NEILL BLOMKAMP: Jenseits von Elysium

Wer sich mehr erhofft hat als einen weiteren US-amerikanischen Blockbuster, wird enttäuscht. „Elysium“ setzt ganz auf Action. Die Sozialkritik bleibt auf der Strecke.

Apokalyptisches Endzeitszenario: Reichlich testosterongeladenes Geballere.

Im Jahr 2154 suchen ökologische Krisen und Epidemien die Erde heim, deshalb haben sich 0,1 Prozent der Bevölkerung auf Elysium verschanzt – einer sternförmigen Raumstation, die um die Erde kreist. Neill Blomkamps Science Fiction führt eine politische Allegorie vor, in der sich die Lage der Habenden und der Habenichtse bis zum Extrem zugespitzt hat. Die Privilegierten leben in einer Welt, in der Krankheiten per Knopfdruck ausradiert werden und die Freizeit sich in grünen, sauberen Parkanlagen und auf gediegenen Poolparties abspielt. Doch sie fühlen sich bedroht, von „denen da unten“, die immer wieder versuchen, in ihr schwebendes Paradies einzudringen.

Denn die da unten leben auf einer verschmutzen, überbevölkerten Erde, in elenden, von Plastikmüll umgebenen Hütten, um die Hunde und kriminelle Banden herumstreichen. Spanisch ist die Umgangssprache der Bewohner des einst blauen Planeten. Das erklärt, dass viele Szenen die eigentlich in Los Angeles spielen, in Mexico City gedreht wurden – es erübrigt sich die Erörterung nach dem Grad der Fiktionalität und den dystopischen Elementen des Films. Die öffentliche Verwaltung, die ihre Macht mit der Hilfe von Robotern ausübt, schert sich nicht um die Probleme, die die herrschende Mangelökonomie mit sich bringt. Es interessiert sie lediglich, ob die Arbeiter „clean“ am Arbeitsplatz erscheinen.

Max (Matt Damon) ist einer dieser Arbeiter. Bei einem Arbeitsunfall wird er verstrahlt, und es bleiben ihm nur noch fünf Tage zu leben. Fest entschlossen, irgendwie nach Elysium zu gelangen, um dort geheilt zu werden, kooperiert er mit einer kriminellen Bande. Die Schlepper versprechen, ihn durchzuschleusen. Als Gegenleistung verlangen sie jedoch von ihm, ein technisiertes Exoskelett zu tragen, das ihm ermöglicht, wichtige Codes aus dem Gehirn des Besitzers der Fabrik zu extrahieren. Ohne es zu ahnen, kopiert er mehr Informationen als beabsichtigt. Er gerät in Konflikt mit der berechnenden, kaltblütigen, Französisch sprechenden Sicherheitschefin mit dem bezeichnenden Namen Delacourt, die diese Informationen für sich behalten möchte. Sie hetzt den psychopathischen Söldner Kruger auf Max. Die androidischen, testosterongeladenen Actionszenen nehmen ihren Lauf.

Wer in „Elysium“ eine ausgeklügelte, mit Präzision dargestellte, aseptische Gegenwelt erwartet, die die Widersprüche menschlicher Existenz offenlegt, wird enttäuscht. Der Film ist nicht vergleichbar mit Science-Fiction-Vorgängern, wie Andrew Niccols „Gattaca“ (1997) oder George Lucas‘ „THX 1138“ (1971). Er versucht eher, den Zuschauer durch die Ästhetik eines staubigen, rauen, brachialen Milieus zu fesseln, wie es bereits die Kulissen des Vorgängerfilms „District 9“ taten. Der Anti-Held Max, der zur Cyborg-Supermaschine mutiert, erinnert zudem auffallend an Paul Verhoevens Robocop (1987), an dessen Baller-Entertainment er, leider zu dezidiert, anknüpft. Etwas wie die progressive Aufdeckung eines raffinierten Komplotts, wie sie beispielsweise der Plot in Duncan Jones‘ „Moon“ (2009) enthielt, lässt er ganz vermissen.    

Jodie Foster spielt die eiserne Nesthüterin eher schlecht als recht. Zu bemüht und aufgesetzt wirkt ihre androidische Stimmlage. Matt Damon erfindet den Anti-Helden auch nicht neu. Erfrischend wirken jedoch die etwas weniger bekannten mexikanischen Schauspieler, wie Diego Luna und Alica Braga, die Max‘ Freunde Julio und Frey darstellen.

„Elysium“ erweist sich so als unterhaltsame und visuell eindrucksvolle Dystopie. Leider überzeugt sie nicht mit einer cleveren Sozialkritik, sondern lässt allzu viel Raum für stereotype Verfolgungsjagden à la Hollywood.

Im Utopolis, Utopolis Belval, Ariston, Ciné Waasserhaus und Kursaal.


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