GYPSY-PUNK: Kulturaustausch heute

Gogol Bordello ist eine extrovertierte Band aus New York, die sich auf das konzentriert, was sie ausmacht – nämlich Gypsy, Cabaret und Punk.

Vielseitig ist „Gogol Bordello“. Die Gypsy-Punk-Band weiß auch wie man Party macht.

„Wir haben uns entschlossen, mit Gypsy, Cabaret und Punk zu arbeiten. Das ist das, was wir kennen und fühlen,“ heißt es im Künstler-Statement des Sängers, Gitarristen und Mastermind Eugene Hütz von Gogol Bordello. Die Mitglieder fanden sich Ende der 90er Jahre in New York zusammen, um eine Band zu gründen, die Elemente des Punk mit traditionellen Stilmitteln klassischer Zigeunermusik verbindet – der Kern der Band basiert ebenso auf Akkordeon und Geige wie auf Gitarre, Bass und Schlagzeug.

Die Band sieht sich im Gegensatz zu Punkbands mit aufgesetzten Einflüssen, wie zum Beispiel Flogging Molly, die sich die ethnischen, in diesem Falle irischen, Akzente lediglich angeeignet haben. Gogol Bordello dagegen sind im wahrsten Sinne des Wortes eine ethnische Band, da mit Ausnahme eines Mitglieds alle Kollegen Immigranten sind. Von äthiopischen über ukrainische und israelische bis hin zu equadorianischen und schottischen Einflüssen vereint die Gruppe ein vermutlich einmalig multikulturelles Spektrum. Und so sind auch die Ergebnisse entsprechend vielfältig, was sich vom Songwriting bis zu den Auftritten der Band widerspiegelt, bei denen außerdem verschiedenste Kunstformen wie Theater und Cabaret einfließen.

Gogol Bordello haben es sich nicht zuletzt aufgrund ihrer verschiedenen kulturellen Hintergründe und Erfahrungen zur Aufgabe gemacht, klassische Zigeunermusik, also eine Musikrichtung, die bisher in westeuropäischen und amerikanischen Haushalten nicht als salonfähig galt, global tauglich zu machen und zu verbreiten. Für sie ist diese Form der Folklore eine ressourcenreiche Quelle authentischer Musik, die die alte post-moderne Leier „es war alles schon mal da“ entkräftet und die größtenteils von immer wieder aufgewärmtem Einheitsbrei geprägte moderne Musiklandschaft auf den Kopf stellt.

Als ideologisches Vorbild sieht Eugene Hütz deshalb auch den Schriftsteller Nikolai Gogol, der der Band zu ihrem Namen verhalf, und der durch seine Werke die ukrainische Kultur nach Rußland „schmuggelte“, und so die Akzeptanz seiner heimischen Kultur im Gastland förderte. Hütz selber „schmuggelt“ osteuropäische Einflüsse nicht nur durch die Musik selber, sondern auch durch Songtexte, die neben englischen oft auch russische Verse enthalten.

Hütz selber ist in der Ukraine aufgewachsen und wurde lange in dem Glauben erzogen, aus Moldawien zu stammen. Dass seine Familie mütterlicherseits von den Roma abstammt, erfuhr er erst als Jugendlicher. Hütz` Eltern wollten sich in einem Land, in dem – wie in so vielen anderen – Sinti und Roma nicht willkommen waren, unnötige Schwierigkeiten ersparen. Nachdem Hütz nach einigen Zwischenstopps in verschiedenen europäischen Ländern nach Jahren in den USA ankam, dauerte es nochmals mehrere Jahre, bis er die amerikanische Staatsangehörigkeit erlangte. Diese Lebenserfahrungen, so schmerzlich und ermüdend sie auch sein mochten, bilden nun eine Goldgrube für seine autobiografischen Songtexte.

Von Müdigkeit ist jedenfalls bei den Konzerten Gogol Bordellos nichts zu erkennen. Die Energie, die diese Band verbreitet, reißt tatsächlich sogar jene mit, die mit der Musik selber nichts anfangen können. Am besten fasst dies der Schlusssatz des hützschen Künstler-Statements zusammen: „Die Troubadoure des Neo-Authentizismus erscheinen als eine trans-globale Künstler-Syndikat-Familie, wie es sie noch nie zuvor gegeben hat. Party!“

Am 10. August im hauptstädtischen Atelier.


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