STEVEN SPIELBERG: War of the Worlds

In „War of the Worlds“ inszeniert Steven Spielberg
den Untergang der Welt als Invasion böser Außerirdischer. Aus den Kinosesseln haut das aber keinen.

Es beginnt wie ein gewöhnliches Unwetter. Gleißende Blitze reißen den düster grauen Himmel über der kleinen Stadt in Connecticut auf, erst einmal, zweimal, dann immer öfter. Doch der Donner, der kurz darauf das Haus des Lagerarbeiters Ray (Tom Cruise) erschüttert, stammt nicht von aufeinander prallenden Wolkenmassen. Er kommt aus dem tiefsten Innern der Erde – und mit ihm tödliche schwarze Maschinen. Die erheben sich haushoch über die Menschen und vernichten per Laserstrahl alles, was sich ihnen in den Weg stellt. So sieht er aus, der Weltuntergang, wie ihn H.G. Wells in seinem Roman „Krieg der Welten“ von 1898 beschrieb und den Amerikas Starregisseur Steven Spielberg nun mit viel Lärm in Szene gesetzt hat.

Viel Lärm um wenig. Denn die außerirdische Großinvasion per dreibeinigen Monstermaschinen, die dem geschiedenen Ray, seinen leiblichen Kindern Rachel (Dakota Fanning) und Robbie (Justin Chatwin) sowie allen anderen Erdbewohnern zu Leibe rücken, dürfte zumindest die meisten europäischen BetrachterInnen eher unberührt lassen. Dabei sind die Effekte in diesem Spielberg-Film hervorragend: Mit unzähligen Computeranimationen sorgt der Regisseur dafür, dass der Asphalt aufbricht und Häuser einstürzen, dass glubschäugige Tentakel Menschen fangen und aus deren Blut rot geäderte Netze spinnen. Weiße Asche von Toten, die Tom Cruise alias Ray nach der ersten Alien-Attacke angewidert und entsetzt aus Haaren und Kleidung schüttelt, erinnert an die Folgen der einstürzenden Türme des 11. September – ein Bild, das vor allem beim amerikanischen Publikum seine Wirkung nicht verfehlen dürfte. Die Untergangsängste und Paranoia, die nach dem Terroranschlag das Denken und Handeln vieler US-Politiker bestimmen, nimmt Spielberg mit „War of the Worlds“ subtil aufs Korn. Etwa wenn er einen Passanten fragen lässt, ob die Angreifer Europäer seien.

Dass die ZuschauerInnen trotzdem kaum mitzufühlen vermögen und die Apokalypse eher distanziert beobachten, liegt vor allem an Tom Cruise. Vom überraschten Erschrecken bis zum grimmigen Zähne-Zusammenbeißen reicht dessen Gefühlspalette. Für einen überforderten Vater, der seine völlig verängstigte kleine Tochter und den aufmüpfigen Sohn vor dem Weltuntergang durch fiese Aliens zu retten versucht, ist das zu wenig.

Weil sich Spielberg dafür entschieden hat, die Überlebensgeschichte dieser Kleinfamilie zum Dreh- und Angelpunkt seines Films zu machen, fällt die darstellerische Armut umso deutlicher auf. Jungstar Dakota Fanning wirkt überzeugender als der Filmprofi Cruise. Aber zu mehr Tiefe und Intensität kann die Elfjährige auch nichts beitragen. Statt das Endzeitszenario und den Fokus auf die drei Protagonisten dafür zu nutzen, emotionale und psychologische Ausnahmezustände und moralische Herausforderungen im Katastrophenfall genauer zu thematisieren, verkommt „War of the Worlds“ zu einer überdimensionalen Materialschlacht plus Familiendrama, wie es schon so viele aus Hollywood gibt. Lediglich zwei kleine Szenen zeigen, dass durchaus Potenzial in der Geschichte steckt, das von Spielberg aber nicht genutzt wird: Als die Familie das einzige noch funktionierende Auto von einem neidvollen Menschenmob entrissen bekommt. Der Moment, als Robbie und Ray geschockt erkennen müssen, wie ein egoistischer Überlebensinstinkt aus Menschen Mörder macht, ist eine der stärksten Szenen im Film. Wenig später ist es der Vater, der tötet. Um das eigene Überleben und das seines Kindes zu sichern, erschießt Ray einen Mann, der ihm zunächst Unterschlupf gewährt hat. Bevor er jedoch zur Tat schreitet, verbindet er Rachel die Augen – ein starkes Bild für den hilflosen Versuch, wenigstens die moralische Unschuld des
Kindes zu bewahren. Es sind Momente wie diese, in denen der Film Größe und Tiefgang zeigt. Leider gibt es davon zu wenige.


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