GLEICHSTELLUNG: Emanzipation ade!

Eine Quotenregelung ist in Luxemburg nur vonnöten, wenn sich die Situation nicht verbessert, meint die Gleichstellungsministerin und beglückwünscht sich zum Frauenanteil im öffentlichen Dienst.

Paternalistische Strukturen? – Doch nicht in Luxemburg! Hier geht es den Frauen gut. Zunehmend sind sie auch im öffentlichen Dienst vertreten. Wenn auch noch immer recht selten in Führungspositionen – dort ist nur jeder Fünfte weiblich. Wen wundert`s, Männer unterstützen nun mal Männer – teils vorsätzlich, teils unbewusst. Natürlich hat sich durch die Frauenbewegung das öffentliche Urteil verändert, und beim Kampf um die Hälfte der Welt wurden Fortschritte erzielt. Aber war es je ein Ziel, ausgerechnet in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen eine Quotenregelung einzuführen? EU-Kommissarin Viviane Reding hat eine solche 2012 auf europäischer Ebene durchgesetzt. In Luxemburg werden angesichts der gerade einmal 20 an der Börse notierten Unternehmen wenige Frauen davon profitieren. Das Symbol aber ist wichtig, wenden die Befürworterinnen ein.

Imagegewinn und Effizienz sind die Argumente der Ministerinnen für Gleichstellung.

Den Ministerinnen Françoise Hetto-Gaasch und Octavie Modert ist Gleichstellung ein Herzensanliegen. Bei einem derzeitigen Frauenanteil von 44% im öffentlichen Dienst rühmen beide das Erreichte und klopfen sich gegenseitig auf die Schulter. In der zunehmenden Beteiligung von Frauen in den Verwaltungen sieht Kulturministerin Modert eine tolle Entwicklung. Erst 2009, nach den Parlamentswahlen, war die Regierung im Bereich der Gleichstellung aktiv geworden. Mit den „actions positives“ – direkte Übernahme aus dem US-Amerikanischen -, einem Maßnahmenkatalog zur Gleichberechtigung, wurde dieser auf den öffentlichen Sektor ausgeweitet. In einer ersten Etappe wurde eine Umfrage lanciert, an der gerade einmal fünf (Nischen-)Verwaltungen teilnahmen. Doch beide Ministerinnen ließen sich nicht die Butter vom Brot nehmen, stolz präsentierten sie am vergangenen Mittwoch der Presse die Umfrageergebnisse. Privatleben und Arbeitsleben lassen sich immer besser vereinbaren, gaben die herbeigepfiffenen Vertreter der fünf Verwaltungen bekannt. Dies meinen 65% der Befragten ? vor allem Männer. Elternzeit, flexible Arbeitsgestaltung, wie „horaires mobiles“, oder Halbtagsarbeit werden aber weiterhin vornehmlich von Frauen in Anspruch genommen. Vorurteile gegenüber einem Vaterschaftsurlaub bestehen fort. Männer, die einen „Congé parental“ beantragen, fühlen sich noch immer belächelt, und nur fünf bis 25 Prozent der Männer zeigen sich überhaupt an der Elternzeit interessiert. Hetto-Gaasch sieht denn auch die Schlüsselrolle bei der Gleichstellung bei den Männern, die den Frauen den Rücken freimachen sollten. Es gehe darum, eine ausgewogene Mischung herzustellen, denn durch die Beteiligung von Frauen wachse die Produktivität und das Arbeitsklima verbessere sich, führte die Gleichstellungsministerin liberale Standardargumente ins Feld.

Eine Beteiligung von Frauen bringe der öffentlichen Verwaltung jede Menge Vorteile, zum Beispiel auch ein gutes Image nach außen. Man müsse sich nur die soziodemografische Situation anschauen – „wir wären ja doof, wenn wir nicht auf Frauen setzen würden“, so Modert, die im „Congé parental“ einen Mentalitätswechsel zu erkennen meint. Die Argumente der beiden Ministerinnen lassen einen mit den Ohren schlackern. „Effizienz“ und „Imagegewinn“ sind die dominierenden Schlagworte. Dummdreist sprechen die beiden Quotenfrauen von Sichtbarkeit und legen das gute alte Familienmodell zugrunde, in dem der Karriere einer Frau allein die Mutterschaft im Wege steht. Ergo: Um trotzdem gute Mütter sein zu können, benötigen die Luxemburgerinnen verständnisvolle Männer. Die Rhetorik der Ministerinnen gibt nur allzu deutlich Aufschluss über ihre Geisteshaltung: „Der öffentliche Dienst hat, was die Gleichstellung betrifft, eine Modellfunktion“, erklärt Modert. Denn Gleichstellung sei ein integraler Bestandteil einer Politik im öffentlichen Dienst. Also: Frauen in die Verwaltungen! Auf dass Luxemburg gut dastehe.


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