ENERGIEPASS: Was steckt drin im neuen Power-Pass?

Die Einführung des Energiepasses für Gebäude wurde um ganze 16 Monate verschoben. Zumindest in Teilen. Dabei ist es nicht ganz leicht, den Überblick zu behalten. Auf der Oekofoire wollen die zuständigen Ministerien das ändern.

Der Power-Pass: Je nach Energieeffizienz gibt’s die Einstufung A-I. A steht für Passiv-, B für Niedrigenergiehaus. Beide Kategorien haben bisher in Luxemburg Seltenheitswert. Im vergangenen Jahr wurden 29 A-Häuser und 110 B-Häuser gebaut.

Die Oekofoire als Startpunkt für effizienteres Energiesparen: Auf einem gemeinsamen Stand wollen Wohnungsbau-, Energie- und Umweltministerium über energiebewusstes Bauen und Wohnen informieren. Diese konzertierte Aktion kommt nicht von ungefähr. Kaum jemand kennt sich derzeit aus, im Chaos der Luxemburger Subventionspolitik für Energiesparmaßnahmen rund ums Eigenheim.

Bestes Beispiel: der Energiepass. Er erfasst die Energieeffizienz eines Gebäudes, nimmt es je nach Energieverbrauch in eine von neun Kategorien auf und gibt Anregungen zur Behebung von Schwachstellen. Subventionen werden nur für die vier besten Kategorien ausgezahlt. Theoretisch sollte dieser Pass bereits seit dem 1. September für alle Häuser und Wohnungen obligatorisch sein. Praktisch ist die Ausgabe dieses Papiers jedoch noch mit entscheidenden Anlaufschwierigkeiten verbunden.

Nachdem im Januar diesen Jahres die neue Wärmeschutzverordnung und anschließend das „nationale Förderprogramm zur Energieeinsparung und Nutzung erneuerbarer Energien“ vorgestellt wurde, schien es kurzzeitig, als würden nach langem Stillstand endlich einmal Fortschritte gemacht. Doch schon die zeitlich versetzte Vorstellung der beiden Programme ließ nichts Gutes ahnen. Wirtschaftsminister Jeannot Krecké und Umweltminister Lucien Lux hatten es einmal mehr nicht geschafft, sich zusammenzutun und ihre Maßnahmen als aufeinander abgestimmtes Ganzes zu präsentieren.

Abgesehen davon hatte man es offensichtlich übersehen, die Lage auf dem Markt für potenzielle Gutachter mit ausreichender Sorgfalt zu prüfen. Kaum war der Energiepass vorgestellt, suchten diejenigen, die sich prompt einen solchen ausstellen lassen wollten, oft vergebens nach einem Büro, das gewillt war, seine Dienste in absehbarer Zeit anzubieten. Zwar versuchte Jeannot Krecké Anfang April in seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage die Gemüter zu beruhigen, indem er auf mehr als 550 potenzielle Experten hinwies, die berechtigt seien, einen Energiepass auszustellen.

Expertenmangel behoben?

Einen Monat später musste der Wirtschaftsminister jedoch zurückrudern. Weil man den „difficultés du marché, dues à un manque d´experts habilités à établir les certificats de performance énergétique“ Rechnung tragen wolle, sei beschlossen worden, die Frist für die Übergangszeit im Falle von Eigentümer- oder Mieterwechsel auf September 2009 zu verlegen, kündigte Krécke Ende Mai auf seiner Eröffnungsrede zur Frühjahrsmesse an. Zwei Wochen später verlängerte der Regierungsrat diese Frist in einem projet de règlement grand-ducal abermals – diesmal auf den 31. Dezember 2009.

„Das heißt aber nicht, dass es den Energiepass derzeit nicht gibt“, sagt Tom Eischen, Commissaire der Regierung in der „Direction de l’énergie“ im Wirtschaftsministerium. „Seit dem 1. Januar muss für jeden Neu- beziehungsweise Umbau ein Energiepass beantragt werden.“ Weil man vermeiden wollte, dass es beim Wechsel von Mietern oder Eigentümern zu einem Engpass kommen könnte, habe man für diese Fälle die Frist verlängert. „Die Zahl der ausgebildeten Experten ist dabei sich gut zu entwickeln“, so Tom Eischens Antwort auf die Frage, ob es derzeit noch einen Mangel an Sachverständigen gibt. Tatsache ist, dass auf der Homepage der Agence de l’énergie (www.ael.lu) eine Liste von über 200 Expertenbüros aufgeführt wird, die offiziell vom Ministerium als Pass-Aussteller zugelassen sind oder deren MitarbeiterInnen eine entsprechende Fortbildung mitgemacht haben, mit der sie auch die erforderliche Software zur Berechnung der Energiewerte erhalten haben.

