FAHRRADPISTEN: Lieber spät als nie

Nach 15 Jahren kommt eine Reform des Radwegenetzes, die es ermöglichen soll, den Anteil der „sanften Mobilität“ bis 2020 auf 25 Prozent zu verdoppeln.

(© Grey_Greezer_Wilimedia)

Die Verantwortlichen der „Lëtzebuerger Vëlosinitiativ“ (LVI) trauten bei einer Unterredung mit dem damaligen Verkehrsminister Marcel Schlechter (LSAP) am 29. April 1989 ihren Ohren nicht: „Das Fahrrad als Verkehrsmittel hat keinen Platz mehr im 20. Jahrhundert, deshalb habe ich mich in meiner Politik ganz eindeutig für das Auto entschieden“, erklärte der Minister rundheraus. Er riet dazu, auf das Radfahren in der Stadt zu verzichten oder „es doch wenigstens auf den Sonntagvormittag zu beschränken“.

Immerhin: Anders als die meisten Politiker redete der ehemalige Eisenbahngewerkschafter – und aktive Radsportler (!) – nicht um den heißen Brei herum und machte der damals noch jungen Fahrradinitiative keine falschen Hoffnungen.

Doch die LVI ließ sich nicht entmutigen, auch wenn Schlechters Nachfolger im Amt nicht viel besser war: Das Land sei zu hügelig, und es regne zuviel, befand der sozialistische Amtsinhaber Robert Goebbels.

Erst nachdem Mady Delvaux (ebenfalls LSAP) das Verkehrsministerium übernommen hatte, änderte sich der Ton – zumindest auf der politischen Ebene. 1999 wurde sogar ein Gesetz verabschiedet, das den Ausbau des Radwegenetzes in Luxemburg beschleunigen sollte. Damals waren rund 950 Kilometer an gesicherten Radwegen geplant, von denen allerdings in den Folgejahren nur 600 verwirklicht wurden.

Nach wenigen Jahren stockten viele Vorhaben, weil die Radwege sich auf den im Gesetz festgeschriebenen Trassen nicht verwirklichen ließen. Mal war nicht genug Platz für die vorgeschriebene Breite der Radpisten vorhanden, dann wieder ließ sich die erforderliche Versiegelung der Böden nicht mit den Auflagen des Naturschutzes vereinbaren usw.

Das nationale Radwegenetz ist zwar recht eng gestrickt, doch klaffen in ihm seit Jahren unüberbrückbare Lücken, da wichtige Übergänge nicht verwirklicht werden konnten. Was im Freizeitbetrieb nur ein lästiges, aber überwindbares Hindernis darstellt, birgt im Alltagsbetrieb oft so große Gefahren, dass eigentlich nur ein paar Unerschrockene sich ihnen aussetzen.

Das Gesetz von 1999 war ohnehin vor allem für den Radtourismus ausgelegt. Für die Verbindungen innerorts sollten die Kommunen Verantwortung tragen – wobei die Vorgaben des Verkehrsministeriums auch nicht immer zielführend waren.

Lückenhaftes Netz

Auch in der Landesplanung wurde dem Fahrrad weiterhin kaum Beachtung geschenkt. Gerade bei neuangelegten Straßentrassen oder bei größeren Lotissements zog man kaum je Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit und gestand dem Fahrrad nicht von vornherein einen eigenen Raum zu.

Einige Kommunen haben sich zwar im Rahmen der obligatorischen PAGs auch Pläne für die sanfte Mobilität – also für das Zufußgehen und das Radfahren – ausarbeiten lassen, doch haperte es vielfach an einer konsequenten Umsetzung.

Am Dienstag steht ein neues Gesetz, das Remedur bei diesen Missständen schaffen soll, zum Votum in der Chamber an, wo es wohl auf eine sehr breite Zustimmung treffen wird. Eingereicht hatte das Gesetzesvorhaben mit der runden Nummer 6600 1993 noch der CSV Verkehrsminister Claude Wiseler, während sein Nachfolger François Bausch von „Déi Gréng“ es nun mit Zusätzen, vor allem zur kommunalen Dimension, ergänzt hat.

Geplant sind zusätzliche 1.100 Kilometer Radpisten. Im Unterschied zu 1999 werden keine festen Trassen mehr vorgeschrieben, sondern lediglich die wesentlichen Wegpunkte, die von einem bestimmten Radweg abgedeckt werden sollen. Die Streckenführung dazwischen soll so weit wie möglich den Gegebenheiten angepasst werden. Hierbei können die Beläge oder die Breite der Pisten auch einmal variieren – was jedenfalls besser ist, als sie irgendwo im Nirwana einfach aufhören zu lassen.

Damit nicht weiterhin jede Gemeinde ihr eigenes Süppchen kocht, sind auch Budgetmittel – bis zu 30 Prozent der entsprechenden Kosten – für die Anbindung der kommunalen Radnetze an das nationale Netz vorgesehen. Vor allem müssen aber bei zukünftigen Verkehrs-Führungen Radwege von vornherein mit eingeplant werden – ohne welche Bedingung es von Seiten der Landesplanung keine Zustimmung mehr geben soll.


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