Es ist nichts dran an den Gerüchten über die Schließung der Luxemburger Handelskette Monopol, behauptet die Direktion. Die woxx hat andere Informationen.

Ein Blick, und die mollige Verkäuferin weiß, welche Pyjama-Größe dem älteren Herrn passt. In Kaufhäusern wie dem Monopol wird noch Wert auf individuelle Beratung gelegt. Der Erfolg dieser Verkaufsstrategie nimmt stetig ab, denn die Kaufgewohnheiten haben sich inzwischen geändert. Längst sind wir daran gewöhnt, coole Klamotten in den Filialen von H & M, Zara oder Promod zu erstehen – und das auch ohne viel Verkaufsservice. Höchstens wenn’s darum geht, ein paar Strümpfe, ein Bettlaken oder einen Regenschirm zu besorgen, dann ist das altbackene Kaufhaus immer noch eine bewährte Adresse. Allerdings: Luxemburgs Traditionsgeschäfte werden immer rarer. Nach Maison moderne und Rosenstiel schickt sich nun eine weitere Luxemburger Adresse an zu verschwinden. Der woxx liegen Informationen vor, wonach die Ladenkette Monopol schon in den nächsten Monaten ihre Türen schließen könnte.
Im Package zu haben
Schon im Februar des Jahres hatte eine Meldung des Quotidien für Aufregung gesorgt: Die Ladenkette sei dabei, an eine internationale Gruppe veräußert zu werden. In einer Pressemitteilung von Monopol SA hieß es damals: „Aucune mesure mettant en cause la stabilité de l’emploi au sein du groupe Monopol n’est actuellement envisagée.“ Trotzdem sind die Gewerkschaften schon längere Zeit in Alarmbereitschaft.
André Sowa vom OGBL-Syndikat Handel kann die woxx-Information nicht bestätigen. Von Direktionsseite sei er bislang nicht über eine etwaige Schließung informiert worden. Trotzdem kommt die Nachricht, dass das Überleben der Monopolkette möglicherweise in Frage gestellt sein könnte, für ihn nicht überraschend: „Wir wissen, dass der Betrieb immer noch in Schwierigkeiten ist und die Direktion einen Käufer sucht. Dass bislang niemand gefunden wurde, liegt wohl auch daran, dass man die Filetstücke nicht separat veräußern will, sondern versucht, die Kette als Ganzes abzugeben.“ André Sowa unterstreicht, dass sich das Personal über die Zukunft des Hauses nicht allzu viele Hoffnungen macht: „Manche werden sich in den vergangenen Monaten schon andernorts umgesehen haben. Doch in diesen Zeiten ist es nicht einfach, unterzukommen.“ Eine abrupte Schließung würde bedeuten, dass das gesamte Personal auf der Straße steht und höchstens noch mit einer Abfindung rechnen kann.
Konfrontiert mit den Informationen über eine mögliche Schließung bestreitet Geschäftsführerin Marie-Antoinette Scholer allerdings energisch, dass die „Grands Magasins Monopol“ vor dem Aus stehen: „Es ist bekannt, dass wir langfristig einen Käufer suchen. Irgendwann in den nächsten fünf sechs Jahren passiert das. Aber wir haben betrieblich absolut keine Schwierigkeiten.“ Wenn es Gerüchte gebe, dann höchstens solche, wie sie etwa im Februar durch die Gewerkschaften in die Presse gelangt seien. Und die hätten natürlich ihre Auswirkungen auf den Cash Flow. Außerdem, fügt sie hinzu, liege es nicht in der Tradition des Familienbetriebes, sein Personal einfach vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Was ist also dran an den Gerüchten? Ein kurzer Kontakt mit einer Immobilienagentur im Süden des Landes belegt die Information, die der woxx zugetragen worden war. Beim Telefonat stellt sich heraus: Die Monopolgeschäfte sind zu haben. Allerdings nicht einzeln, sondern nur als Package. Das Preisgebot für neun Immobilien lautet: hundert Millionen Euro.
Damit ist klar: Gewerkschaft und Personaldelegation sind nicht über den aktuellen Stand der Dinge informiert worden. Es heißt aber vor allem, dass für die Belegschaft schwere Zeiten anstehen. Die Kette beschäftigt zurzeit 310 Angestellte (Stand 1.1.2004).
Verlustgeschäft
Im Fall einer Geschäftsaufgabe könnte die Direktion durchaus ein Interesse daran haben, einen Sozialplan zu umgehen. Wenn die Geschäfte mitsamt Personal übergehen würden, wäre das auch eine kostengünstigere Lösung: Im Traditionsgeschäft arbeiten immer noch viele luxemburgische Frauen, und das zum Teil schon seit Jahrzehnten. Da wird ein Sozialplan unweit teurer als wenn GrenzgängerInnen mit einer Abfindung abgespeist werden.