Eine Methode, die seit diesem Jahr ebenfalls bei der Ausstellung eines Gebäudepasses und bei der Berechnung von Subventionen innerhalb der Wärmeschutzverordnung angewandt wird. „Wir haben in erster Linie eine Harmonisierung der Methoden durchgeführt“, sagt Tom Eischen. „Die aktuelle Linie ist besonders für die Experten im Vergleich zur früheren Situation auf dem Markt viel kohärenter.“ Musste man früher verschiedene Werte für verschiedene Formulare errechnen, dienen nunmehr die Kalkulationen im Energiepass als Grundlage für die Folge-Anträge. Der Fortschritt liegt vor allem darin, dass dies Ministerien übergreifend gilt.

Dennoch scheint die Agence de l’énergie sich noch nicht ganz vom Ansturm des Interesses, der seit Bekanntgabe der neuen Gesetzgebungen über sie hereinbrach, erholt zu haben. Das zeigt ein Blick auf ihre Homepage. Erläuterungen zum neuen Förderprogramm sucht man dort vergeblich. „Aus technischen Gründen konnten die Seiten zu den finanziellen Beihilfen für Privatpersonen noch nicht überarbeitet werden.“ Man bemühe sich „um eine zügige Überarbeitung“, bis dahin wird an die Energie-Hotline verwiesen. Diese war zumindest in Spitzenzeiten mit über 100 Anrufern pro Tag auch an ihre Grenzen gestoßen. Durchschnittlich werden dort 46 AnruferInnen pro Tag gezählt.

Wie viel Pässe braucht ein Haus?

Einige unter den Ratsuchenden dürften wohl die Frage nach dem Unterschied zwischen Energiepass und einem weiteren Ausweispapier für Gebäude gestellt haben: dem so genannten Carnet de l’habitat, das es bereits seit 2005 gibt. Dieser sei eine Art „Röntgenbild“ eines Gebäudes, so drückte es die LSAP-Abgeordnete Claudia Dall’Agnol aus, als das Parlament Mitte Dezember vergangenen Jahres auf ihre Anfrage hin über diese Maßnahme debattierte. Auch dieser Gebäudepass beinhaltet ein Energiekapitel. Und wie mit dem Papier verfahren werden soll, war zumindest zu diesem Zeitpunkt auch dem Wohnungsbauminister nicht ganz klar. Man habe bislang noch keine „systematische Propaganda“ für dieses „formidable Instrument“ gemacht, so Wohnungsbauminister Fernand Boden in der Debatte. Man warte auf den „definitiven Text über den Energiepass“.

Letzterer soll, das verriet der Minister noch, in den Gebäudepass integriert werden. Dass jedoch die interministerielle Kommunikation nicht ganz auf der Höhe war, konnte man aus Bodens weiteren Erklärungen heraushören. Durch die neuen Bestimmungen über energiesparende Maßnahmen sei die Hoffnung, „dass das Carnet ein Instrument ist, das jeder nutzen würde, wenn er renoviert, ein wenig in Frage gestellt“. Denn nun könne man sich „auf energiesparende Maßnahmen beschränken“ und müsse „kein Gesamtinventar der Probleme im Haus machen“. Die so genannte „Ameliorationsprime“ müsse den neuen Gegebenheiten angepasst werden.

Als Mitte Januar dann zunächst der Wirtschaftsminister und zwei Wochen später der Umweltminister die neuen Maßnahmen vorstellte, war Boden weder mit von der Partie, noch schloss er sich mit einer klärenden Pressekonferenz an. Übrig bleibt also trotz aller Fortschritte in der Gesetzgebung eine Situation, die immer noch schwer zu überblicken ist. Klar ist: Wer von den Beihilfen (die das Umweltministerium auszahlt) profitieren will, braucht einen Energiepass. Der wiederum ist Teil des Gebäudepasses, den man benötigt, wenn man Unterstützung für bauliche Maßnahmen beim Wohnungsbauminister beantragt. Den Energiepass muss der Besitzer selbst zahlen – für den Gebäudepass übernimmt der Staat jedoch 75 Prozent der Kosten. Noch Fragen? Die Mitarbeiter am interministeriellen Stand auf der Oekofoire dürften alle Hände voll zu tun haben.


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