BON IVER: Es wintert so schön

Die US-amerikanische Band „Bon Iver“ vertont das innere Schneegestöber. Und das mitten im Sommer, in der Abbaye Neumünster.

Wenn eine US-amerikanische Musikgruppe in ihrem Bandnamen die dunkelste und kälteste Jahreszeit trägt und das auch noch in französischer Sprache – also „bon hiver“ – kann die Musik nur melancholisch sein. Und in der Tat bringt das Folk- beziehungsweise Singer-Songwriter-Projekt „Bon Iver“, dessen Hauptfigur der junge Sänger, Gitarrist und Organist Justin Vernon ist, mit seinen schlicht strukturierten, schwermütig-schönen Songs das Eis zum schmelzen. Oder besser gesagt: Die Regenpfützen zum verdampfen, denn sie werden in der Abbaye Neumünster mitten im nass-grauen Sommer auftreten.

Kein Wunder also, dass der Bandleader geradewegs aus der Waldeinsamkeit herausgetreten ist, so zumindest will es der Mythos: Bekannt wurde die Gruppe durch das 2007 veröffentlichte Album „For Emma, Forever Ago“, das Vernon alleine, in einer Jagdhütte seines Vaters im US-Bundesstaat Wisconsin aufgenommen haben soll. Das Album sei ein Schlussstrich unter seine letzten Lebensjahre gewesen, als seine vorherige Band sich auflöste, er sich von seiner Freundin trennte und im Internet eine alte Resonatorgitarre eines berühmten Folk-Gitarristen fand, die den Ausschlag gab, sich das ganze Leid von der Seele zu singen. „Skinny Love“ über eine unglückliche Liebe ist einer dieser Songs, die Vernon noch heute bei seinen Konzerten auf jener Gitarre spielt: „I told you to be patient, I told you to be fine, I told you to be balanced, I told you to be kind, now all your love is wasted? Then who the hell was I?“

2009 folgte die Single „Blood Bank“, und 2011 das zweite Studioalbum „Bon Iver“, welches 2012 bei den 54. Grammy Awards die Auszeichnung als bestes Alternative-Album erhielt. Am Anfang spielte Vernon alle Instrumente selbst, mittlerweile umringen ihn mehrere Multiinstrumentalisten, die auf Schlagzeugen, diversen Blasinstrumenten, Geige, Keyboard und Gitarre spielen. Die mehrköpfige Band ist nicht nur Orchester, sondern auch Chor in einem, sie schichten Harmonien zu komplexen Gesangstücken.

Kennzeichned bei Bon Iver ist jedoch vor allem der markante Kopfstimmengesang von Frontmann Vernon – eine Stimmlage, die gut zu dem zurückgezogenen, in sich gekehrten, von der Welt und der Liebe enttäuschten Individuum passt, von dem so viele Texte handeln. Und auch wenn es zuweilen etwas viel des Weltschmerzes wird, beherrscht die Gruppe dennoch eine breite Palette an diversen Songs: Von dem auf einigen Gitarrengriffen basierenden, zurückhaltenden „Flume“ über den zu großem Trommelwirbel auswachsenden Song „Perth“ hin zum rockigeren „Minnesota“ mit eindringlichem Basssaxofon.

Wer also in diesem eigenwilligen Sommer nichts vorhat und seine Freizeit nicht nur auf Balkonien verbringen will, dem seien die kraftvollen, nachdenklichen Songs von Bon Iver empfohlen.

Am 17. Juli in der Abbaye Neumünster.


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