Allerdings scheinen die Bestrebungen, die Kette an einen anderen Betreiber aus der gleichen Branche weiter zu verkaufen, bislang im Sand verlaufen zu sein. Deshalb liegt es auf der Hand, dass der Immobilienwert der Ladengebäude zu einem wesentlichen Faktor bei den Entscheidungen über die Zukunft der Kette wird. Viele davon liegen in bester Lage – häufig in Fußgängerzonen: In der Hauptstadt sind es die Grand-Rue in der Oberstadt und die Avenue de la Gare, in Esch die Alzettestraße. An solchen Standorten könnten sowohl Handelsketten als auch andere Geschäftsbetriebe oder Banken interessiert sein. Falls sich ein Käufer findet, könnte eine Schließung sehr schnell anstehen. Jeder Verkaufstag, so wird gemunkelt, bedeute nur noch Verluste.
Für die Gewerkschaft bedeutet die drohende Schließung zuallererst die Sorge über die persönlichen Schicksale. Der OGB-L würde aber auch einen Betrieb verlieren, in dessen Personaldelegation er seit Jahren die Mehrheit besitzt – und in punkto Kollektivvertrag federführend ist. Denn die Monopol-Geschäfte – auch das macht manchmal Tradition aus – gehören zu den ganz wenigen der Textilbranche, die überhaupt Kollektivverträge abschließen. Und die Handelskette gehört neben Riesen wie Cactus, Auchan und Cora immer noch zu den vier Großen im Einzelhandel.
Für Luxemburg wäre die Schließung der Kette ein weiterer Schritt in dem seit den Siebzigerjahren ablaufenden Konzentrationsprozess innerhalb des Einzelhandels, der mit der Entstehung von Supermärkten und Einkaufszentren wie Cactus einsetzte. Seither, das belegen die Zahlen des Statec, ist zwar der Umsatz des Sektors gestiegen – auch in der Textilbranche -, die Anzahl an Geschäften aber rückläufig. Weshalb konnten Betriebe wie der Monopol auf Dauer doch nicht mithalten? Lag der Fehler des Monopol-Betriebs darin, wie es André Sowa glaubt, nicht früh genug auf die grüne Wiese ausgewichen zu sein? Oder wäre er, wie es Buchhändler Fernand Ernster in einem Interview mit der woxx feststellte, eher zu halten gewesen, wenn er rechtzeitig modernisiert worden wäre (siehe woxx Nø 786)? Und inwieweit war das strenge Luxemburger Niederlassungsrecht, das jahrzehntelang die Implantierung von Großkaufhäusern in den Stadtzentren verhinderte, daran Schuld, dass diese ihre Anziehungskraft für die Kundschaft verloren? Eine Patentlösung für die Strukturprobleme des innerstädtischen Einzelhandels gibt es wohl kaum. Doch wenn die Alternative zum außerstädtischen Einkaufszentrum nicht die immer gleichen Fußgängerzonen mit ihren immer gleichen internationalen Filialen sein soll, braucht es eine pro-aktive Politik. Nicht nur vom Einzelhandel selbst: Da gibt es doch auch noch kommunale Citymanager und ein Wirtschaftsministerium.
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Von der Tradition zur Avantgarde
Das von Antoine Scholer gegründete Kaufhaus Monopol, eines der ersten in Luxemburg, öffnete schon vor dem zweiten Weltkrieg Filialen in Esch-Alzette, Differdingen, Düdelingen, Petingen und Bettemburg. Es war damit Teil einer Modernisierungsbewegung im Handel, der lange Zeit durch spezialisierte Einzelgeschäfte geprägt war. In Häusern wie Monopol, Rosenstiel, Maison Moderne oder auch „Les classes laborieuses“ konnte die Kundschaft nicht nur Kleider aller Art, sondern auch Miederwaren, Stoffe, Hüte, Lederwaren und andere Accessoires finden.
Nach dem zweiten Weltkrieg gelang es den „Grands Magasins Monopol“, den Schritt zum modernen Kaufhaus zu vollziehen, indem es auf eine Mischung von Ready-to-wear-Konfektion und persönliche Beratung setzte. In der Stadt Luxemburg und Esch-Alzette entstanden neue Geschäftsgebäude, deren Architektur und Inneneinrichtung für Modernität stand. Jenes im Bahnhofsviertel etwa, entstanden 1957, war eines der ersten Gebäude in Luxemburg mit verglaster Front. Die Niederlassung in der Grand-Rue, erbaut 1962, war in der Formensprache noch radikaler. Es gab mehrere Ladeneingänge, im Innern beeindruckten die ersten Rolltreppen. Während das Äußere des Gebäudes in der Avenue de la Gare bereits vor einigen Jahren ohne Rücksicht auf sein ursprüngliches Aussehen umgestaltet wurde, bedürften die Fassaden in der Avenue de la Liberté und der Grand-Rue dringend einer fachgerechten Restaurierung.
Die später in anderen Teilen des Landes entstandenen Monopol-Filialen, die zum Teil auch Lebensmittel anboten, hatten von avantgardistischem Flair nicht mehr viel zu bieten. Sie unterscheiden sich in ihrer Bauweise nicht von anderen Einkaufszentren der Achtziger- und Neunzigerjahre.