BLUES: Der Mann aus dem Haus der aufgehenden Sonne

Nach einem halben Jahrhundert Bühnenpräsenz, in dem sich Leidenschaft zur Musik und exzessiver Drogenkonsum immer wieder in die Quere kamen, hat Eric Burdon ihn nach wie vor: den Blues.

Hat den Rock ’n’ Roll aus der Nähe gesehen: Eric Burdon.

„Ein Hit genügt nicht“, schreibt die deutsche Jugendzeitschrift „Bravo“ in ihrer Ausgabe 44 aus dem Jahr 1964. Berichtet wird über einen Auftritt der „Animals“ im New Yorker Paramount-Theater, der allem Anschein nach kein Erfolg war.  50.000 Dollar Miese soll der amerikanische Agent gemacht haben. „Ein einziger Hit genügt eben nicht, um die Leute für solche Importsänger zu interessieren. Nicht einmal mit einem Knüller wie ,The House Of The Rising Sun‘ ist das zu schaffen“, so das Fazit des enttäuschten Agenten. Das ist bitter.

Aber richtig bitter wird es für die Animals erst ein Jahr später, als Gründungsmitglied Alan Price die britische Band verlässt und das Haus der aufgehenden Sonne gleich mitnimmt. Denn an der Entstehung des Songs, der während einer Tour in einer knapp 20-minütigen Session aufgenommen wird, sind die damaligen Mitglieder der Animals (Alan Price, Chas Chandler, John Steel, Hilton Valentine und Sänger Eric Burdon) zwar alle gleichermaßen beteiligt, doch aufgrund eines Missverständnisses wird auf dem Label nur Alan Price als Autor angegeben. Und dieser sichert sich die Rechte an dem Song.

1966 löst sich auch der Rest der Band auf, und Eric Burdon, der bis dahin mit den Animals vier eher poplastige Alben veröffentlicht hat, widmet sich dem Blues. Gemeinsam gründet er mit Schlagzeuger Barry Jenkins eine neue Band, „Eric Burdon & The Animals“, zwei Jahre später wird daraus schließlich „Eric Burdon & The New Animals“. Zu den Hits, die in dieser Zeit entstehen, zählt auch „Monterey“, ein Song, in dem Burdon seinen ersten LSD-Ausflug auf dem Monterey Pop Festival im Juni 1967 verarbeitet. Burdon, der zu dieser Zeit in Kalifornien lebt, macht Ende der 60er das, was alle tun: Er lässt sich von der Flower-Power-Bewegung inspirieren, vertraut auf psychedelische Drogen und fernöstliche Gurus und ernennt sich zum Missionar der freien Liebe.

Was die musikalische Entwicklung betrifft, so tut sich Burdon 1970 mit der farbigen Band „War“ zusammen, woraus „Eric Burdon and War“ entsteht: Den wohl berühmtesten Auftritt haben Burdons Krieger am 17. September 1970 im Londoner Ronnies Scott’s Club. Dort spielen sie gemeinsam mit Jimmy Hendrix, der am darauf folgenden Morgen tot in seinem Hotelzimmer aufgefunden wird. Erstickt an seinem eigenen Erbrochenem. 

Auch Burdon bekommt ein Jahr später für seine Exzesse die Quittung, als er während eines Auftritts zusammenbricht. Es ist das Ende von Eric Burdon and War und der Beginn eines Jahrzehnts, das genau wie das darauf folgende für den weißen Blues-Sänger vor allem darin besteht, sich mit unterschiedlichen und wenig erfolgreichen Band- und Soloprojekten irgendwie über Wasser zu halten.

Mitte der 80er, nachdem Burdon in Deutschland wegen Drogenmissbrauchs festgenommen wird, versuchen frühere Mitglieder der Animals, ihn zu einer Reunion zu bewegen, doch aufgrund seiner persönlichen Misere wird daraus nichts. Aufwärts geht es erst wieder Anfang der 90er, als Burdon mit dem „Doors“-Gitarristen Robby Krieger durch Amerika tourt und dabei auf Brian Auger trifft. „Access All Areas“ heißt das Live- und einzige Album der „Eric Burdon/Brian Auger Band“, mit dem Burdon endlich wieder unter Beweis stellen kann, dass seine eigentliche Leidenschaft nicht den Drogen, sondern dem Blues gilt. Auch die Amerikaner erinnern sich seiner großartigen Leistungen und nehmen die Animals 1995 schließlich in die Rock-n-Roll Hall of Fame auf.

Mittlerweile ist der heute 69-Jährige wieder mit Tieren unterwegs. „Eric Burdon & The New Animals“ besteht zwar weder aus den Animals noch aus den New Animals der 60er Jahre, doch dafür ist Burdon immer noch der Burdon. Sicherlich grauer und deutlich kräftiger als damals, doch den Blues hat er nach wie vor. Auch wenn er es damit heute nicht mehr in die Bravo schafft.

Eric Burdon and The New Animals, am 26. August auf der Sommerbühne im Trierer Exhaus.


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