Nichts für Zartbesaitete: In „Snakes and Earrings“, dem Romandebüt der japanischen Autorin Hitomi Kanehara geht es um Gewalt, Sex und die Kunst der Selbstverstümmelung. Lui ist neunzehn. Sie hält sich mit einem Gelegenheitsjob als Callgirl über Wasser und lebt vor allem fürs Partyfeiern. Bis sie in einem Club Ama kennenlernt, dessen, im wahrsten Sinne des Wortes, gespaltene Zunge sie fasziniert. Die junge Frau möchte auch so eine und begibt sich dafür in die Hände des Tatoo- und Piercingvirtuosen Shiba – als Gegenleistung soll sich Lui auf die Sado-Maso-Spiele des Tätowierers einlassen. In Japan gewann die erst 21-jährige Hitomi Kanehara für ihr Buch den wichtigsten nationalen Literaturpreis, den Akutagawa-Award. Und sorgte mit ihrer erschreckend nüchternen Beschreibung der seelischen Abgründe für Furore. Die Sex- und Gewaltszenen wirken zwar ein wenig plakativ; aber der Kontrast zwischen der noch sehr jugendlichen Sprache, die manchmal hart am Klischee vorbeischrammt, und der brutalen Realität, die Gegenstand der Geschichte ist, lassen die LeserInnen schwer schlucken. Die Autorin erzählt ihre Story ohne Umschweife, fast ohne Beschreibungen oder Erläuterungen der sozialen Hintergründe. Leider umfasst „Snakes and Earrings“ deshalb kaum 115 Seiten in großer Schrift und wirkt so eher wie eine Kurzgeschichte denn wie ein Roman.
Hitomi Kanehara, Snakes and Earrings, Vintage, 2005.