Landwirtschaft und Renten waren die Problembereiche, die immer wieder genannt wurden bei der Publikumsdiskussion zum Thema „Grenzen des Wachstums“.
„Was ist die Perspektive, die sich auftut im Rahmen eines Wirtschaftssystems, das auf Wachstum ausgerichtet ist und ununterbrochen Natur in Abfall verwandelt – und das in einer Welt, die endlich ist?“, fragte Jürgen Stoldt, Mitherausgeber der Monatszeitschrift „Forum“, in die Runde. Anlass für die Frage war ein weiteres „public Forum“ im Exit07 – dieses Mal zum Thema „Grenzen des Wachstums“ – bei dem AutorInnen, LeserInnen und InteressentInnen zum freien Austausch eingeladen waren.
Verknüpft sei diese Frage nach dem Wachstum mit Fragen nach den Ressourcen, nach Gerechtigkeit, nach der Rolle des Einzelnen und nach der der Politik, so Stoldt. Zu diesem Problemkreis trug Jean Lamesch, Doktor der physikalischen Chemie und ausgewiesener Energie- und Klimaexperte, einige zentrale Tatsachen bei: So liegen die CO2-Emissionen in Luxemburg 2010 bei 25 Tonnen pro Kopf, während der EU-Durchschnitt 8 Tonnen beträgt. Das neue EU-Szenario sieht vor, dass dieser Durchschnitt bis 2050 um 70 Prozent auf 3 Tonnen herabgesetzt werden soll. „Für Luxemburg bedeutet das eine Reduktion von 600 bis 700 Prozent“, stellte Lamesch fest. Dagegen verweise die Regierung darauf, dass im Gegenteil ein Wachstum, und zwar von 300 Prozent, notwendig sei, um die Sozialleistungen weiterhin bezahlen zu können.
„Hier entsteht ein enormes Spannungsverhältnis“, beschrieb Lamesch das Dilemma. Insgesamt gehe das Wachstum seit 1985, als es Wachstumsspitzen von 15 Prozent gab, kontinuierlich zurück. „In 25 Jahren hat Luxemburg, wenn sich dieser Trend fortsetzt, den Nullpunkt erreicht“, so der Experte. Dennoch sei Luxemburg in der EU eines der Länder, das die geringsten Staatsschulden hat. Anders als die Sozialleistungen könnten die Staatsschulden also nicht als Argument für mehr Wachstum ins Feld geführt werden. Vor allem müsse Luxemburg den CO2-Ausstoss im tertiären Dienstleistungssektor herabsetzen. Verbesserungsvorschläge habe es schon vor dreißig Jahren gegeben, als der „Club of Rome“ das World3-Modell erechnete, eine kybernetische Computersimulation, mit der die Wechselwirkungen zwischen Faktoren wie Bevölkerung, industrielles Wachstum, Nahrungsmittelproduktion und deren Einfluss auf mögliche Grenzen in Ökosystemen der Erde erforscht werden sollten.
Vor allem die Landwirtschaft, die Frage nach der Bezahlbarkeit der Renten für zukünftige Generationen einer wachsenden Bevölkerung und die Expansion des Bausektors waren Themen an diesem Abend, wobei eher die Probleme der Wachstumsspirale als Lösungsvorschläge für sie zur Diskussion kamen. „Wenn der Peak Oil da ist, können wir keine Lebensmittel in der westlichen Welt mehr produzieren“, stellte ein besorgter Redner fest. Es werde nicht bedacht, dass in der Landwirtschaft – etwa bei der Produktion von Agrobenzin – viel Energie alleine bei der Herstellung verloren gehe. Hier unterscheide sich auch ein Biohof, bei dem sehr viele fossile Energien durch die mechanische Bewirtschaftung verbraucht werden, nicht wesentlich von einem konventionellen Hof.
Aspekte wie Selbstversorgung, Gemeinschaftsgärten, Arbeitsteilung u. ä. wurden an diesem Abend nicht diskutiert. Der allgemeine Tenor war eher pessimistisch.