Rektor Rolf Tarrach hatte es anlässlich der Pressekonferenz am Donnerstag vergangener Woche bestätigt: Gegen den Professor für Bioinformatik Carsten Carlberg läuft ein Verfahren mit dem Ziel, ihn aus seiner Professur an der Luxemburger Uni zu entlassen. Wie ein knappes Kommuniqué der Uni erklärt, kam eine internationale Expertenkommission „zu dem Schluss, dass dem Wissenschaftler zwar keine vorsätzliche Manipulation von Forschungsergebnissen vorzuwerfen ist, er als Hauptautor der Publikationen jedoch die Hauptverantwortung für die zurückgezogenen Beiträge trage“. Carlberg, der neben seiner Professur an der Uni Luxemburg auch eine 50-Prozent-Stelle an der Universität von Ost-Finnland innehat, „habe zudem seine Forschungsgruppe und seine Doktoranden in Luxemburg nicht den internationalen Standards entsprechend betreut und geführt“. Auch bezüglich anderer Publikationen soll das Expertenteam bestehend aus Thomas Sommer (Max Delbrück Center für Molekularmedizin, Berlin), Frank Grosveld (Erasmus Medical Center, Rotterdam) und Pere Puigdomènech (Center for Research in Agricultural Genomics, Barcelona) Bedenken geäußert haben. Auslöser war das Zurückziehen von zwei unter der Verantwortung von Carlberg erstellter wissenschaftlicher Artikel, bei denen eine Mitarbeiterin Datenreihen manipuliert hatte. Nachdem die Informationen um das eingeleitete Entlassungsverfahren in der Presse auftauchten, solidarisierten sich 16 internationale Wissenschaftler in einem Brief an die Luxemburger Uni mit Carlberg, der auf entsprechenden internationalen Indizes hochkotiert ist. Carlbergs Fakultät in Luxemburg desolidarisiert sich allerdings von ihrem Kollegen und schreibt auf der Internetseite der „Life Science Research Unit“, dass sie sich in ihrer täglichen Arbeit höchsten wissenschaftlichen Standards verschrieben hätten und sich von den inkorrekten Arbeitsmethoden, wie sie in der Affäre Carlberg beschrieben wurden, distanzierten. Ganz anders der administrative Direktor der Uni Eric Tschirhart: In einer Reaktion auf verschiedene Postings im Internet Blog „Retraction Watch“, der das Zurückziehen der von Carlberg verantworteten Artikel erstmals öffentlich gemacht hatte, meinte der designierte Vizedirektor der Universität Luxemburg, es sei noch gar nicht sicher, dass Carlberg entlassen würde. Das klingt fast so als ob Tschirhart seinem Rektor in den Rücken fallen würde. Der hatte sich bei der Vergabe des Untersuchungsberichtes eine schnelle Aufklärung erwünscht, da er befürchtete die junge Uni könne Schaden nehmen, wenn die Dinge im Sande verlaufen. Tschirhart seinerseits hat als administrativer Direktor die Aufgabe darüber zu wachen, dass die auswärtigen Tätigkeiten der Uni-Mitarbeiter in einem überschaubaren Rahmen bleiben. Er hat demnach Carlbergs Engagement in Finnland genehmigt, obwohl üblicherweise nur 60 bis 90 Jahrestunden für festangestellte Professoren vorgesehen sind. War Carlberg wegen seiner Doppelprofessur und den damit verbundenen Aufsichtspflichten überfordert? Gerade darauf deuten das Uni-Kommuniqué und die über die Presse kolportierten Passagen aus dem Experten-Bericht hin.
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