Steppen in Zement: Irvin Winklers Verfilmung von Cole Porters Leben gerät hölzern und verstaubt.
Ein amerikanischer Kritiker hat behauptet, „De-Lovely“ sei schlimmer als drittklassige Schultheater-Aufführungen. Alle drittklassigen Schultheater-Truppen sollten sich daraufhin beschweren. Denn so schlecht wie Winklers Film können sie gar nicht sein.
In der ersten Szene sitzt ein kosmetisch miserabel gealterter Cole Porter im Dämmerlicht am Klavier und erinnert sich an bessere Zeiten. Plötzlich erscheint ihm der Geist (oder ist es ein Engel?) Gabriel und entführt ihn in ein fiktives Theater, in dem Porters Lebensgeschichte als Musical aufgeführt werden soll. Das kann ja nur eine Komödie werden, denkt man sich im Publikum, aber, falsch gedacht.
„De-Lovely“ nimmt sich ernst. Es ist allein Hauptdarsteller Kevin Kline, der das Spiel zu durchschauen scheint: Er verkörpert den Komponisten mit einer Nonchalance, als wolle er in diesem Desaster wenigstens sich selbst amüsieren. Nicht alle Beteiligten haben so viel Spaß. Warum Regisseure immer wieder auf die Idee kommen, die konturlose Ashley Judd mit tragenden Rollen zu betrauen, wird wohl ein Rätsel bleiben. Als Linda Porter, Stütze und Muse des begabten Gatten, bleibt ihr Gesicht über 120 Minuten so regungslos als fürchte sie, ihr maskenhaftes Make-up könnte verrutschen.
Dabei hatte die Story durchaus Potential: Cole Porter war einer der beliebtesten amerikanischen Komponisten, er verfasste unglaublich clevere Texte und Melodien, die zu Klassikern wurden („Let’s do it“, „Night and Day“), aber da das künstlerische Schaffen schwer auf die Leinwand
zu bannen ist, konzentriert sich „De-Lovely“ vor allem auf Porters Privatleben.
Lange war die Homosexualität des Musikers ein offenes Geheimnis, er führte eine Konvenienz-Ehe mit einer älteren, geschiedenen Frau, um sein soziales Ansehen nicht zu gefährden.
Der filmische Umgang mit Cole Porters Homosexualität ist diskutabel: Die zentrale Frage von „De-Lovely“ scheint zu sein, wen Porter denn nun mehr liebte, seine Frau oder die Männer. Bereits in der ersten Viertelstunde dürfte jedem klar sein, dass der Film die These der ehrlichen, ewigen Liebe zwischen den beiden Eheleuten vertritt. Trotzdem wird dem Zuschauer diese Botschaft in regelmäßigen Abständen immer wieder eingehämmert. Die männlichen Liebhaber dagegen huschen lediglich wie Schatten durch ein anderweitig ach so perfektes Bild.
Songs wie „Anything goes“ oder „Let’s misbehave“ zeugen von Cole Porters ganz eigener Lebensphilosophie, die Irvin Winkler aber nicht sonderlich zu interessieren scheint. Er vermeidet jegliche Tiefe und dünnt seinen Stoff so aus, dass er kaum noch für eine halbstündige Soap reichen würde. Hie und da schafft man es manchmal fast, sich von der Erzählung mitreißen zu lassen, aber dann tauchen der alternde Cole und sein Engel Gabriel wieder aus der Rahmenhandlung auf und zerbröseln jegliche Dynamik.
Und die Musik? Eine Allstar-Besetzung von Jazz- und Popgrößen schlüpfen für den Film in schicke Klamotten und schmettern mit festgefrorenem Strahlelächeln (schließlich sind wir im Musical) die Songs des Meisters. Einige überzeugen mehr (Sheryl Crow, Diana Krall und Elvis Costello), andere weniger (Alanis Morissette, Mick Hucknall). Robbie Williams ist auch mit von der Partie, und wenn er auf der Leinwand erscheint, wird klar was „De-Lovely“ hätte retten können: ein bisschen mehr Selbstironie und ein bisschen weniger Fernsehfilm-Melodrama. Aber so bleibt es am Ende eben nur bei unfreiwilliger Komik.