikalisch zu überzeugen und ihre Hörer*innen emotional zu berühren.

Leyla McCalla – Breaking the Thermometer – ANTI-


Jüdische Musik aktuell

Jüdische Musik ist äußerst vielfältig und verschieden. Sephardische Musik z. B. basiert auf den Traditionen der vor rund 500 Jahren aus Spanien vertriebenen Jüd*innen. Der osteuropäische Klezmer ist trotz Holocaust vor allem von in die USA emigrierten Jüd*innen lebendig gehalten worden. Daneben existieren noch ganz andere Formen und Vermischungen. Das Album The Rough Guide to Jewish Music umfasst fasst 18 Stücke, die unterschiedliche Stile abdecken und von zeitgenössischen Künstler*innen aufgenommen wurden. Sephardisches singt die Spanierin Mara Aranda wie auch das Frauenensemble Al Andaluz Project. Andrea Pancur aus München spielt „Alpenklezmer“ mit bayrischer Würze und das dänische Sextett Mames Babegenush steuert einen flotten Tanz bei. Yinon Muallem, ein israelischer Perkussionist und Ud-Spieler, zeigt, wie man heute jüdische und arabische Elemente mit Jazz anreichert. Die Kompilation hat nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, dokumentiert aber, wie breit diese Szene aufgestellt ist. Eine interessante Einführung, die die Neugier der Hörer*innen weckt!

V.A. – The Rough Guide to Jewish Music – World Music Network


August – Top 20

1. Vieux Farka Touré · Les Racines · World Circuit/BMG
2. Oumou Sangaré · Timbuktu · World Circuit/BMG
3. Cimarrón · La Recia · Cimarrón Music
4. Lamia Yared & Ensemble Oraciones · Ottoman splendours/Lumières ottomanes · Analekta
5. Madalitso Band · Musakayike · Les Disques Bongo Joe
6. África Negra · Antologia Vol. 1 · Les Disques Bongo Joe
7. Moktar Gania & Gnawa Soul · Gnawa Soul · MusjoMusic / Nuits d’Afrique
8. Catrin Finch & Seckou Keita · Echo · Bendigedig
9. Ana Alcaide · Ritual · Ana Alcaide
10. Leyla McCalla · Breaking the Thermometer · Anti-
11. BKO · Djine Bora · Les Disques Bongo Joe
12. Perrate · Tres Golpes · Lovemonk
13. Noori & His Dorpa Band · Beja Power!: Electric Soul & Brass from Sudan’s Red Sea Coast · Ostinato
14. Ali Doğan Gönültaş · Kiğı / Gexî / Kegui · Ali Doğan Gönültaş
15. Master Musicians of Jajouka, Led by Bachir Attar · Dancing Under the Moon · Glitterbeat
16. Avalanche Kaito · Avalanche Kaito · Glitterbeat
17. Minyeshu · Netsa · ARC Music
18. Oriental Brothers International Band · Oku Ngwo Di Ochi · Palenque
19. Amélia Muge · Amélias · Uguru
20. Kobo Town · Carnival of the Ghosts · Stonetree

Die TWMC TOP 20/40 bei: http://www.transglobalwmc.com/ und bei Facebook „Mondophon auf Radio ARA“ und www.woxx.lu/author/Klopottek.


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