JAZZ: Der Stadtneurotiker als Hobby-Klarinettist

Gerade erst ist sein letzter Film, Cassandra’s Dream, im Kasten, stürzt sich Woody Allen in sein nächstes europäisches Abenteuer.

Spielt ausnahmsweise weder die erste Geige, noch die erste Klarinette: Woody Allen.

Doch diesmal sind es nicht Dreharbeiten oder Filmvorstellungen, die den 72-Jährigen nach Europa locken, sondern seine Klarinette. Woody Allen ist als arbeitswütiger Regisseur, Drehbuchautor, Schauspieler, Komiker und Schriftsteller weltweit bekannt. Die wenigsten wissen jedoch, dass Allen wahrscheinlich der berühmteste Jazzmusiker der Welt ist.

Mit fünfzehn kaufte sich Allen
Königsberg ein Saxophon, entschied sich aber bald Klarinette zu üben. Ein Jahr später, als Allen anfing Gags für diverse Zeitungen zu schreiben, übernahm er den Künstlernamen Woody Allen (inspiriert von seinem Idol Woody Herman). In den Sechzigern dann stellte er zum ersten Mal sein musikalisches Können zur Schau, und obwohl sich der New Yorker langsam einen Namen als Klarinettist machte, beachtete man seine Arbeit als Filmemacher wesentlich mehr. Doch Allen wusste seine beiden Leidenschaften zu verbinden. Für seine abgedrehte Science Fiction Komödie „Sleeper“ beschloss der Sydney Bechet-Fan beim Soundtrack musikalisch mitzuwirken, und spielte die Filmmusik zusammen mit der Preservation Hall Jazz Band ein.

Einige Jahre und mehrere Oscar Nominierungen später tritt Allen zusammen mit seiner New Orleans Jazz Band im New Yorker Luxushotel Carlyle auf. Bis heute spielt die Band noch jeden Montag im Café des Hotels, auch die Academy Awards vermögen diese Routine nicht zu brechen. Im Jahr
1996 dokumentierte Regisseurin
Barbera Kopple die erste Europatour der Band in ihrem Film „Wild Man Blues“. Die neu-eingespielten Songs der Tour wurden, nach „The Bunk Project“, als zweites Album der Truppe
veröffentlicht.

Natürlich ruhen bei Live Auftritten fast alle Blicke auf dem Regisseur, wohl in der Hoffnung Allen lege seine Klarinette beiseite um ein paar Schenkelklopfer darzubieten. Die wenigsten kennen die weiteren Mitglieder der Band. Dabei ist Allen der einzige Amateurmusiker: Der Trombonist Jerry Zigmont zum Beispiel, hat an der University of Connecticut studiert, oder Eddy Davis, Banjo Spieler und Musical Director der Band, ist Absolvent der Chicago University.

Die Musik der mehrköpfigen Band ist, wie der Name schon verrät, sehr von den Klängen des New Orleans der Zwanziger geprägt. Allen ist vernarrt in den Jazz der „good old days“, den Ragtime und die Musikumzüge. Demnach überrascht seine Band nicht mit eigenen Kompositionen, sondern interpretiert gewissenhaft Allens liebste Klassiker, ohne dabei mit der Tradition zu brechen. Solche Auftritte würden ohne Starbesetzung wohl kaum Konzertsäle wie die Luxemburger Philharmonie füllen, doch das nimmt der Woody, für seine Liebe zum Jazz, wohl gerne hin.

 

 

Woody Allen’s New Orleans Jazz Band treten am 22. Dezember im Großen Auditorium der Philharmonie auf. Das Konzert ist ausverkauft. Letzte Chancen auf eine Karte hat man an der Abendkasse.


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