POST-KYOTO: Das Klima muss flexibler werden!

Den CO2-Ausstoß verringern um den Klimakipp zu verhindern, das ist leichter gesagt als getan. Mit der Wirtschaftskrise ist eine neue Schwierigkeit hinzu gekommen.

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Die europäischen CO2-Reduktions-ziele für 2020 gelten weiterhin, das ist das Ergebnis des Herbstgipfels und des Umweltministerrats der letzten Tage. Natürlich, denn Klimaschutz ist eine ernste Angelegenheit. Allerdings, und deswegen gab es bei diesen Treffen heftige Diskussionen, bleibt unklar, wie diese Ziele erreicht werden sollen.

Eines der Probleme besteht darin, dass CO2-Einsparungen sehr kostspielig sind. Gewiss, der Stern-Bericht hat vorgerechnet, wie viel teurer zukünftige Folgeschäden sind, wenn man nicht jetzt handelt. Andererseits können Staatshaushalte und Wirtschaft im Hier und Jetzt nicht überstrapaziert werden. Deshalb muss flexibel auf alle Mittel zurückgegriffen werden, um die Kosten zu senken – der Klimaschutz darf uns nicht ruinieren.

Ein weiterer Stolperstein sind die eingeschränkten Potenziale zur Emissionsverringerung in bestimmten Ländern. In Deutschland kann man Kohlekraftwerke schließen, in der Nordsee Strom aus Windenergie erzeugen und in der Sahara Photovoltaikkraftwerke errichten. Luxemburg dagegen benötigt seine Stahlindustrie, und auf den Dächern der Banken lässt sich so viel Solarstrom nicht gewinnen. Wie Umweltminister Lucien Lux richtig sagt, darf es kein Remake von 1997 geben. Damals hatte sich Luxemburg an den Notwendigkeiten des Klimaschutzes orientiert, und zu einem relativ hohen CO2-Reduktionsziel verpflichtet.

Für 2020 muss unsere eingeschränkte Leistungsfähigkeit berücksichtigt werden. Auch hier ist Flexibilität erstes Gebot: Zum Beispiel indem Luxemburg die Hälfte seiner Einsparungen indirekt vornimmt, also in andere Länder verlagert. Das wäre eine reale Verbesserung gegenüber dem 2010-Ziel, das zu über 100 Prozent auf diese Weise erreicht werden muss. Dass dies nicht anders geht, weil Luxemburg ein Sonderfall ist, das bezweifelt hierzulande kaum noch jemand – nicht einmal mehr die Grünen.

Wie gesagt, die Ziele für 2020, mit denen die EU in die Post-Kyoto-Verhandlungen geht, bleiben bestehen. Doch beim Klimaschutz muss man flexibel sein um internationale Kompromisse zu finden. Eine europäische Einigung ist vermutlich nur möglich, wenn den Mitgliedstaaten erlaubt wird, einen großen Teil der Klimaschutzanstrengungen in andere Teile der Welt zu verlagern. Das müssen die Verhandlungspartner in den Schwellen- und Entwicklungsländern einsehen, und sich bereit erklären, ihren Teil der Verantwortung zu übernehmen – auch wenn das für sie industriepolitische Einschränkungen bedeutet. Wenn diese Länder den europäischen Kompromiss ablehnen, gefährden sie den Abschluss eines Post-Kyoto-Abkommens.

Zu all diesen Schwierigkeiten ist eine weitere hinzu gekommen: die Finanz- und Wirtschaftskrise. Es gilt, Lösungen für die bekannte Herausforderung des Klimawandels zu finden, die mit dieser neuen Herausforderung kompatibel sind. Einerseits sollte man vermeiden, etwas an den europäischen CO2-Zielen zu ändern, andererseits darf bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen das zarte Pflänzchen Wachstum nicht niedergetrampelt werden. An diesem Dilemma ändern auch neue Studien wie die des WWF nichts, die belegen, dass der Klimawandel viel schneller voranschreitet als bisher bekannt.

Weil die Krise die Handlungsmöglichkeiten vor allem der hoch entwickelten Länder noch weiter einschränkt, und gerade diese Länder die Hauptquelle der CO2-Emissionen sind, wird ihre Flexibilität allein nicht ausreichen. Wenn die Menschheit sich also nicht darauf einstellen kann, den Klimawandel zu verhindern, dann bleibt nur noch eins: Das Klima selber muss flexibler werden, es muss versuchen, die meteorologischen Katastrophen zu mindern, seine Erwärmung in den Griff bekommen, und den Klimakipp abzublocken.


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